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Uniaustausch Deutschland-Iran

Die Universitäten in Freiburg und im iranischen Isfahan verbindet eine enge Partnerschaft: der Studierendenaustausch ist selbstverständlich, sogar ein gemeinsamer Studiengang ist geplant. Doch seit den Unruhen in Iran ist der Austausch erst einmal gestoppt worden.

Von Thomas Wagner |
    Gerade mal vier Wochen sind vergangen, als Professor Jürgen Rühe, Prorektor der Uni Freiburg, die Partnerhochschule im iranischen Isfahan besuchte - auf den ersten Blick eine Uni wie jede andere; auffällig nur zwei Details: Die Mädchen trugen durchgehende Kopftücher.

    "Zum anderen gibt es da so eine kleine ungewöhnliche Situation: Dass grundsätzlich die Folien zu allen Vorträgen die Parole 'Im Namen Gottes‘ tragen. Und das ist natürlich für uns sehr ungewohnt. Ansonsten kann man konstatieren. Gerade im Bereich Naturwissenschaften und Technik gibt es da keine wesentlichen Unterschiede."

    Nun allerdings herrscht Sorge an der Uni Freiburg: In den vergangenen Jahren sind zum Teil auch persönliche Freundschaften mit den Kollegen aus Isfahan entstanden. Man hat sich, über die Grenzen der politischen Systeme, kennen- und schätzen gelernt. Dann in den vergangenen Tagen die Meldungen über Unruhen mit Opfern auch in Isfahan, der drittgrößten Stadt im Iran - Meldungen, die die Freiburger Universitätsleistung veranlasst haben, einen Brief nach Isfahan zu senden. Jürgen Rühe:

    "Also der Rektor hat natürlich seiner Sorge über die aktuelle politische Situation im Iran Ausdruck verliehen. Ich muss dazu sagen, dass wir über keine besonderen zusätzlichen Informationen verfügen. Wir haben aktuell jetzt keine Studierenden im Iran. Und wir werden natürlich aktuell die politische Lage dort betrachten und werden in der Zwischenzeit natürlich auch keine Studierenden dorthin schicken und werden das Programm erst wieder aufnehmen, wenn uns die Lage dort sicher erscheint."

    Dabei hatte alles so gut angefangen: Den Partnern gelang es auf beiden Seiten, die Hochschulverbindung Freiburg-Isfahan rasch mit konkreten Projekten zu erfüllen. Beispiel: der Studierendenaustausch. Derzeit halten sich vier iranische Studierende im Rahmen eines eigenen Austauschprogramms in Freiburg auf. Sie studieren Geologie und Philosophie.

    Daneben entsendet das Institut für Orientalistik an der Uni Freiburg regelmäßig Studierende nach Isfahan. Das sind mal zwei, mal drei pro Semester. Denn die Freiburger Uni hat nicht ohne Grund die Hürden für einen solchen Austausch hoch gesetzt. Jens Langer vom International Office der Uni Freiburg:

    "Es muss natürlich ein sprachlicher Hintergrund vorhanden sein. Persisch, Farsi muss dann in Grundkenntnissen vorhanden sein. Die meisten Kandidaten haben ohnehin das Interesse, vor Ort ihre Sprache zu verbessern, zu vervollkommnen. Das heißt: Die Sprachkomponente spielt dann bei dem Fachaufenthalt vor Ort eine besondere Rolle."

    Grundkenntnisse in Farsi können sich die Studierenden aber am Institut der Orientalistik in Freiburg erwerben. Durch die Partnerschaft mit der Uni Isfahan bietet sich die einmalige Chance, diese Sprachkompetenz auch an einer Uni in einem Gastland anzuwenden. Daneben erfülle die Partnerschaft zum Einen eine wichtige forschungspolitische, zum Zweiten aber auch eine wichtige kulturpolitische Funktion, sagt Prorektor Jürgen Rühe:

    "Garde hier der Dialog mit der islamischen Welt - das ist für uns hier ein ganz zentrales Anliegen. Weil wir natürlich auch Studierende und damit auch Absolventen haben, die einfach eine Kompetenz haben in diesem Dialog mit der islamischen Welt. Und die Probleme, die derzeit im Miteinander zwischen der westlichen und der islamischen Welt bestehen, gehen auch durch Ignorieren nicht weg."

    Um das bessere gegenseitige Verständnis zu fördern, wollen beide Partnerhochschulen den Studierenden- und Dozentenaustausch ausbauen - und nicht nur das: Geplant ist derzeit sogar ein gemeinsamer Masterstudiengang: Geo-Archeology. Professor Marlies Heinz, in Freiburg zuständig für vorderasiatische Archäologie, reiste dazu ebenfalls vor wenigen Wochen in den Iran:

    "Dieser Master Geo-Archeology würde bedeuten: Die Studierenden der vorderasiatischen Archäologie beginnen in Freiburg ihr Grund- und Masterstudium und gehen dann zur Spezialisierung für wahrscheinlich ein Jahr nach Isfahan, um dort Geo-Archeology zu studieren. Und umgekehrt kommen die Isfahaner nach Freiburg und erhalten hier ihre Grundausbildung."

    Da das Bachelor- und Mastersystem in Isfahan schon viel länger umgesetzt ist als in Europa, erscheine die Organisation eines solchen gemeinsamen Studiengangs eher unkompliziert, meint Marlies Heinz. Die Art der Lehre sei allerdings in Isfahan noch sehr stark auf den sogenannten Frontalunterricht ohne allzu viel Möglichkeiten zum Diskurs ausgerichtet - eine Hürde, die aber überwindbar ist, weiß Marlies Heinz, die bereits einige Kompaktseminare in Isfahan angeboten hat:

    "Die Studierenden, also wenn die merken, ich möchte mit ihnen diskutieren und keinen Frontalunterricht machen, also erstens ist das Diskussionsvermögen, das Wissen, die Ausdrucksfähigkeit im Englischen - das alles ist hervorragend. Wenigstens ist das meine Erfahrung nach diesen beiden Workshops. Und ich denke, die Studierenden sind wissbegierig, intelligent, klug. Die können argumentieren. Und nochmals: Nachdem sie in einem ersten Schritt ihre Scheu abgebaut haben, ist der Unterricht so zu gestalten wie in Freiburg."

    Allerdings haben Marlies Heinz und ihre Kollegen hier die Grenzen noch nicht ausgelotet.

    "Ich weiß nicht, wie da sein würde, wenn ich ein ganzes Semester hier verbringe und Archäologie und Politik in Verbindung bringe. Das würde ich machen, und das muss man auch machen. Da müsste ich sehen, was da möglich ist. Da ist sicherlich nicht das freie Unterrichten möglich, wie hier in Freiburg; selbstverständlich nicht."