Silvia Engels: Am Wochenende haben die Tschechen ein neues Parlament gewählt. Stärkste Kraft ist nun die demokratische Bürgerpartei ODS von Mirek Topolanek. Er setzte sich gegen den bisherigen sozialdemokratischen Ministerpräsident Jiri Paroubek durch. Doch die Regierungsbildung wird schwierig, denn die ODS kommt mit ihren Wunschkoalitionspartnern – das sind die Grünen und die Christdemokraten – nur auf die Hälfte der Parlamentssitze. Was tun gegen diese Patt-Situation? – Am Telefon ist nun der neu ins tschechische Parlament gewählte Grünen-Abgeordnete Ondrej Liska. Guten Morgen Herr Liska!
Ondrej Liska: Guten Morgen!
Engels: Sehen Sie als Grüne denn noch Chancen, mitzuregieren und sei es als Teil einer Minderheitsregierung?
Liska: Ja. Die Verhandlungen haben gestern angefangen und die wahrscheinlichste Variante ist die Minderheitsregierung der Christdemokraten und der Grünen mit dem Hauptpartner ODS. Diese Verhandlungen sind natürlich sehr, sehr schwierig, weil die eine entscheidende Stimme von diesen Parteien fehlt, und zwar die 101. Stimme. Die Grünen sind zum ersten Mal ins tschechische Parlament gekommen. Das ist ein historisches Ereignis, weil seit 1989 ist es keiner Partei gelungen, von außen ins Parlament zu kommen und die fünfprozentige Hürde zu überwinden.
Engels: Das ist schön für die Grünen, aber es mangelt an der stabilen Mehrheit. Die hätten Sie beispielsweise nur, wenn es Ihnen noch gelingt, eine weitere kleine Partei, beispielsweise die Kommunisten, in Ihr Lager zu ziehen. Ist das vorstellbar?
Liska: Ich glaube die Kommunisten sind in diesem Moment nicht als Ansprechpartner da. Es gibt Verhandlungen und die Hoffnung, dass einige Sozialdemokraten die Minderheitsregierung unterstützen werden. Diese Wahrscheinlichkeit ist ziemlich groß und damit rechnet auch Herr Topolanek bei diesen Verhandlungen.
Engels: Das wird nun schwierig. Auch eine Minderheitenregierung – Sie haben es angesprochen – hätte immer das Problem, eine Mehrheit zu bekommen. Da gibt es aber auch noch inhaltliche Probleme zwischen Ihnen, den Grünen, und der ODS, denn Sie befürworten den Kurs zum Beispiel einer weiteren EU-Integration. Die ODS steht dagegen Integration und Euro-Einführung skeptisch gegenüber. Wie soll denn das inhaltlich zusammen gehen?
Liska: Da muss man sehen, dass die ODS in den letzten Monaten eine Entwicklung durchgemacht hat. Es ist klar geworden, dass mehr als 80 Prozent der Wähler der ODS proeuropäische Wähler sind. Das sind Leute, die sich eine breitere und tiefere politische Integration Europas und der Europäischen Union wünschen. Damit muss man auch bei diesen Verhandlungen rechnen. Die Grünen haben gesagt, dass sie nur in einer proeuropäischen Regierung eintreten, und da sind die Christdemokraten auch ein Partner. Derjenige, der einen Kompromiss in dieser Hinsicht machen wird, ist wahrscheinlich die ODS, und wenn man sieht, dass diese 80 Prozent der Wähler und Mitglieder der ODS sich eine weitere Integration in der EU wünschen, glaube ich, dass dieses Problem bald weg vom Tisch sein wird.
Engels: Wie steht es denn speziell um das deutsch-tschechische Verhältnis, beispielsweise im Umgang mit den Sudetendeutschen? Die letzte Regierung Paroubek, die ja nun abgelöst wird, hatte ja einige Signale in Richtung Annäherung gesetzt. Auch auf dem Sudetendeutschen Tag vom Wochenende in Nürnberg kamen eher friedliche Signale. Würde sich das denn unter einer Regierung aus ODS, Christdemokraten und Grünen fortsetzen lassen?
Liska: Wir hoffen es. Die Grünen haben mit einem Wahlprogramm kandidiert, wo die gute Nachbarschaft, das gute nachbarschaftliche Verhältnis eine große Rolle spielt. Wir unterstützten die Schritte von Jiri Paroubek, die Anerkennung zum Beispiel von den deutsch-tschechischen Antifaschisten, die bisher nie anerkannt wurden. Das war eine Geste, in welche Richtung wir gehen wollen. Unter der Führung von Vaclav Klaus, dem heutigen Präsidenten, dem ehemaligen Vorsitzenden, war die ODS eine Partei, die eine nationalistische Karte gespielt hat. Bei den letzten Wahlen in 2002 war das ganz deutlich. Die Grünen und die Christdemokraten würden aber den Kurs in der Richtung fortsetzen, den auch die letzte Regierung gegangen ist, weil es sich in beiden Fällen um Parteien handelt, die einen ganz großen Wert und Akzent auf gute Nachbarschaft mit Deutschland setzen.
Engels: Gerade die ODS – Sie haben es angesprochen – hat in der Vergangenheit immer relativ stark gegen sudetendeutsche Forderungen nach etwas stärkerer Anerkennung ihrer Rechte argumentiert. Können da die Grünen mit sechs Abgeordneten überhaupt gegenhalten, oder wären dann nicht die Sozialdemokraten auch ein interessanter Koalitionspartner?
Liska: Das ist natürlich jetzt die wichtigste Frage, die sich schließlich jeder in Tschechien stellt, ob die linke oder rechte Koalition stabiler wird. Das wird sich in den nächsten Tagen entscheiden. Sieger der Wahlen ist auf jeden Fall die ODS und die haben die erste Runde der Gespräche zu führen. Wenn diese Variante nicht durchkommt, zum Beispiel wenn die ODS nicht aus ihrer euroskeptischen Position wegkommt, dann kommt natürlich die zweite Variante einer großen Koalition zwischen ODS und CST oder eine Koalition, die Jiri Paroubek zusammenstellen wird. Das ist jetzt aber die Frage, die wir in den nächsten Stunden oder Tagen glaube ich klarer beantworten werden können. Erst gestern sind die Gespräche angefangen. Weiter können wir zurzeit nicht gehen.
Engels: Aber noch ganz kurz zum Schluss. Sie schließen grundsätzlich auch eine Unterstützung als Grüne für eine sozialdemokratische Regierung Paroubek nicht ganz aus?
Liska: Auf jeden Fall nicht, obwohl die Medien in Tschechien gesagt haben, die Situation ist zu Stande gekommen, weil die Linken im Parlament 100 Sitze bekommen haben und die Rechten ebenso 100 Sitze bekommen haben. Das stimmt nicht. Es sind 100 linke Abgeordnete da. Es sind 94 rechte Abgeordnete da und dabei sind noch sechs Grüne. Das ist weder links noch rechts; es sind einfach Grüne. Damit muss man rechnen und das Koalitionspotenzial der Grünen ist stark, in diesem Moment genauso wie für eine Mitte-Rechts-Koalition. Wenn diese Variante nicht durchkommt sind wir bereit, auch mit anderen demokratischen Parteien zu verhandeln. Dabei ist die CST auf jeden Fall!
Ondrej Liska: Guten Morgen!
Engels: Sehen Sie als Grüne denn noch Chancen, mitzuregieren und sei es als Teil einer Minderheitsregierung?
Liska: Ja. Die Verhandlungen haben gestern angefangen und die wahrscheinlichste Variante ist die Minderheitsregierung der Christdemokraten und der Grünen mit dem Hauptpartner ODS. Diese Verhandlungen sind natürlich sehr, sehr schwierig, weil die eine entscheidende Stimme von diesen Parteien fehlt, und zwar die 101. Stimme. Die Grünen sind zum ersten Mal ins tschechische Parlament gekommen. Das ist ein historisches Ereignis, weil seit 1989 ist es keiner Partei gelungen, von außen ins Parlament zu kommen und die fünfprozentige Hürde zu überwinden.
Engels: Das ist schön für die Grünen, aber es mangelt an der stabilen Mehrheit. Die hätten Sie beispielsweise nur, wenn es Ihnen noch gelingt, eine weitere kleine Partei, beispielsweise die Kommunisten, in Ihr Lager zu ziehen. Ist das vorstellbar?
Liska: Ich glaube die Kommunisten sind in diesem Moment nicht als Ansprechpartner da. Es gibt Verhandlungen und die Hoffnung, dass einige Sozialdemokraten die Minderheitsregierung unterstützen werden. Diese Wahrscheinlichkeit ist ziemlich groß und damit rechnet auch Herr Topolanek bei diesen Verhandlungen.
Engels: Das wird nun schwierig. Auch eine Minderheitenregierung – Sie haben es angesprochen – hätte immer das Problem, eine Mehrheit zu bekommen. Da gibt es aber auch noch inhaltliche Probleme zwischen Ihnen, den Grünen, und der ODS, denn Sie befürworten den Kurs zum Beispiel einer weiteren EU-Integration. Die ODS steht dagegen Integration und Euro-Einführung skeptisch gegenüber. Wie soll denn das inhaltlich zusammen gehen?
Liska: Da muss man sehen, dass die ODS in den letzten Monaten eine Entwicklung durchgemacht hat. Es ist klar geworden, dass mehr als 80 Prozent der Wähler der ODS proeuropäische Wähler sind. Das sind Leute, die sich eine breitere und tiefere politische Integration Europas und der Europäischen Union wünschen. Damit muss man auch bei diesen Verhandlungen rechnen. Die Grünen haben gesagt, dass sie nur in einer proeuropäischen Regierung eintreten, und da sind die Christdemokraten auch ein Partner. Derjenige, der einen Kompromiss in dieser Hinsicht machen wird, ist wahrscheinlich die ODS, und wenn man sieht, dass diese 80 Prozent der Wähler und Mitglieder der ODS sich eine weitere Integration in der EU wünschen, glaube ich, dass dieses Problem bald weg vom Tisch sein wird.
Engels: Wie steht es denn speziell um das deutsch-tschechische Verhältnis, beispielsweise im Umgang mit den Sudetendeutschen? Die letzte Regierung Paroubek, die ja nun abgelöst wird, hatte ja einige Signale in Richtung Annäherung gesetzt. Auch auf dem Sudetendeutschen Tag vom Wochenende in Nürnberg kamen eher friedliche Signale. Würde sich das denn unter einer Regierung aus ODS, Christdemokraten und Grünen fortsetzen lassen?
Liska: Wir hoffen es. Die Grünen haben mit einem Wahlprogramm kandidiert, wo die gute Nachbarschaft, das gute nachbarschaftliche Verhältnis eine große Rolle spielt. Wir unterstützten die Schritte von Jiri Paroubek, die Anerkennung zum Beispiel von den deutsch-tschechischen Antifaschisten, die bisher nie anerkannt wurden. Das war eine Geste, in welche Richtung wir gehen wollen. Unter der Führung von Vaclav Klaus, dem heutigen Präsidenten, dem ehemaligen Vorsitzenden, war die ODS eine Partei, die eine nationalistische Karte gespielt hat. Bei den letzten Wahlen in 2002 war das ganz deutlich. Die Grünen und die Christdemokraten würden aber den Kurs in der Richtung fortsetzen, den auch die letzte Regierung gegangen ist, weil es sich in beiden Fällen um Parteien handelt, die einen ganz großen Wert und Akzent auf gute Nachbarschaft mit Deutschland setzen.
Engels: Gerade die ODS – Sie haben es angesprochen – hat in der Vergangenheit immer relativ stark gegen sudetendeutsche Forderungen nach etwas stärkerer Anerkennung ihrer Rechte argumentiert. Können da die Grünen mit sechs Abgeordneten überhaupt gegenhalten, oder wären dann nicht die Sozialdemokraten auch ein interessanter Koalitionspartner?
Liska: Das ist natürlich jetzt die wichtigste Frage, die sich schließlich jeder in Tschechien stellt, ob die linke oder rechte Koalition stabiler wird. Das wird sich in den nächsten Tagen entscheiden. Sieger der Wahlen ist auf jeden Fall die ODS und die haben die erste Runde der Gespräche zu führen. Wenn diese Variante nicht durchkommt, zum Beispiel wenn die ODS nicht aus ihrer euroskeptischen Position wegkommt, dann kommt natürlich die zweite Variante einer großen Koalition zwischen ODS und CST oder eine Koalition, die Jiri Paroubek zusammenstellen wird. Das ist jetzt aber die Frage, die wir in den nächsten Stunden oder Tagen glaube ich klarer beantworten werden können. Erst gestern sind die Gespräche angefangen. Weiter können wir zurzeit nicht gehen.
Engels: Aber noch ganz kurz zum Schluss. Sie schließen grundsätzlich auch eine Unterstützung als Grüne für eine sozialdemokratische Regierung Paroubek nicht ganz aus?
Liska: Auf jeden Fall nicht, obwohl die Medien in Tschechien gesagt haben, die Situation ist zu Stande gekommen, weil die Linken im Parlament 100 Sitze bekommen haben und die Rechten ebenso 100 Sitze bekommen haben. Das stimmt nicht. Es sind 100 linke Abgeordnete da. Es sind 94 rechte Abgeordnete da und dabei sind noch sechs Grüne. Das ist weder links noch rechts; es sind einfach Grüne. Damit muss man rechnen und das Koalitionspotenzial der Grünen ist stark, in diesem Moment genauso wie für eine Mitte-Rechts-Koalition. Wenn diese Variante nicht durchkommt sind wir bereit, auch mit anderen demokratischen Parteien zu verhandeln. Dabei ist die CST auf jeden Fall!