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Umweltverträgliche und standortgerechte Landwirtschaft

In Bonn suchen schon seit 20 Jahren Wissenschaftler nach Wegen, wie im Einklang mit der Natur Ackerbau und Viehzucht wirtschaftlich betrieben werden können. "Umweltverträgliche und Standortgerechte Landwirtschaft" heißt dort der inzwischen instituts- und fächerübergreifende Arbeitsschwerpunkt. Im Laufe der Jahre sind über 30 Behörden, Unternehmen und Verbände hinzugekommen, um sich an der Zusamenarbeit zu beteiligen. Zum 20-jährigen Gründungsjubiläum stellten die Mitwirkenden nun ihre Arbeit vor.

Von Dietrich Sondermann | 11.07.2005
    Anfangs lagen die Arbeitsschwerpunkte vor allem im Umweltbereich. Die Konflikte zwischen Naturschutz und Lebensmittelproduktion schienen in manchen Bereichen unüberbrückbar. Zum Beispiel die Gülle aus der Viehzucht wurde großzügig auf die Felder gespritzt - nach dem Motto: viel hilft viel.
    Oder der Medikamenteneinsatz bei Tieren. Wachstumshormone für Turbokühe und Arzneien gegen jegliche Krankheit; sicherheitshalber schon zur Vorsorge. Dazu kamen giftige Spritzmittel in fast allen Bereichen des Pflanzenbaus. Viele dieser Probleme konnten gelöst oder zumindest abgemildert werden; teils durch die Forschung aber auch durch schärfere Gesetze. Neben diesen Umweltthemen ist in den letzten Jahren vor allem das Interesse an Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln gestiegen.

    Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Frische von Waren. Am Institut für Tierwissenschaften untersucht Brigitte Petersen wie diese Frische für den Verbraucher garantiert werden kann. Präventives Gesundheitsmanagement heißt dieser Arbeitsbereich. Mit ihrem Team hat die Professorin eine Methode entwickelt mit der man die Frische von Waren schon an der Verpackung erkennen kann. Einen blauen Punkt.

    " Wir konnten feststellen, dass die Entfärbung von dunkelblau zu weiß und der Verderb von Geflügelfleisch oder Schweinefleisch - insbesondere Hackfleisch - parallel gelaufen sind, so dass es sehr nachgefragt ist bei der Überwachung von Kühlketten. "

    Eine Erfindung also, die für Verbraucher und Händler gleichermaßen hilfreich ist.

    Ulrich Köpke vom Institut für Organischen Landbau will seltene Haustierrassen erhalten. Ursprüngliche Tiere, die nicht nur am schnellen Fleischzuwachs gemessen werden. Sie können auf ganz andere Weise wertvoll sein. Untersuchungen in Bonn haben ergeben, dass zum Beispiel Truthühner sehr wirkungsvoll Kartoffelkäfer bekämpfen können - ganz ohne Gift. Aber das sind nicht die einzigen Gründe, ein möglichst großes Spektrum an Rassen zu erhalten:

    " Ethische Aspekte spielen eine Rolle, dass man zum Beispiel diese Rassen erhalten möchte, weil man diese genetische Erosion aufhalten will. Wir wollen Vielgestaltigkeit in unserer Landschaftsstruktur haben auch über die Ackerfrüchte. "

    Oder beim Gemüse; Professor Köpke bewahrt eine Vielzahl verschiedener Tomatensorten, die auch verkauft werden. Vier Sorten von grün gestreift bis rot in einem Körbchen werden auf regionalen Märkten angeboten. Sie schmecken weitaus besser als Tomaten aus dem Supermarkt, kosten aber auch etwas mehr.

    " Wenn Sie so die Produkte aufbereiten und den Konsumenten zureichen und damit eine Botschaft vermitteln, ist die Mehrpreisakzeptanz gesteigert. "

    Der Kunde soll wissen, wofür er diesen Mehrpreis bezahlt.

    " Ich finanziere praktisch mit dem Mehrpreis eine Leistung an der Landschaft, an der Natur und an der Umwelt. "

    Zu der Fülle an verschiedenen Tomatensorten passt eine große Auswahl an Kräutern. Alleine siebzehn Basilikumsorten haben die Bonner im Garten. Frank Täufer, technischer Assistent im Institut stellt sie vor:

    " Es gibt vom Anisbasilikum, Zimtbasilikum, Zitronenbasilikum, Limonenbasilikum; das sagt schon etwas über diese Vielfalt im Duft und im Aroma aus. "

    Bei uns sind solche Köstlichkeiten im Gegensatz zu anderen Ländern kaum bekannt.

    " In Italien ist es so, dass in der Küche fast in jeder Region Italiens andere Basilikumarten angewendet werden, die dann auch typisch sind für bestimmte Gerichte. "

    Neben dem Erhalt der genetischen Vielfalt von Tieren und Pflanzen wird aber auch ganz klassische Forschung für die Landwirtschaft betrieben. Zum Beispiel auf der Suche nach dem Schwein mit dem besten Fleisch. Es soll vor allem nicht schrumpfen in der Pfanne. Wie das geht, erklärt Lisa Jonas. Die Diplom-Agrar-Ingenieurin arbeitet auf dem universitätseigenen Bauernhof an ihrer Doktorarbeit über Erbfehler bei Schweinen:

    " Wir wollen in einer kürzeren Zeit bessere Produkte erzeugen und nicht mit Genveränderungen wie das immer das negative Schlagwort ist, sondern wir wollen einfach nur die klassische Zucht mit verbesserten Merkmalen durchführen. "

    Konventionelle und biologische Landwirtschaft; beide haben ihren Platz in Bonn. Die letzten zwanzig Jahre haben gezeigt, dass jeder vom anderen lernen kann.