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Unruhen in Ferguson
Polizei nennt Namen des Todesschützen

In der US-Stadt Ferguson steht die Polizei wegen der tödlichen Schüsse auf einen schwarzen Teenager immer mehr unter Druck - und setzt nun auf mehr Transparenz. Neben dem Namen des Polizisten nennt sie aber auch ihre Sicht auf den Tathergang. Dabei geht es in der US-amerikanischen Diskussion längst nicht mehr nur um diesen Fall.

Von Jasper Barenberg | 16.08.2014
    Demonstranten mit einem Transparent "Hands up - don't shoot" ("Hände hoch - nicht schießen") versammeln sich auf der West Florissant Avenue in Ferguson, Missouri, USA, am 14. August 2014.
    "Hands up - don't shoot" - diese Menschen in Ferguson demonstrieren für Solidarität mit dem erschossenen schwarzen Jugendlichen. (picture alliance / dpa / Robert Rodriguez)
    "The name is Darren Wilson."
    Viel mehr als den Namen hat der Polizeichef von Ferguson, Thomas Jackson, nicht mitzuteilen. Abgesehen davon, dass Darren Wilson seit sechs Jahren für die Polizei in der Kleinstadt nahe St. Louis arbeitet; dass es nie disziplinarische Maßnahmen gegen ihn gegeben habe und dass er nach der Tat wegen einer Verletzung im Krankenhaus behandelt werden musste.
    "He's been a police officer for six years, he has had no disciplinary action taken against him, he was treated for an injury that occurred on Saturday."
    Tagelang hatten Demonstranten und Bürgerrechtsaktivisten verlangt, die Identität des Todesschützen preiszugeben. Die Polizei aber hielt den Namen knapp eine Woche unter Verschluss – auch mit Verweis auf Drohungen im Internet. Dass Präsident Obama nicht nur eine gründliche Untersuchung angemahnt hat, sondern auch mehr Transparenz, dürfte dazu beigetragen haben, dass der Polizeichef den Todesschützen jetzt identifiziert hat. Veröffentlicht wurden auch weitere Dokumente, die ein neues Licht auf den Tathergang werfen. Einem Polizeibericht zufolge stand der 18-jährige Michael Brown unter Verdacht, an einem Raubüberfall in einem Gemischtwarenladen beteiligt gewesen zu sein, kurz bevor er erschossen wurde. Das Video einer Überwachungskamera zeigt einen dunkelhäutigen Mann in kurzen Hosen und T-Shirt, der mit einem Verkäufer aneinandergerät. Die Aufnahmen sollen zeigen, wie Michael Brown versucht, mehrere Päckchen Zigarillos zu stehlen.
    Anthony Gray, der Anwalt der Familie, ist empört:
    "Es spielt doch keine Rolle, was passierte, bevor er die Arme gehoben hat. Was für einen Unterschied macht es, was Minuten oder Sekunden davor passiert ist? Der Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Information scheint mir ein Versuch zu sein, jetzt auch noch seinen Charakter zu töten!"
    Aussagen von Polizei und Augenzeugen widersprechen sich
    Augenzeugen berichten, dass Michael Brown mit erhobenen Händen vor dem Beamten floh, als der eine Vielzahl von Schüssen feuerte. Die Polizei gibt dagegen an, dass der Jugendliche den Beamten in seinen Wagen geschubst und versucht hat, ihm die Dienstwaffe zu entwinden.
    "Clearly, if you have an incident of this size and it stirs this kind of reaction, there is a deeper wound than just the tragedy of this young man!"
    Für Missouris Gouverneur Jay Nixon offenbart der tragische Tod des jungen Mannes eine tiefere Wunde. In der Tat deutet viel darauf hin, dass es sich um keinen Einzelfall handelt. In den vergangenen Jahren hat fast zwei Mal in der Woche in den Vereinigten Staaten ein weißer Beamter einen Schwarzen erschossen. Das geht aus Daten der Bundespolizei FBI hervor. Auch der Autor und Bürgerrechtler Eric Liu glaubt, dass es um mehr geht, als um das Misstrauen der überwiegend schwarzen Bevölkerung gegenüber einer vorwiegend weißen Polizei in Ferguson.
    "In jeder Stadt in diesem Land gibt es junge Menschen, die wegen ihrer Hautfarbe von der Polizei brutal misshandelt werden."
    Und so wird mit jedem Tag mehr über die ethnische Zusammensetzung der Polizei diskutiert, über Einstellungspraxis und Ausbildung. Und der konservative Senator Rand Paul sorgt mit der Forderung für Aufsehen, die zunehmende Militarisierung der örtlichen Polizei zu stoppen.