Rentsch
sagte im Dlf
, er sehe die EU ganz klar in der Pflicht: "Das Mittelmeer grenzt an viele Länder, und es grenzt auch an Europa." Man könne die Veranwortung für die Menschen auf See nicht Nordafrika allein zuschieben. "Libyen ist aufgrund der Situation in den Haftzentren kein sicherer Hafen." Rentsch beschrieb die Bemühungen des UNO-Flüchtlingshilfswerks im Flüchtlingszentrum in der libyschen Hauptstadt Tripolis wörtlich als "humanitären Imperativ": "Wir versuchen, die besonders schutzbedürftigen unter diesen Leuten aus dem Land zu holen und dann Lösungen in Drittstaaten zu suchen." Er ergänzte: "Aber natürlich ist die Situation vor Ort schwierig und ganz viel mehr wäre nötig, dort zu tun."
"Wir leisten humanitäre Hilfe auf kleiner Flamme"
Rentsch sprach von einer konstruktiven Zusammenarbeit mit den libyschen Behörden. Das UNHCR könne aber nur auf kleiner Flamme humanitäre Hilfe leisten. "Wir können keine politischen Entscheidungen treffen, die müssen in Europa fallen unter Einbeziehung der nordafrikanischen Akteure. Man muss die Schutzsysteme in Nordafrika stärken, die Seenotrettung muss ein oberstes Prinzip bleiben." Das könne aber nur durch einen politischen Willen geschehen und nicht, weil das UNHCR als humanitäre Organisation in Libyen sei.
Auch in Afrika Möglichkeiten, zu helfen
Die UNO-Organisation habe gemeinsam mit der Internationalen Organisation für Migration, IOM, ein Modell erstellt, das auf Solidarität und Kooperation in der EU basiere und das nachweise, dass man im Mittelmeerraum zu Lösungen kommen könne. Es gebe auch in Afrika Möglichkeiten, auf die Flüchtlingsfrage zu reagieren. Als Beispiel nannte Rentsch ein Projekt für Menschen aus Niger, das ihnen in Europa eine Perspektive verschaffen soll.
Hunderte Menschen in den vergangenen Monaten ertrunken
Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge hat neue Zahlen veröffentlicht, nach denen bei der Überquerung des Mittelmeers in diesem Jahr bereits mehr als 1.500 Menschen ums Leben gekommen sind. Dem Bericht zufolge sind über 850 von ihnen im Juni und Juli ertrunken. Die Zahl der Todesfälle stieg demnach, obwohl die Gesamtzahl der über das Mittelmeer nach Europa gekommenen Menschen zuletzt deutlich sank: Bis Ende Juli waren es rund 60.000, etwa halb so viele wie im Vorjahreszeitraum. Spanien hat inzwischen Italien als wichtigstes Ankunftsland abgelöst.
Das UNHCR rief Staaten und Behörden entlang der Transitrouten auf, die Netzwerke der Schlepperbanden aufzudecken und zu zerschlagen.
(wes/tep)