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US-Kongresswahl
Obamas Demokraten droht Niederlage

In den USA finden am Dienstag Zwischenwahlen des Kongresses statt. Die 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses und ein Drittel des Senates werden alle zwei Jahre neu gewählt. Barack Obama hat bereits jetzt schon keine gestalterische Mehrheit im Kongress– er gilt innenpolitische als eine "lame duck", eine "lahme Ente". Den letzten Umfragen zufolge könnten die Republikaner, die jetzt schon die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, auch eine knappe Mehrheit im Senat erringen.

Von Marcus Pindur | 30.10.2014
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    Ein Dritte der Kongressabgeordneten (Repräsentantenhaus und Senat) werden am Dienstag neu gewählt (dpa/picture alliance/Ron Sachs)
    Noch zu Anfang dieses Jahres gab sich Barack Obama optimistisch - es müsse ein Jahr des Handelns werden.
    "Das ist es, was die Amerikaner wollen. Wir alle müssen uns auf das Leben der Amerikaner konzentrieren. Ich glaube, dass es das ist, was die Menschen dieser Nation vereint. Egal wo sie leben, welcher Rasse sie angehören, Junge, Alte, Reiche oder Arme, sie glauben daran, dass jeder eine Chance bekommen muss."
    Republikaner wollen Gesundheitsreform abschaffen
    Doch mit der gemeinsamen Arbeit an den gesellschaftlichen Aufgaben der USA wurde es nichts. 2014 ging als das Jahr des gesetzgeberischen Stillstands in die Annalen ein. Das republikanisch dominierte Repräsentantenhaus verlangte wieder und wieder die Abschaffung der Gesundheitsreform Obamas, die demokratische Mehrheit im Senat lehnte dies immer wieder ab.
    Dauer-Duell bei republikanischer Mehrheit?
    Falls die Republikaner in der Zwischenwahl auch die Mehrheit im Senat gewinnen, was ein durchaus wahrscheinliches Szenario ist, dann wird es für die Obama-Regierung eng. Viele Demokraten befürchten, dass dann die Republikaner versuchen werden, die Gesundheitsreform, den zentralen Erfolg der Reformagenda Obamas, zu demontieren. Eine republikanische Mehrheit im Senat würde zu einer Art Dauer-Duell-Situation führen, sagt auch der politische Korrespondent des Lexington Herald-Leader, Sam Youngman.
    "Falls beide Häuser des Kongresses, Senat und Repräsentantenhaus, unter die Kontrolle der Republikaner kommen, dann wird das für die nächsten zwei Jahre eine Patt-Situation geben. Die Republikaner werden versuchen, die Reformen der Obama-Regierung zurückzurollen, und der Präsident wird sein Veto einlegen."
    Filibuster-Regel hält Senat blockiert
    Der Historiker Alan Lichtman von der American University weist dagegen darauf hin, dass aufgrund der Abstimmungsregeln im Senat die Republikaner für gesetzgeberische Initiativen eine qualifizierte Mehrheit von 60 Stimmen bräuchten – und diese sei sehr unwahrscheinlich.
    "Barack Obama ist jetzt schon legislativ gesehen eine "lame duck". Selbst wenn die Demokraten ihre jetzige Mehrheit behalten würden, bräuchten sie wegen der Filibuster-Regel 60 Stimmen, um irgendetwas zu verabschieden, sie haben aber schon jetzt nur 51 Stimmen. Also egal wie die Mehrheitsverhältnisse sich verändern, der Senat bleibt blockiert."
    Der Senat kann jedoch mit der absoluten Mehrheit von 51 Stimmen die Berufungen von Bundesrichtern annehmen oder blockieren. Diese Mehrheit können die Republikaner erreichen – und das könne weitreichende Konsequenzen haben, sagt der Historiker Alan Lichtman.
    "Bundesrichter werden auf Lebenszeit berufen. Sie fällen entscheidende Urteile über wichtige Fragen. Zum Beispiel über Bürgerrechte, Wahlkampffinanzierung, Abtreibung, die Rechte gleichgeschlechtlicher Paare. Es wird für Obama sehr schwer werden, seine Richterernennungen durch den Senat zu bekommen, wenn die Republikaner dort die Mehrheit haben."
    Es gibt Kompromissthemen
    Einige der gemäßigten Konservativen unter den Republikanern, wie zum Beispiel der Senator Bob Corker aus Tennessee, werben schon jetzt dafür, dass sich Republikaner und Demokraten im Senat auf Kompromisse einigen. Er habe dem Präsidenten gesagt, so Bob Corker, eine republikanische Mehrheit sei sogar besser für Obama. Denn dann seien beide Seiten zu Kompromissen gezwungen. Diese könnten dann im Senat erarbeitet und dann ins Repräsentantenhaus getragen werden.
    Dort müsste eine überparteiliche Mehrheit aus Republikanern und Demokraten zustande kommen – ohne die Radikalen der Tea Party und ohne den linken Flügel der Demokratischen Partei. Denkbare Kompromissthemen wären: ein Mandat für das geplante Freihandelsabkommen TTIP , ein neues Immigrationsgesetz, ein neues außenpolitisches Mandat für den Krieg gegen die Terrormiliz IS.
    Doch dies ist ein optimistisches Szenario. Die letzten Jahre haben gezeigt, wie stark die radikalen Tea Party-Anhänger den Rest der republikanischen Partei unter Druck setzen können. Die Haupterrungenschaft Obamas, die Gesundheitsreform, ist nicht unmittelbar in Gefahr. Aber langfristige Weichenstellungen, wie die Ernennung neuer Richter des Obersten Gerichtshofes, werden voraussichtlich für Obama immens schwer werden.