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Unternehmensberater: Familienfreundlichkeit führt zu besseren Ergebnissen

Nach Ansicht von Burkhard Schwenker, Vorsitzender des Vorstandes der Roland Berger Unternehmensberatung, müssen sich Firmen um noch mehr Familienfreundlichkeit bemühen. Nur wenn mehr Frauen die Chance auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf hätten, könne die sinkende Zahl von Erwerbstätigen aufgefangen werden. Gleichzeitig wachse in den Unternehmen die Erkenntnis, dass Familienfreundlichkeit zu besseren Ergebnissen führe.

    Klein: Die Bundesregierung hat den Erfolgsfaktor Familie erkannt. Für die eigene Politik, aber hoffentlich natürlich auch für die Gesellschaft. Gerade hat die Koalition sich auf ein Konzept geeinigt, wie die Kinderbetreuung steuerlich abzusetzen und zu begünstigen sei. Das Problem aber zum Beispiel Familie, Kinder und Beruf zu vereinen, ist damit allein noch nicht gelöst. Und deshalb soll mit einem so genannten Unternehmensprogramm Erfolgsfaktor Familie, Betriebe gewonnen werden, die sich familienfreundlichen Leitlinien verschreiben. Unterstützt wird das Projekt auch von der Unternehmensberatungsagentur Roland Berger. Und am Telefon ist jetzt Burkhard Schwenker, Vorsitzender des Vorstandes bei Roland Berger. Schönen guten Morgen, Herr Schwenker!

    Schwenker: Ja, guten Morgen, Frau Klein!

    Klein: Wie viele Manager kennen Sie denn die Elternzeit genommen haben?

    Schwenker: : Das ist eine gute Frage am Anfang. Ich denke hier brauchen wir noch eine kleine Perspektive, damit es wirklich mehr Manager werden. Ich kenne nur wenige im Augenblick.

    Klein: Woran liegt das nach Ihrer Meinung?

    Schwenker: : Ich glaube das liegt daran, dass wir zwei Elemente hier im Auge haben müssen. Zum einen ist die demographische Entwicklung, die unser Thema ja beeinflusst, ein Thema das gerade erst in den letzten Jahren aktuell geworden ist mit vielen Maßnahmen, die jetzt anfangen zu greifen. Das führt dazu, dass es eine höhere Sensibilität gibt und zum zweiten bedeutet mehr Familienfreundlichkeit auch immer einen kulturellen Wandel in den Unternehmen. Das hängt auch mit einem Generationswechsel im Management zusammen. Und deswegen brauchen wir etwas mehr Perspektiven.

    Klein: Weshalb hat sich Roland Berger jetzt entschieden, das Projekt zu unterstützen?

    Schwenker: : Das ist Teil unseres Engagements für wirtschaftliches Wachstum, was ein Kernthema für eine Strategieberatung ist. Denn wir glauben, dass gerade aufgrund der demographischen Entwicklung, die ich angesprochen habe, Familienfreundlichkeit, und zwar Familienfreundlichkeit in den Unternehmen, ein ganz entscheidender Beitrag dazu ist, dass unsere Unternehmen wieder stärker wachsen und damit auch unsere Volkswirtschaft. Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt, das ist natürlich auch für uns als Unternehmen selbst ein wichtiges Thema, auch wir müssen mehr Frauen für unsere Profession begeistern können. Und deshalb setzen wir uns nicht nur abstrakt damit auseinander, sondern ganz konkret beispielsweise auch durch eine sehr aktive Unterstützung der Hertie-Stiftung, die mit dem "Audit Familie und Beruf" hier auch Maßstäbe gesetzt hat.

    Klein: Wenn Sie sagen, das liegt im eigenen Interesse der Firmen, Unternehmen und Betriebe, sich für, ja, familienfreundliche Arbeitszeiten zum Beispiel einzusetzen, na, das ist ja schon erstaunlich, dass man bisher darauf nicht stärker geachtet hat.

    Schwenker: : Ich glaube das ganze Thema Wachstum und neues Wachstum für die Unternehmen ist ein Thema, was aus der strategischen Perspektive nach den vielen Phasen der Restrukturierung, die wir alle durchlaufen und zum Teil auch durchlitten haben, jetzt wieder höhere Bedeutung gewonnen hat. Und vor dem Hintergrund der schlichten Tatsache, dass wir aufgrund der sehr und zu geringen Geburtenrate in Deutschland in den Szenarien damit rechnen können, in einigen Jahren, und so groß sind die Zeiträume ja gar nicht - wir reden über 20/25 Jahre - vielleicht 10 bis 15 Millionen Erwerbstätige weniger haben, geht es uns einfach darum neues Potenzial zu aktivieren und darüber nachzudenken, wie kann man dieses in neues Wachstum umsetzen. Wir wissen ja eines, unsere Volkswirtschaft wird nur dann wachsen, wenn unsere Unternehmen in ihr wachsen. Und deswegen ist es zutiefst ein unternehmerisches Thema und darum steht es jetzt glaube ich auch auf der Tagesordnung.

    Klein: Wie soll das im einzelnen konkret aussehen? Was muss passieren in den Betrieben?

    Schwenker: : Also, in den Betrieben muss auf der einen Seite dieser kulturelle Wandel passieren, den ich eben schon angesprochen habe. Ich glaube mehr Familienfreundlichkeit ist in den operativen Maßnahmen gar nicht so schwer umzusetzen, ich komme gleich noch einmal darauf zurück. Die Voraussetzung dafür ist, dass es wirklich als Thema erkannt wird und dass vielleicht auch in den Führungsetagen ein wirklicher "mindchange" stattfindet, denn kulturelle Veränderung in den Unternehmen beginnt immer von oben nach unten. Das kennen wir aus vielen, vielen Jahren Erfahrung heraus. Deswegen muss daran gearbeitet werden und in den operativen Bereichen, gibt es glaube ich heute schon viele, auch viele gut erprobte - es gibt ja viele Unternehmen, die an diesem Thema arbeiten - viele gut erprobte Maßnahmen, die von mehr mobilen Arbeitsplätzen über flexiblere Arbeitszeiten bis hin zur besseren Familienbetreuung in den Unternehmen beispielsweise durch Betriebskindergärten stattfinden können.

    Klein: "Mindchange" sagen Sie, Bewusstseinswandel, ist notwendig. Und da ist ja auch die Frage, wie weit kann der durch die Gesetze erzeugt werden? Wie wollen Sie denn als Unternehmensberatung diesen Bewusstseinswandel zustande bekommen?

    Schwenker: : Ich glaube der entscheidende Punkt ist, dass in den Unternehmen selber erkannt wird, dass Familienfreundlichkeit zu besseren Ergebnissen führt. Und ich glaube das erklärt sich ganz einfach: wenn es um Wachstum geht, ist die Frage dahinter ja ganz einfach die, wie wachsen Unternehmen? Und die Antwort ist ja eine ganz einfach: nämlich durch bessere Produkte, durch höhere Produktivität und durch eine bessere Attraktivität auf ihren Märkten. Und wenn man das einmal spiegelt an der Unternehmensfreundlichkeit, Familienfreundlichkeit dann kann man glaube ich relativ einfach sagen - und vermutlich ist die Antwort auch so einfach - bessere Produkte, setzen bessere Ideen voraus und Mitarbeiter, die nicht zerrissen sind zwischen familiären Verpflichtungen oder Wünschen und beruflichen Verpflichtung sind kreativer, können mehr Zeit investieren, erzielen damit höhere Qualität. Ich glaube die Relation ist tatsächlich so einfach. Die Umsetzung ist dann etwas schwieriger und sicher auch differenzierter zu sehen. Aber der Ansatzpunkt für zufriedenere Mitarbeiterschaft, erzeuge ich bessere Ideen und höhere Qualität, ich glaube das stimmt in jedem Fall.

    Klein: Wenn Sie auf Unternehmen zugehen, haben Sie da bereits die Erfahrung gemacht, dass Sie schon auf ganz offene Ohren stoßen?

    Schwenker: : Also, ich glaube, dass viele große wie mittlere Unternehmen schon wesentlich familienfreundlicher sind, als es im Augenblick den Anschein hat. Und das bestätigen ja auch die aktuellen Umfragen, die im Zusammenhang mit diesem Vorhaben durchgeführt worden sind. Beispielsweise hat sich ja gerade rausgestellt, dass immerhin gut 40 Prozent - und ich finde das eine wirklich sehr hohe Zahl - der Mitarbeiter in diesen Befragungen sagen, dass ihre Unternehmen schon viel stärker heute über Familienfreundlichkeit nachdenken als noch vor einigen Jahren. Und immerhin die Umfrage haben wir im letzten Jahr selber mitbegleitet, sehen mehr als 70 Prozent aller Topmanager gerade Familienfreundlichkeit als wichtigen Hebel für mehr Wachstum. Das heißt, es findet schon einiges statt.

    Klein: Aber da hat sich...

    Schwenker: : Und deswegen sind die Türen für, wenn ich das so sagen darf, für diese Diskussion, auch für die Frage des kulturellen Wandels dahinter, schon sehr offen.

    Klein: Hat sich da auch für Sie als Unternehmensberater nicht auch einiges verändert? Weil in den vergangenen Jahren, hatte man eigentlich eher den Eindruck, da wird auf Effizienz gesetzt. Und Effizienz das steht im Gegensatz und im Widerspruch zu Familienfreundlichkeit.

    Schwenker: : Das mag vor einigen Jahren so gewesen sein. Ich hatte die Restrukturierung vorhin angesprochen, die ja viele Unternehmen, gerade in den letzten 10 Jahren durchlaufen haben. Wir haben immer gesagt - und das war immer Bestandteil auch unserer strategischen Beratung - dass Effizienzsteigerung unumgänglich ist, um höhere Produktivitäten zu erzielen, dass aber die unternehmerischen Perspektiven nur dann entstehen, wenn man in der Lage ist, mehr Wachstum zu erzeugen. Und ich glaube dieses mehr Wachstum in den Unternehmen, auch als explizite Unternehmensstrategie, das ist ein Element, das seit einigen Jahren wieder neu ist, wieder ganz oben auf der Agenda in den Vorstandsetagen steht, und das dieses Thema natürlich insbesondere fördert.

    Klein: Wie ist es in Ihrer eigenen Firma? Gehen Sie mit gutem Beispiel voran?

    Schwenker: : Ich denke schon, denn für uns stellt sich ja die Frage genauso wie für viele andere Unternehmen. Und das lässt sich ganz einfach erklären: 50 Prozent aller Hochschulabsolventen sind weiblich, und wenn es uns nicht gelingt mehr Frauen für uns und unsere Profession und unseren Beruf zu begeistern, gehen wir an der Hälfte des Kreativitätspotenzials vorbei. Deswegen ist das für uns schon seit langem ein Thema und deswegen haben wir bei uns viele initiativen laufen mit gutem Erfolg. Und deswegen sagen wir auch, dass wir diese Erfahrung mit anderen teilen können, um vielleicht mehr Beispiele zu finden und zu sagen, so schwer ist das gar nicht.

    Klein: Burghardt Schwenker, Vorstandsmitglied bei Roland Berger Unternehmensberatung, die unterstützt das Projekt des Bundesfamilienministeriums Erfolgsfaktor Familie in den Betrieben. Vielen Dank, Herr Schwenker!

    Schwenker: : Ich bedanke mich!