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UN-Geberkonferenz für den Kongo
Ungewollte Hilfe?

Im Kongo benötigen nach Angaben des UN-Sicherheitsrats mehr als 13 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. In Genf berät die internationale Gemeinschaft über finanzielle Unterstützung. Der Notstand kommt der kongolesischen Regierung aber nicht ungelegen - wohl auch deshalb boykottiert sie die Geberkonferenz.

Von Linda Staude | 13.04.2018
    Eine Frau steht mit einem Baby auf dem Arm auf einem Feld in der Demokratischen Republik Kongo
    Manche vom Krieg in der Provinz Kasai Vertriebene können mit Hilfe der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wieder Felder bewirtschaften. Viele, die in ihre zerstörten Dörfer zurückkehren, stehen vor dem Nichts. (AFP/ Junior D. Kannah)
    Roger stapft barfuß durch den Dschungel. Er späht unter die Blätter der Büsche am Rand des schmalen Trampelpfads. Der schmale, ausgemergelte Mann sucht nach Schnecken – seit Monaten die einzige Nahrung für ihn und seine siebenköpfige Familie.
    "Unsere Lage ist verzweifelt. Wir sind gezwungen, Schnecken zu essen. Und man muss sie suchen. Selbst wenn man viele sammelt, reicht das gerade für eine Mahlzeit am Tag."
    "13 Millionen Menschen brauchen humanitäre Hilfe"
    Rogers Dorf liegt im Südosten der Demokratischen Republik Kongo. Allein in seiner Provinz sind mehr als 650.000 Menschen auf der Flucht – vor bewaffneten Banden, die wahllos morden, vergewaltigen und brandschatzen. Im ganzen Land sind es viel mehr:
    "13 Millionen Menschen brauchen humanitäre Hilfe. Über 4,6 Millionen Kinder sind unterernährt, 2,2 Millionen davon schwer." Die Zahl der Bedürftigen hat sich damit seit dem vergangenen Jahr verdoppelt, warnte der UN-Nothilfekoordinator Mark Lowcock bereits Mitte März. Die Flüchtlingslager platzen aus allen Nähten.
    Notdürftige Behausungen aus weißen und blauen Plastikplanen stehen dicht an dicht. Dazwischen ist kaum Platz für die schlammverkrusteten Pfade oder die kleinen Kochfeuer: "Ich bin hierher gekommen, weil unser Dorf niedergebrannt wurde. Ich kann dort nicht mehr leben, weil auch mein Haus in Flammen aufgegangen ist."
    Volksgruppen bekämpfen sich
    Jean-Pierre ist in das Camp der Stadt Bunia geflüchtet, im Nordosten des Kongo. Seine Provinz Ituri ist berüchtigt für Gewaltausbrüche zwischen den Volksgruppen der Lendu und Hema."Einige von uns haben ihre Ehemänner verloren, weil sie mit Macheten in Stücke gehackt wurden. Andere haben ihre Kinder verloren oder Kinder ihre Eltern – alles wegen dieser Lendu", klagt Kiza Alosove.
    Zu sehen ist der Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Joseph Kabila.
    Darf nicht wieder zur Wahl antreten - der Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Joseph Kabila. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Hema wie sie werfen der Regierung vor, dass sie die Macheten für die blutigen Überfälle geliefert haben soll. Zumindest haben die Offiziellen nicht geholfen, so Serge Lonema: "Wir trauen den Behörden überhaupt nicht. Als die Hema massakriert wurden, haben Soldaten und Polizei nichts getan, um das Morden zu stoppen."
    Kabila verschiebt Neuwahlen wegen der Konflikte
    Die Menschen fürchten, dass die Gewalt dem Präsidenten ganz recht kommt. Die Amtszeit von Joseph Kabila ist bereits Ende 2016 ausgelaufen. Die Neuwahlen, zu denen er laut Verfassung nicht mehr antreten darf, wurden bereits zweimal verschoben – wegen der Kämpfe in vielen Teilen des Landes. Die humanitären Folgen sind ähnlich katastrophal wie in Syrien, werden aber bisher von der Weltgemeinschaft weitgehend ignoriert.
    "Afrika ist weit weg von den reichen Ländern. Die meisten Flüchtlinge hier werden nicht tausende Meilen wandern, das Meer nach Europa überqueren und die Welt so an ihre Existenz erinnern, wie es die Syrer und andere getan haben. Sie bleiben hier, sie leiden hier, aber ihre Not ist ebenso groß", mahnte der UN-Flüchtlingskommissar Filipo Grandi.
    Im vergangenen Jahr haben die internationalen Helfer lediglich gut die Hälfte der benötigten Mittel bekommen. Jetzt soll die Geberkonferenz in Genf auf einen Schlag rund 1,4 Milliarden Euro einbringen. Allerdings ohne Anwesenheit der kongolesischen Regierung selbst.