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Umweltfreundlicher ÖPNV?
Der lange Weg zum Elektrobus

Fast alle der 6.700 Busse, die im vergangenen Jahr in Deutschland zugelassen wurden, hatten einen Dieselantrieb. Elektrobusse sind die absolute Ausnahme auf dem Markt. Mancher Auto-Analyst ist der Ansicht, die hiesigen Hersteller hingen einfach noch zu sehr am Dieselmotor.

Von Michael Braun |
    Ein Elektrobus an einer Ladestation in Oberhausen, Nordrhein-Westfalen.
    Man sieht sie derzeit nur vereinzelt: Elektrobusse. (imago / Udo Gottschalk)
    Die Plan ist ambitioniert, die Umsetzung schwierig: Die Botschaft des kleinen Dieselgipfels, die Busflotten der öffentlichen Hand auf Elektroantrieb umzustellen, dürfte vorerst am Angebot scheitern. Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn von den Grünen hat den groben Marktüberblick gegeben:
    "Wir stellen fest: Es gibt keine vollelektrischen Busse. Es gibt einen Hersteller in Polen und einen Hersteller in China. Die Heizung dieser Busse geschieht aber über Dieselverbrennung. Also, das heißt: Manchmal reden wir in der Öffentlichkeit über Optionen, die nicht stattfinden."
    In Deutschland wurden voriges Jahr knapp 6.700 Busse neu zugelassen. Knapp 99 Prozent erfüllten die Abgasnorm Euro sechs, aber fast alle hatten einen Dieselantrieb. Vereinzelte Elektrobusse gibt es. Deutsche Hersteller haben noch kein Angebot auf dem Markt. Jürgen Pieper, Autoanalyst beim Bankhaus Metzler, kennt jedenfalls keines:
    "Nach meinem Kenntnisstand gibt es nur einige Kleinserienanbieter, die aus exotischeren Ländern kommen, aus Osteuropa oder Asien. Es gibt da noch einen französischen Hersteller, der baut Minibusse, die auch noch selbst fahren können und elektrisch angetrieben werden. Und es ist aktuell noch kein großes Geschäft."
    Innenraum heizen und kühlen - voll elektrisch
    Der Marktführer Daimler will aber nächstes Jahr liefern. Bisher konzentriert er sich darauf, die Kunden von neuen Bussen der Euro 6-Norm zu überzeugen. Die regelten ihre Abgassysteme auch während des Fahrbetriebs, heißt es bei Daimler. Und ohne den Harnstoff Adblue, der die Stickoxide im Katalysator weitestgehend kassiert, könne solch ein Bus nur im Notbetrieb zur nächsten Tankstelle rollen. Doch ein Elektrobus als Serienfahrzeug, so Udo Sürig, der Sprecher von Daimler-Omnibus, werde Ende 2018 vorgestellt:
    "Das heißt, dass wir mit dem Elektrofahrzeug im Winter heizen können und auch im Sommer wirtschaftlich kühlen können."
    "Und zwar auf Elektrobasis?"
    "Auf Elektrobasis, ja."
    Es solle ein praxisgerechtes Fahrzeug werden, mit Depotladung, also nicht an jeder Haltestelle mal ein wenig Strom nachtanken, sondern einmal täglich abends im Depot. Vermutlich wird er zunächst in norddeutschen Städten eingesetzt, weil im Mittelgebirge oder Voralpenland das bergige Streckenprofil die Reichweite doch begrenzt. Daimler sagt, die Batterieentwicklung gehe derzeit so schnell voran, dass es helfe, nicht der erste auf dem Markt für Elektrobusse zu sein. Doch Analyst Pieper vermutet, die hiesigen Hersteller wie Daimler oder MAN warteten nicht nur auf geringeres Batteriegewicht bei steigender Kapazität, sondern hingen auch zu sehr am Dieselmotor:
    "Es ist ein bisschen der Fluch des Erfolges mit den Verbrennungsmotoren. Die deutsche Industrie steht wie keine andere für die hohe Kunst des Verbrennungsmotors. Das hat man bis zur Perfektion getrieben. Das hat man zu riesigen Erfolgen getrieben. Volkswagen, Daimler, BMW standen besser da als im Prinzip alle anderen. Bis vor ein, zwei Jahren. Dann kommt man auch schwer davon weg. Das ist der Nachteil: Man kommt schwer weg von etwas, mit dem man sehr erfolgreich ist."
    Nun müssen sich die Hersteller sputen.