Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Unterricht
Wie Medien Schule machen können

Medienkompetenz ist ein oft benutztes Schlagwort. Aber wie lässt sie sich konkret umsetzen, zum Beispiel in der Schule? In Nordrhein-Westfalen will man das Thema fächerübergreifend angehen.

Von Doro Blome-Müller | 08.03.2018
    Auf einem Smartphone ist der Gesprächsverlauf einer Messenger-App zu sehen, dahinter ein Schulheft und Stifte.
    Smartphones sind auch aus Klassenräumen nicht mehr wegzudenken. (Revierfoto)
    Medienkunde - das ist etwas für alle Schulfächer, meint man in NRW. Und genauer gesagt sei der Begriff Medienkunde auch eher missverständlich - denn eigentlich gehe es um Medienkompetenz - sagt Ulrich Wehrhöfer, verantwortlicher Abteilungsleiter im nordrhein-westfälischen Schulministerium. Denn die digitale Welt habe sich so radikal verändert, dominiere mittlerweile so unseren Alltag, dass man nicht mehr in einzelnen Unterrichtsfächern oder Nischen denken könne.
    "Wir haben jetzt einen Medienkompetenz-Rahmen geschaffen. Und da sind 24 Teilkompetenzen für die Primarstufe, also für die Grundschule und die Sekundarstufe 1, und da steht relativ genau beschrieben, was man im Unterricht erlernen kann und soll, um dann nach der zehnten Klasse auch eine bestimmte Medienkompetenz zu besitzen", sagt Wehrhöfer.
    Hohe Ansprüche
    Die in diesem Medienkompetenzrahmen formulierten Ansprüche sind recht hoch. Denn neben reinen Anwendungskompetenzen wie Programmieren oder dem Erkennen von Algorithmen steht dort auch, dass die Schüler "die interessengeleitete Setzung und Verbreitung von Themen in Medien erkennen sowie in Bezug auf die Meinungsbildung beurteilen" können sollen. Das kann mancher Erwachsene nicht - und Schüler sollen das quasi im Vorbeigehen lernen?
    Deswegen ja das fächerübergreifende Konzept, betont Ulrich Wehrhöfer. "Sie können Aspekte von Medienkompetenz im Deutschunterricht vermitteln, Sie können das, selbstverständlich, wenn ich über Algorithmen rede in der Mathematik machen oder Informatik, das Kollegium muss nur wissen und sich verständigen, zu welcher Jahrgangsstufe und in welchem Fach soll welche Frage angesprochen werden. Das ist natürlich eine Konzeptarbeit, die stattfinden muss und dafür gibt es Fachleute, die die Schulen dazu beraten."
    Experten als Unterstützung
    180 solcher Medienberater sollen landesweit im Einsatz sein, um den Schulen unter die Arme zu greifen. In vielen Schulen sei man überdies schon längst dabei, betont Michael Kerres, Professor für Mediendidaktik und Wissensmanagement an der Uni Duisburg-Essen.
    "Wir sind mit 70 Schulen hier im Land unterwegs, wo wir in regionalen Schulnetzwerken Schulen zusammenbringen, die sich austauschen, die ihre Lösungen finden, wo sie auch gemeinsam mit den Lehrkräften nachdenken: Wie kann das im Fachunterricht gelingen? Eines ist auch klar: Es ist heute nicht mehr ein Thema der einzelnen Lehrperson, die sich entschließt, etwas zu machen, sondern wir müssen das als Aufgabe von Schulentwicklung verstehen, dass eine Schulleitung diesen Prozess auch in der Schule voranbringt."
    Souveräner Umgang mit digitalen Helfern
    Wichtig bei der aktuellen Entwicklung in Sachen Medienkompetenz sei eine Verschiebung des Fokus, meint der Wissenschaftler. Weg vom Selbstzweck der Technik im Sinne von: Wie funktioniert der Mensch möglichst reibungslos in der digitalen Welt? Hin zur Fragestellung: Wie kann der Mensch so mit der digitalen Welt umgehen, dass sie ihm nutzt und ihn nicht beherrscht?
    Befürchtungen, die Schüler könnten durch den dauernden Einsatz digitaler Medien beispielsweise noch mehr an ihren Smartphones hängen, haben weder der Wissenschaftler noch die Verantwortlichen im NRW-Schulministerium.
    Im Gegenteil, sagt Ulrich Wehrhöfer: "Wir wissen von Schulen, wo das alles schon mehr oder minder gemacht wird, dass die Reflexion über die eigene Mediennutzung steigt und damit auch Schülerinnen und Schüler beispielsweise Regeln für die eigene Schule vorschlagen, wo sie sagen: Es muss auch mal einen Zeitraum oder einen Raum geben, in dem man gar keine Medien nutzt."
    Chance statt Bedrohung
    Bis 2021 haben in NRW jetzt alle Schulen Zeit, ihre individuellen Konzepte zu entwickeln. Und der Mediendidaktiker Michael Kerres begrüßt die Entwicklung - auch wenn sie manchen etwas spät erscheinen mag.
    Aktionismus sei nicht angebracht, eher eine veränderte Haltung zu digitalen Medien. Das sei eben nicht als Bedrohung für zarte Kinderseelen zu sehen, sondern als Chance. "Ich glaube, die Digitalisierung können wir auch mit einem gewissen Elan und Begeisterung betrachten und schauen, welche neuen Wege des Lernens und Lehrens, des Schullebens insgesamt können wir vorantreiben. Es kann Impulse geben für die Schule, es kann auch das Nachdenken über die Schule als solches stark befördern und uns dabei auch helfen, die Kids fit zu machen für die Anforderungen dieses digitalen Lebens."