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US-Regierung
Neuer Umgang bei Geiselnahmen

Immer wieder werden Amerikaner von islamistischen Terroristen als Geiseln genommen. Die US-Regierung hat sich bisher strikt geweigert, für diese Geiseln Lösegeld zu zahlen. Dabei soll es grundsätzlich auch bleiben. Befreiungsbemühungen der Familien - sprich: auch Lösegeldzahlungen - will man sich aber nicht mehr in den Weg stellen.

Von Marcus Pindur |
    US-Präsident Barack Obama hat Änderungen bei der US-Geisel-Politik angekündigt.
    US-Präsident Barack Obama hat Änderungen bei der US-Geisel-Politik angekündigt. (dpa / picture alliance / Jim Lo Scalzo)
    Es sei ein schwieriges und emotionales Thema, meinte Obama, als er vor einigen Familien amerikanischer Geiseln seine neue Politik erklärte. All zu oft seien die Familien unzureichend über diplomatische Schritte oder militärische Befreiungsaktionen informiert worden. Manche Familien wurden mit strafrechtlichen Konsequenzen bedroht, weil sie in Erwägung zogen, Lösegeld zu zahlen.
    Zu strafrechtlichen Schritten sei es zwar nie gekommen, sagte Obama, aber staatliche Stellen dürften nicht auf diese Art und Weise den Schmerz der Familien noch verschlimmern.
    Sechs Monate lang hat die Obama-Administration ihre Politik in Bezug auf Geiselnahmen überarbeitet. Darin sind auch die Erfahrungen der Familien eingeflossen, die sich immer wieder beim Präsidenten über inkompetente oder arrogante Bürokraten beschwert haben.
    "Oft haben sich die Familien von der Bürokratie verlassen gefühlt, manchmal wurden Sie sogar bedroht, wenn sie bestimmte Optionen in Betracht zogen."
    Dies sei völlig unakzeptabel, erklärte Obama weiter. Bei den Optionen bezog sich der Präsident auf die Zahlung von Lösegeld. Im Klartext: Das Justizministerium will privaten Lösegeldzahlungen in Zukunft nicht mehr im Wege stehen.
    Die Obama-Administration will den Familien sogar bei der Aufnahme von Kommunikation mit den Geiselnehmern zur Seite stehen, erklärte Obama. Darüber hinaus soll es in Zukunft eine zentrale Anlaufstelle beim FBI geben.
    Beim Kern der amerikanischen Politik wird es bleiben: Keine staatliche Zahlung von Lösegeldern. Er habe persönlich großes Verständnis für die Familien amerikanischer Geiseln. Aber als Präsident könne er dies nicht zum Maßstab seiner Politik machen.
    "Ich muss unsere Nationale Sicherheit als Ganzes im Blick haben. Wenn wir als amerikanische Regierung Lösegeld zahlen würden, dann würden wir mehr Amerikaner dem Risiko der Geiselnahme aussetzen. Und wir würden den Terrorismus finanzieren, den wir eigentlich bekämpfen wollen."
    Die westlichen Staaten gehen sehr unterschiedlich mit dem Thema um. Großbritannien und Kanada bezahlen ebenfalls keine Lösegelder. Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien haben es in der Vergangenheit getan - wenn auch nie offiziell bestätigt. Bis zu 200 Millionen Dollar sind so nach Schätzungen der amerikanischen Regierung in den letzten zehn Jahren an Geiselnehmer gegangen.
    Seit 2001 wurden 80 Amerikaner im Ausland entführt
    Der "New York Times"-Journalist David Rohde war selbst Opfer einer Geiselnahme der Taliban in Afghanistan. Er bezweifelt, dass die Politik der amerikanischen Regierung so oder so Einfluss auf die Erwägungen von Geiselnehmern hat.
    "Die Entführung eines Amerikaners hat einen großen Publicity-Wert. Deshalb werden auch in Zukunft Geiseln genommen werden. Das sind alles positive Schritte, die der Präsident vorschlägt, aber solange wir uns nicht mit den Europäern koordinieren, macht es keinen großen Unterschied."
    Seit den Anschlägen des 11. Septembers 2001 sind 80 Amerikaner im Ausland entführt worden – die Hälfte konnte in die USA zurückkehren. Besonders die Terrormiliz des sogenannten Islamischen Staates hatte immer wieder mit grausamen Geiselermordungen die Öffentlichkeit gesucht. Derzeit sind nach Angaben des Weißen Hauses noch 30 Amerikaner im Ausland in Geiselhaft.