Symptome und Krankheiten zu googlen ist ein beliebter Volkssport – allerdings mit möglichen Nebenwirkungen. Denn nicht alles, was im Netz steht, ist auch hilfreich und vor allem korrekt - was beim Thema Gesundheit durchaus gefährlich werden kann.
Deshalb gibt es seit Herbst gesund.bund.de - eine vom Bundesgesundheitsministerium finanzierte Seite, die nach eigenen Angaben "objektive, verständliche und verlässliche" Infos unter die Leute bringen will. Dafür müssen die aber erstmal den Weg finden zu dem Angebot, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn im November, bei der Vorstellung des Projekts.
"Was nützt es Ihnen, wenn Sie die besten evidenzbasierten Informationen zusammenführen und auf ein Internetportal stellen, wenn es kein Mensch findet? Sondern alle im Zweifel bei Informationen landen, die aus welchen Gründen auch immer weniger evidenzbasiert sind. Und deswegen haben wir schlicht und ergreifend ein hohes Interesse daran, dass die Informationen, die wir bereitstellen, auf unserer Homepage, auf unserem Gesundheitsportal, auch gefunden werden können."
Einmalige Kooperation zwischen Google und Ministerium
Dafür gibt es seit drei Monaten eine bislang einmalige Kooperation zwischen einem Ministerium und Google: Wer in der Suchmaschine eine von zunächst 160 Krankheiten eingibt - zum Beispiel Grippe, Neurodermitis oder Brustkrebs - bekommt ganz weit oben in der Suche einen Info-Kasten mit Texten von der neuen Ministeriums-Seite angezeigt, inklusive Link zu gesund.bund.de.
Diese Kooperation hat das Landgericht München nun aber vorläufig untersagt. Die Zusammenarbeit störe den Wettbewerb auf dem Markt der Gesundheitsportale - und das hat nicht nur kartellrechtliche Bedeutung, sagt Gerichtssprecherin Anne-Kristin Fricke.
"In diesem Fall ist es so, dass das Kartellrecht auch zur Medien- und Meinungsvielfalt beiträgt, indem es eben solche monopolistischen Absprachen verbietet. Das heißt, wir haben hier sowohl Kartellrecht, aber letzten Endes geht es hier auch um die Erhaltung von Medien- und Meinungsvielfalt."
Traffic-Rückgang bei "NetDoktor"
Damit gibt das Gericht dem klagenden Gesundheitsportal "NetDoktor.de" Recht - einem Angebot, das zu Hubert Burda Media gehört. Laut "NetDoktor" hat die Kooperation zwischen Google und dem Ministerium schon jetzt für weniger Besuche auf der eigenen Seite gesorgt. Deshalb könnte der Schaden einer solchen Kooperation auf Dauer für alle sehr groß sein, sagt der Chefredakteur von "NetDoktor" Jens Richter.
"Bei Angeboten, die ja kostenfrei sind, ist die einzige wirklich mögliche Finanzierungsgrundlage die Refinanzierung über Werbung. Und insofern sind natürlich die privaten Medienangebote dann in ihrer Existenz unmittelbar bedroht. Und das ist auch tatsächlich messbar gewesen. Und das haben wir vor Gericht auch dargelegt. Wenn jetzt die privaten Verlage in ihrer Refinanzierung beschädigt werden, dann führt das dazu, dass nachher dem Wildwuchs in den Suchmaschinenergebnissen das Feld geöffnet ist. Und damit sinkt genau das, was man eigentlich erreichen will, nämlich die Gesundheitskompetenz zu stärken."
Das Bundesgesundheitsministerium teilt mit, das vorläufige Urteil des Landgerichts München erstmal prüfen zu wollen - und dann über weitere Schritte zu entscheiden. Ähnliches ist von Google zu hören. Bei der Kooperation sei es darum gegangen, Nutzerinnen und Nutzern den Zugang zu verlässlichen Gesundheitsinformationen zu erleichtern.
Gerichtsurteil wirft Grundsatzfragen auf
Noch ist also unklar, ob Google und das Ministerium Berufung einlegen - zumal es beim Berliner Landgericht einen ähnlichen Fall gibt. Dort ist der Wort & Bild Verlag vorstellig geworden, der unter anderem die "Apotheken Umschau" herausgibt. Und dann ist da auch noch die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein. Die Medien-Aufseher prüfen im Moment, ob die Kooperation gegen Medienrecht verstößt. Medienanstalts-Chef Thomas Fuchs findet das heutige Urteil dementsprechend interessant – und hält es für gesellschaftlich hoch relevant.
"Die Frage ist: Kann ein Unternehmen quasi alleine und ohne irgendeine Form der Rechtfertigung festlegen, welche Inhalte es für besonders wichtig hält und sie deswegen anderen Inhalten vorausstellen? Und diese Grundsatzfrage muss hier beantwortet werden. Und ich finde, das Verfahren als solches auch sehr wichtig, weil es die meinungsstarke Suchmaschinenfunktion in eine Art Legitimierungszwang bringt. Und das finde ich sehr wertvoll."
Dem Burda-Verlag ist neben der Kooperation zwischen Google und dem Gesundheitsministerium auch das Angebot an sich ein Dorn im Auge, also gesund.bund.de. Die Seite wird vom Gesundheitsministerium finanziert und herausgegeben, die Redaktion liegt bei einer externen Digitalagentur. Burda hält ein solches Angebot für rechtswidrig und prüft nun dagegen vorzugehen.