"Die Besonderheiten bei einem alten Patienten sind die Zusatzerkrankungen, die bestehen, ganz besonders die Osteoporose."
Sagt Professor Lars Peter Müller, Leiter der Unfallchirurgie der Universitätsklinik Köln und Wissenschaftlicher Leiter des Kölner Unfallsymposiums.
"Wir haben häufig Patienten, die mit einer körperfernen Speichenfraktur kommen, also einem Handgelenksbruch, die wir dann operativ versorgen in der Unfallchirurgie und ein Jahr später sehen wir das gleiche Gesicht wieder und dann kommt er mit einer Schenkelhalsfraktur, also einem Oberschenkelhalsbruch, und 25 Prozent dieser Patienten schaffen es dann nicht wieder in ihre häusliche Umgebung zurückzukommen."
Diese Risikopatienten muss man herausfinden und behandeln. Das stellt besondere Anforderungen an die Ärzte, denn Frakturen bei älteren Menschen erfordern das Wissen und die Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachleute – besonders bei wiederkehrenden Stürzen.
"Problem ist, dass die entsprechenden Therapien der Zusatzerkrankungen nicht angegangen werden, wenn zum Beispiel Schwindel besteht und rezidivierende Stürze eintreten, ist das natürlich eine Ursache für die Frakturen. Und wir wollen im Rahmen dieser Zentrumsbildung ZATO, Zentrum für Alterstraumatologie und -orthopädie, vor allen Dingen von unfallchirurgischer Seite vermeiden, dass Sekundärfrakturen eintreten, die Patienten also wiederkommen."
Den Ursachen auf der Spur
Die Ärzte müssen also die Ursachen für die Stürze herausfinden und behandeln. Das können außer Schwindel auch Herzerkrankungen, Blutzuckerschwankungen und Durchblutungsstörungen sein. Oder aber die Leistungskraft ist generell herabgesetzt, die Menschen sind gebrechlich und ihre Muskelkraft nimmt ab. Deshalb werden bei Aufnahme eines Patienten nach einem Unfall oder Sturz in die zentrale Notaufnahme sechs Fragen gestellt.
"Wenn von diesen sechs Fragen zwei mit ja beantwortet werden, dann ist es ein Patient, der in diese Kategorie fällt. Der Patient ist über 70 Jahre alt und es wird dann gefragt, ob Erkrankungen und Verletzungen vorlagen, die zu einer Klinikeinweisung geführt haben, ob Hilfe in den letzten 24 Stunden benötigt wurde, ob innerhalb der letzten sechs Monate ein Krankenhausaufenthalt stattgefunden hat, ob erhebliche Probleme mit dem Sehen bestehen, ob die Brille korrigiert werden musste, ob Probleme mit dem Gedächtnis bestehen, die ernsthaft sind und ob pro Tag mehr als sechs Medikamente eingenommen werden."
Das entscheidende, um weitere Stürze zu verhindern, ist die Muskelkraft und die Stabilität im Gang. Doch der altersbedingte Muskelschwund beginnt schon mit etwa 50 Jahren. Ab dem 70. Lebensjahr beschleunigt sich der Abbauprozess auf rund 3 Prozent der Muskelkraft pro Jahr. Verstärkt wird das durch Bettruhe, zu wenig Bewegung oder Mangelernährung. Hier sollte man rechtzeitig gegensteuern mit einer proteinreichen Ernährung, täglicher Bewegung und der Einnahme von Vitamin D. Denn neue Studienergebnisse zeigen, dass eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung und körperliche Aktivität zu einer Verminderung des Sturzrisikos führt.
Ob das Risiko zu stürzen erhöht ist, kann man mit der Bestimmung der Handkraft und dem Messen des Vitamin-D-Spiegels herausfinden. Ist beides vermindert, steigt das Sturzrisiko. Und davon sind immer mehr Menschen betroffen.