Samstag, 04. Mai 2024

Archiv

Uni Zürich
Neue Transparenz-Regeln für Professoren

Professoren an der Uni Zürich müssen seit Anfang des Jahres offenlegen, welche "Interessensbindungen" sie haben - ob sie also etwa als Berater für Regierungen oder Institutionen tätig sind. Und auch die Finanzierung der Stiftungs-Lehrstühle an der Uni wird veröffentlicht. Die neuen Regeln sollen für mehr Transparenz sorgen - und haben eine Vorgeschichte.

Von Thomas Wagner | 27.01.2017
    Formeln stehen auf einer schlecht gewischten Tafel am 29.10.2012 in Berlin in einer Vorlesung "Mathematik für Chemiker" im Walter-Nernst-Haus auf dem Campus Adlershof der Humboldt-Universität.
    Professoren an der Uni Zürich müssen bestimmte außer-universitäre Tätigkeiten offenlegen. (picture-allicance / dpa / Jens Kalaene)
    - "Wenn man jetzt sieht, ein Jurist kriegt sehr viel Geld von der Pharmaindustrie. Das wäre jetzt ein interessant zu sehen, ein interessantes Verhältnis."
    - "Ja, ich find’s schon auch wichtig, dass man weiß, wer finanziert wird von wo, von welchen Stellen, dass es zumindest offen gelegt wird."
    Sebastian Fanzun ist Germanistik-Doktorand, Yves Red Geografie-Masterstudent an der Universität Zürich. Beide begrüßen die neue "Transparenz-Offensive". Uni-Rektor Professor Michael Hengartner:
    "Die Transparenz schafft Vertrauen. Unsere Professorinnen und Professoren machen häufig öffentliche Statements. Sie sind in der Lehre engagiert. Da ist es wichtig, dass unsere Studierenden, aber auch die Öffentlichkeit weiß: Hat die Person das jetzt ganz neutral gesagt? Oder gibt es irgendeine Färbung aufgrund der Interessensbindung, die die Person hat?"
    Nicht alle Tätigkeiten müssen dokumentiert werden
    Und genau darum geht es in der "Transparenz-Offensive" der Universität Zürich: Seit Jahresbeginn sind auf einer Website der Uni alle 634 Professorinnen und Professoren aufgelistet - mit Hinweisen auf ihre außer-universitären Interessensbindungen.
    "Was sie sehen, sind alle langfristigen Engagements in Führungsgremien oder Beratungsgremien, in Vereinen oder Institutionen oder in Regierungen auf kommunaler, regionaler oder eidgenössischer Ebene. Also es ist relativ breit gesetzt. Jeder Stiftungsratssitz, jeder Verwaltungsrats-Sitz steht dort drin."
    Lediglich ein punktuelles, zeitlich eng gefasstes und befristetes Engagement eines Professors findet keinen Eingang in die neue Transparenz-Liste.
    "Und alles, wo sie eine Aktivität haben, wo sie keinen Einfluss haben können. Also wenn Sie irgendwo einen Nebenjob haben in einem Pat-Shop oder in einem Starbucks, dann wird das nicht auftauchen."
    Dass ein Züricher Uni-Professor nebenher noch bei Starbucks Milchkaffee einschenkt, ist eher ohnehin eher unwahrscheinlich.
    Großspenden von Banken und Pharmafirmen
    Dass die Uni Zürich über die Interessensbindungen ihrer Professoren aber reinen Wein einschenken will, hat eine Vorgeschichte. Transparenz stand dort nämlich nicht immer so hoch im Kurs wie derzeit. So wurde vor vier Jahren erst durch hartnäckiges Nachfragen Schweizer Journalisten eine ursprünglich geheimgehaltene 100-Millionen-Franken-Spende der Schweizer Großbank UBS an die Uni Zürich bekannt. Hinzu kam eine weitere Form der Verbandelung:
    "Da gibt es gerade im medizinischen Bereich, wo es um die Pharma-Medikamente geht, eher Probleme, kann ich mir vorstellen."
    So Student Yves Red. Er spricht das Forschungs-Sponsoring der großen Schweizer Pharmakonzerne an. Knackpunkt dabei: Das Sponsoring wurde häufig nicht offen gelegt. All dies führte zu kontroversen politischen Diskussionen, an deren Ende ein neues Transparenz-Gesetz des Kantons Zürich stand. Das hat die kantonseigene Uni jetzt umgesetzt. Dabei geht es neben den "gläsernen Professoren" auch um mehr Transparenz bei den Stiftungs-Lehrstühlen. Rektor Michael Hengartner kann zukünftig schon mal kalt lächelnd auch ein Millionenangebot für eine Stiftungs-Professur ablehnen:
    "Absolut kann man das ausschlagen. Also wenn es nicht in unserem strategischen Interesse liegt, so eine Professur zu haben, dann werden wir das Geld nicht annehmen."
    Angaben der Professoren werden nicht kontrolliert
    Denn neben dem strategischen Interesse der Uni müssen bei Stiftungs-Lehrstühlen drei weitere Kriterien erfüllt werden: Die Freiheit von Forschung und Lehre darf ebenso wenig angetastet werden wie die Reputation der Uni. Und schließlich: Von Anfang an muss klar sein, wer das Geld gibt für die Stiftungslehrstühle. Kritiker haben aber bereits erste Schlupflöcher bei der Züricher Transparenz-Offensive ausgemacht: So beruhen die Einträge im Transparenz-Register auf den eigenen Angaben der Professoren, die nicht kontrolliert werden. Und: Sogenannte "Grants", also einmalige Sponsor-Beträge eines Forschungsprojektes, bleiben von der Regelung unberührt. Eines ist zudem klar: Keineswegs will die Uni Zürich das Engagement der Professoren abseits des Campus grundsätzlich behindern - im Gegenteil. Uni-Rektor Michael Hengartner:
    "Es ist sehr wichtig für die Gesellschaft, dass sich die Professorenschaft einbringen kann. Sie haben sehr viel Wissen, sind clevere Menschen, Menschen mit Ideen. Und auf der anderen Seite ist es auch sehr wichtig für uns: Wir erhalten sehr viele Forschungsideen, aber auch Entwicklungen in der Lehre von diesem Austausch mit der Gesellschaft. Also beide Seiten profitieren von diesem Austausch sehr stark."