Samstag, 11. Mai 2024

Archiv


Umweltverbände machen sich für Atomausstieg stark

Umwelt- und Naturschutzverbände und Aktivisten haben heute in Berlin eine bundesweite Aktionstour gestartet, um sich für den Atomausstieg einzusetzen. Im Mittelpunkt der Kampagne steht der Streit um die Endlagersuche.

Von Dieter Nürnberger | 28.08.2009
    Dieter Nürnberger in unserem Berliner Studio, angesichts der aktuellen politischen Diskussion um Gorleben, wie war denn heute die Medienpräsenz zum Kampagnen-Auftakt?

    Es war durch die Diskussionen der vergangenen Tage doch ein größerer Medienauftrieb als von den Veranstaltern vielleicht ursprünglich erwartet. Der Start der bundesweiten Aktionstour war vor der Zentrale des Energiekonzerns Vattenfall hier in Berlin. Vattenfall ist ja bekanntermaßen der Betreiber des Atomkraftwerks Krümmel. Es war laut, viele Aktivisten in Strahlenschutzanzügen trommelten auf gelben Metallfässern, es stand auch eine Attrappe eines Castor-Transporters auf der Straße, die Polizei war da und es gab auch einen kleinen Verkehrsstau. Die verantwortlichen Umweltverbände fordern mit dieser Aktion namens Endlagersuche eine neue Diskussion um eine Lagerstätte für Atommüll in Deutschland. Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe.

    "Man braucht das Endlager dringend, aber sieht so aus, als müssten wir generell von vorn anfangen. Es hat ja lange Zeit Mutmaßungen darüber gegeben, dass Gorleben nicht wissenschaftlich ausgewählt worden ist, sondern politisch. Dies verdichtet sich nun durch die neuen Aktenstudien. Ich glaube, das ist ein weiteres Argument, mit der Endlagersuche noch einmal von vorn anzufangen. Sonst wird es auch keine Akzeptanz dafür in Deutschland geben."

    Gerd Rosenkranz nimmt somit ganz konkret Bezug auf die Gerüchte der vergangenen Tage, wonach der bisher favorisierte Standort für ein Endlager, nämlich Gorleben in Niedersachsen, eher politisch ausgewählt wurde und nicht primär nach den geologischen Erfordernissen, die ein solches Endlager haben müsse. Schließlich soll der hier gelagerte Atommüll sozusagen einmal für die Ewigkeit eingeschlossen werden. Gerd Rosenkranz:

    "Man sollte keine Standorte von vornherein ausschließen. Wenn man sich das Ausland anschaut, dann gibt es dort verschiedene geologische Formationen, in denen die Möglichkeiten einer Endlagerung untersucht werden. Wir haben diese Gegebenheiten auch alle in Deutschland. Auch in Süddeutschland – aber da gibt es ja große politische Widerstände von denen, die sonst die größten Befürworter der Atomenergie sind."

    Die Umweltverbände kritisieren vor allem CDU und CSU. Die Union sei einer der hartnäckigsten Befürworter der Risikotechnologie Atomkraft, ein Endlager solle es aber nur in Gorleben geben dürfen. Ohne ausreichende Prüfung anderer Standorte. Die Diskussionen über ein geeignetes Endlager dauerten inzwischen viel zu lange, sagt Christoph Bautz, er ist Geschäftsführer der Organisation "Campact".

    "Wohin können wir die strahlende Fracht bringen? Wir haben im Jahr rund 500 Tonnen hoch radioaktiven Atommüll, der in den Kraftwerken anfällt. Und solange das Problem nicht gelöst ist, ist es unserer Meinung nach auch nicht möglich, weiter auf die Atomkraft zu setzen."

    In diesem Zusammenhang also auch eine klare Absage an eine politisch so oft geforderte Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken in Deutschland - über den rot-grünen Ausstiegsbeschluss hinaus. Die heutige Aktion ist Auftakt einer Tour in zwölf Großstädte in den nächsten Wochen. Es ist Wahlkampf, und die Umweltverbände wollen ihre Position deutlich machen. Christoph Bautz:

    "Wir haben eine Umfrage bei 'Emnid' in Auftrag gegeben: Demnach sind 89 Prozent der Bevölkerung gegen ein Endlager sozusagen vor der eigenen Haustür, in einem Umkreis von zehn Kilometern. Dann wären sie dagegen. An diesem Punkt können wir viele Menschen inhaltlich abholen, auch wenn sie sonst nicht primär gegen die Atomkraft eingestellt sind."

    Die Umweltverbände wollen also raus aus der Atomenergie in Deutschland, aber die Endlagerfrage müsse nun bald entschieden werden. Der Atommüll sei da, er wachse jährlich – und um dieses strahlende Erbe müsse man sich endlich kümmern.