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US-Notenbank
Kleine Zinssenkung und viel Ärger mit Trump

Um 0,25 Prozent hat die US-Notenbank Fed die Leitzinsen gesenkt, um damit auf zum Beispiel die Gefährdung der US-Wirtschaft durch die schwelenden Handelskonflikte abzumildern. US-Präsident Donald Trump reagiert erbost - er fürchtet um seine Wiederwahl.

Von Klemens Kindermann | 19.09.2019
Fed-Chef Jerome Powell am 19. Juni 2019 bei einer Pressekonferenz
Fed-Chef Jerome Powell begründete Zinssenkung Reaktion auf möglicherweise schlechtere Zeiten für die US-Wirtschaft (picture alliance / dpa / XinHua / Ting Shen)
Jasper Barenberg: Die US-Notenbank Fed hat die Zinsen erneut gesenkt auf ein Niveau von nunmehr 1,75 bis zwei Prozent. Warum hat sie das getan?
Klemens Kindermann: Die Zentralbank der USA will, so könnte man sagen, vorbauen. Sie will die US-Wirtschaft wetterfest machen. Denn es drohen schlechtere Zeiten für die wichtigste Volkswirtschaft der Welt. Es gibt Vorboten: sinkende Unternehmensinvestitionen, ein schwächeres Verbrauchervertrauen, zurückgehende Firmengewinne. Daher also diese zweite Leitzinssenkung in diesem Jahr.
Der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell, sieht den Grund für die Gefährdung der US-Wirtschaft ziemlich eindeutig in den schwelenden Handelskonflikten: Die Fed habe nicht die Kompetenz, in die Handelspolitik einzugreifen – sie müsse aber die Folgewirkungen für die US-Wirtschaft sehen und reagieren:
"Die Fed hat keine Rolle bei der Formulierung der Handelspolitik, aber wir nehmen alles in den Blick, wo sich Effekte auf die Wirtschaft zeigen können."
Barenberg: Einer, der wahrscheinlich nicht zufrieden sein wird mit der Zinsentscheidung, ist US-Präsident Donald Trump?
Kindermann: Ja, er hat die Währungshüter schon im Vorfeld beschimpft, sie seien "ahnungslos" und "Dummköpfe". Heute Nacht warf er Powell dann Versagen vor. Das Motiv Trumps ist ziemlich klar: Er will, dass die Notenbank die Zinsen jetzt schnell senkt, damit die Wirtschaft nicht einbricht und damit seine Wiederwahl als Präsident nächstes Jahr nicht gefährdet ist. Denn eine Gesetzmäßigkeit gilt in den USA auf jeden Fall und die kennt auch Trump: Noch nie ist ein Präsident wiedergewählt worden, unter dem die USA in eine Rezession geraten ist.
Barenberg: Wäre es denn so schlimm, wenn die Zinsen in den USA schneller sinken?
Kindermann: Ja, das wäre wahrscheinlich ziemlich unbesonnen. In den 70er-Jahren hat schon einmal ein US-Präsident – es war damals Richard Nixon - den damaligen Fed-Chef Arthur Burns überredet, die Zinsen zu senken, um die eigene Wiederwahl zu sichern. Das Ergebnis: zweistellige Inflationsraten. Also: Die Politik ist ein schlechter Ratgeber für Zentralbanken. Die sollten sich nur dem wirtschaftlichen Wohl des Landes und stabilen Preisen verpflichtet fühlen, oder wie es Notenbank-Chef Powell gestern ziemlich klar formulierte:
"Meine Kollegen bei der Fed und ich sind bestimmt dazu, dem amerikanischen Volk zu dienen."
Also: Die Notenbank ist dem Volk verpflichtet und nicht – das sagt Powell nicht, meint er aber - dem US-Präsidenten.
Barenberg: Die Angriffe auf die Förderanlagen in Saudi-Arabien haben den Ölpreis in die Höhe getrieben. Könnte das nun eine zusätzliche Gefahr für die Weltwirtschaft und dann auch für die USA sein?
Kindermann: Zunächst einmal ist ein höherer Ölpreis keine direkte Gefahr für die USA als Konsument. Weil die USA inzwischen selbst der größte Produzent der Welt sind, dank des Frackings von Schieferöl. Worunter aber auch die USA leiden können, ist ein weltweiter Wirtschaftsabschwung, wenn das Öl global teurer wird.
Eine neue Studie der wichtigen National Association for Business Economics kommt zu dem Ergebnis, dass der nächste Einbruch spätestens im Jahr 2021 kommt – dann allerdings ist der nächste US-Präsident voraussichtlich schon im Amt.