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Universitäten
"In unseren Regionen loyal verankert"

Die Kanzler der Hochschulen treffen sich in Ulm. Schwerpunkt ist dort das Thema "Standortfaktor Universität". Wenn es der Hochschule gut gehe, dann gehe es auch der Region gut, sagte Albert Decker, Bundessprecher der Universitätskanzlervereinigung, im DLF.

Albert Berger im Gespräch mit Kate Maleike | 26.09.2014
    Studenten sitzen in einem Hörsaal bei der Erstsemesterbegrüßung der Universität Koblenz-Landau im April 2014 im Hörsaal.
    Die Universitäten wollen ihre Verantwortung wahrnehmen, sagte Albert Decker. (dpa / picture-alliance / Thomas Frey)
    Kate Maleike: Sie sind die Verwaltungschefs einer Hochschule und sind die Beauftragten für den Haushalt. Kanzler oder Kanzlerin an einer Universität zu sein, das ist kein Zuckerschlecken in Zeiten chronischer Unterfinanzierung. Aber Gestaltungsräume hat man hier natürlich auch, denn Kanzler sorgen dafür, so heißt es immer, dass der Laden läuft. Einmal im Jahr trifft sich die Universitätskanzlervereinigung, diesmal an der Uni Ulm.
    - Und dort sitzt nun Albert Berger am Telefon. Er ist Kanzler der TU München und Bundessprecher der Universitätskanzlervereinigung. Guten Tag, Herr Berger!
    Albert Berger: Seien Sie gegrüßt, Frau Maleike!
    Maleike: Können wir davon ausgehen, dass Geldsorgen das beherrschende Thema auf Ihrer Jahrestagung sind?
    Berger: Da können Sie diesmal nicht davon ausgehen. Aber umgekehrt auch sehr wohl wieder, denn, wie Sie schon sagten, in einem mittelbaren Punkt geht es bei Kanzlern also immer um Geld. Wir wollten aber auch auf dieser Tagung mit unserem Tagungsthema "Standortfaktor Universität" auch über den reinen Euro hinaus die Bedeutung der Universitäten für die regionale Entwicklung in den Blick nehmen.
    "Wir wollen unsere Verantwortung wahrnehmen"
    Maleike: Will sagen, Sie haben sich diese Überschrift auch gesucht und unterstreichen diese Bedeutung so deutlich, weil sie zum Beispiel den Städten oder aber auch den Ländern deutlich machen wollen, wir sind ein wichtiger Faktor, bitte finanziert uns richtig.
    Berger: Das ist richtig, aber wir müssen auch sehen: Wir wollen unsere Verantwortung wahrnehmen. Wir befinden uns ja jetzt in einer Zeit, wo wir 15, 20 Jahre Hochschulautonomiebestrebungen hatten. Und wir sind der festen Überzeugung, dass das Gegenstück von Autonomie natürlich Verantwortung ist, die man wahrnehmen muss. Und wenn man einer Hochschule vorsteht, die viel Geld braucht, hat man im Gegenzug auch zu zeigen, wofür man das verwendet und wie das Ganze auch wieder hereinkommt. Zwei ganz kurze Beispiele einfach: Es gibt Zahlen, die belegen eindeutig, dass jedem Euro, den der Staat für seine Hochschulen gibt bei Forschungsprojekten in Drittmitteleinwerbung im Faktor von 1,7, 1,8 wieder zusätzlich hereinkommt, also gematcht wird. Wir man auch deutlich zeigen kann, das haben Studien auch, die hier empirisch vorgestellt wurden, gezeigt, dass die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts hier an solchen Standorten durchaus höher ist als anderswo.
    Maleike: Würden Sie denn sagen, dass sich die Universitäten in der Region denn schon ausreichend vernetzen, zum Beispiel mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen oder aber auch mit der Wirtschaft?
    Berger: Was ausreichend ist, ist natürlich relativ. Es gibt hier nicht nur Ansätze, sondern auch durchaus Erfolge, aber das ist sehr wohl noch Luft nach oben. Denn Verbünde im regionalen Umfeld werden zunehmend auch die Zukunft sein. Wir haben ein gestuftes Wesen hier in unserer Wissenschaftslandschaft aus Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaft, aber eben auch den außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Und an den großen Ballungsräumen sind die Vernetzungen auch als Konsequenz der Exzellenzinitiative sehr fruchtbar geworden. Aber da ist noch Entwicklungsmöglichkeit da.
    "Nicht nur jammern"
    Maleike: Knappe Ressourcen, damit kämpfen ja nicht nur die Universitäten. Kreative Lösungen muss man finden. Welche Fähigkeiten und Kniffe, würden Sie sagen, sind da im Moment am meisten gefordert?
    Berger: Es ist auf jeden Fall schon mal grundsätzlich gefordert, nicht nur zu jammern, denn Geld haben wir alle, sowohl privat wie in unseren Universitäten, immer zu wenig – so geht es, glaube ich, allen Menschen. Und wenn man in der Bevölkerung, in der Politik, immer nur rüberkommt als: Wir brauchen mehr Geld, mehr Geld ins System, mehr Geld ins System. Dann ist das ab einem bestimmten Punkt nicht mehr wirklich glaubwürdig. Wir müssen transparent machen, wofür wir etwas verwenden. Und wir müssen auch unsere gesellschaftliche Verantwortung als Universitäten und dort eben auch als Kanzlerinnen und Kanzler wahrnehmen, der Bevölkerung zu zeigen, warum Wissenschaft teuer ist, warum in unserem Land, wo es auf den Rohstoff Geist und die Bildung ankommt, hier diese Investitionen erforderlich sind. Also Kommunikation – ganz, ganz wichtig. Und dann natürlich ein vernetztes Agieren mit den verschiedenen auch Geldgebermöglichkeiten, die wir zum Beispiel auch bei den hohen europäischen Forschungsfördervorhaben noch nicht ausreichend, denke ich, alles ausgereizt haben, Gelder, die auch vorhanden sind, abzuholen.
    Maleike: Was ist denn dann also das wichtigste Signal, das Sie heute von der Jahrestagung in Ulm geben wollen, an die Politik zum Beispiel?
    Berger: Ein wichtiges Signal zum aktuellen Thema ist für uns schon auch, dass man nicht nur platt sagt: Na ja, wenn es einer Region gut geht, dann geht es auch der Universität gut. Sondern dass man umgekehrt auch zeigt, liebe Verantwortliche in den politischen Gremien, seht auch einmal, wenn es eurer Universität gut geht, dann geht es auch der Region gut. Das wäre das eine. Und das zweite, dass wir wirklich auch das Signal senden, dass wir uns in unseren Regionen loyal verankert fühlen und nicht abgehobene Wissenschaftstempel nach dem klassischen Elfenbeinturm sind.
    Maleike: Sagt Albert Berger, der Kanzler der TU München. Und er spricht damit für die deutsche Universitätskanzlervereinigung, die sich noch bis morgen zur Jahrestagung an der Uni Ulm trifft. Ganz herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Berger!
    Berger: Ich bedanke mich, Frau Maleike!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.