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US-Medien zu Trump-Putin-Gipfel
"Streit mit den Verbündeten und Umarmung eines Gegners"

Viele US-Medien sehen den geplanten Gipfel von Präsident Donald Trump mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin kritisch. Die "New York Times" erwartet "ein ebenso freundliches Treffen mit Putin" wie mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, wogegen Trump die Nato-Verbündeten in Brüssel wohl wieder kritisieren werde.

Von Martin Ganslmeier | 29.06.2018
    Das Bild zeigt den russischen Präsidenten Putin und US-Präsident Trump.
    Die Präsidenten Trump und Putin wollen sich am 16. Juli in Helsinki treffen. US-Medien kritisieren den Gipfel vor allem aufgrund der ungeklärte Frage um die russische Wahleinmischung. (dpa-Bildfunk / AP / Evan Vucci)
    Donald Trump hat aus seiner Wertschätzung für Wladimir Putin nie einen Hehl gemacht. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er sich längst unter vier Augen mit dem russischen Präsidenten getroffen. Schon im Wahlkampf hatte Trump versprochen:
    "Ich glaube, wir werden ein sehr gutes Verhältnis mit Russland haben. Und ich glaube, ich werde ein sehr gutes Verhältnis mit Putin haben."
    Dass dieses Wahlversprechen nicht in Erfüllung ging, sondern - im Gegenteil - die Beziehungen mit Russland auf einem Tiefpunkt angelangt sind, dafür macht Trump die Demokraten und Sonderermittler Robert Mueller verantwortlich. Die Ermittlungen zu möglichen Kontakten zwischen der russischen Regierung und seinem Wahlkampfteam geißelt Trump regelmäßig als "Hexenjagd".
    Empörung um russische Wahleinmischung
    Unmittelbar vor Bekanntgabe seines Gipfeltreffens mit Putin twitterte Trump: "Russland sagt weiterhin, dass sie nichts mit einer Einmischung in unsere Wahl zu tun hatten". Die Demokraten im Kongress reagierten empört:
    "Warum glauben Sie Putin mehr als Ihrem republikanisch geführten Justizministerium und dem von einem Republikaner eingesetzten republikanischen Sonderermittler?", fragte Chuck Schumer, der Minderheitsführer der Demokraten im Senat. Und der demokratische Senator Richard Blumenthal forderte, Trump müsse Putin gegenüber endlich Russlands "Attacke auf unsere Demokratie" verurteilen.
    Ein frommer Wunsch, dem Trump nicht folgen wird, ist David Sanger, der Außenpolitik-Chef der "New York Times" überzeugt. Sanger hat Trump ausführlich zur russischen Wahleinmischung interviewt. Auch wenn die Beweise hierfür eindeutig sind, so Sanger, halte sich Trump lieber an Putins Dementis als an die eigenen Geheimdiensterkenntnisse:
    "Jegliches Eingeständnis einer russischen Wahleinmischung ist für Trump sofort ein Anzweifeln der Legitimität seines Wahlsieges."
    Washington Post: Gipfel ist "gefährlich und schädlich"
    Auch die "Washington Post" erwartet deshalb wenig vom Helsinki-Gipfel: "Warum macht Trump wieder einen Kotau vor Putin?", fragt die "Post" in ihrem Leitartikel. Ein Gipfeltreffen, das nur dazu diene, Putin milde zu stimmen, ein solcher Gipfel sei "gefährlich und schädlich". Dem widersprach im Sender CNN der republikanische Abgeordnete Matt Gaetz, einer der treuesten Trump-Anhänger im Kongress:
    "Es ist doch viel wichtiger, dass wir weltweit wieder bessere Ergebnisse erzielen, zum Beispiel mehr Sicherheit in Syrien, damit es keine neuen Flüchtlingskrisen gibt, die Europa bedrohen. Das interessiert mich mehr als die Frage, ob der Präsident Putin einen Lügner nennen will."
    Passend dazu will CNN erfahren haben, Trump wolle in Helsinki einen Deal für Syrien vorschlagen: er werde die US-Truppen rasch aus Syrien abziehen, wenn Putin im Gegenzug den iranischen Einfluss in Syrien zurückdrängt. Geplant sei auch ein Neustart der nuklearen Abrüstungsverhandlungen. Auf alle Fälle ist jetzt schon spürbar, dass sich Trump mehr auf den "Starke-Männer-Gipfel" mit Putin freut als auf die Nato-Runde in Brüssel mit Merkel, Trudeau und Macron. David Sanger von der "New York Times" erwartet, dass Trump in Brüssel die Nato-Verbündeten rüffelt, mehr für Verteidigung auszugeben.
    "Und dann reist er ab zu einem ebenso freundlichen Treffen mit Putin wie er es mit Kim Jong Un hatte. Dann haben wir erneut die Optik: Streit mit den Verbündeten und Umarmung eines Gegners."
    Zumal Trump die Bilder aus Singapur deutlich besser gefielen als die aus Quebec.