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US-Strafzölle
"Wir brauchen freien und fairen Handel über den Atlantik"

Am Abend könnte Donald Trump die geplanten US-Zölle auf Stahl- und Aluminium-Importe unterzeichnen. Aus deutscher Sicht sei das Wettbewerbsbeschränkung und auch ein Markt-Eingriff, sagte American-Chamber-Präsident Bernhard Mattes im Dlf. Es sei aber überdenkenswert, ob man wirklich in eine Eskalation der Zölle und Gegenzölle eintreten wolle.

Bernhard Mattes im Gespräch mit Klemens Kindermann | 08.03.2018
    Es sei aber überdenkenswert, ob man wirklich in eine Eskalation der Zölle und Gegenzölle eintreten will.
    Ein Handelskrieg schadet allen Beteiligten in allen Märkten (dpa/picture alliance/Marijan Murat)
    Klemens Kindermann: Zunächst aber zur Verhängung der US-Zölle auf Stahl- und Aluminium-Importe. Es wird damit gerechnet, dass US-Präsident Trump noch heute Abend gegen 21:30 Uhr unserer Zeit eine entsprechende Proklamation unterzeichnen wird. Wir können jetzt darüber sprechen mit Bernhard Mattes, Präsident der amerikanischen Handelskammer in Deutschland, der American Chamber of Commerce in Germany. Herr Mattes, welche Folgen haben die US-Zölle auf Stahl- und Aluminium-Importe, so sie denn kommen, für die deutsche und die US-Wirtschaft?
    Bernhard Mattes: Erst mal einen schönen guten Tag, Herr Kindermann. – Für die deutsche Wirtschaft kann man ganz klar sagen: Der Marktzugang zum amerikanischen Markt würde durch Zölle erschwert werden. Die Wettbewerbsfähigkeit für die Stahl- und Aluminium-Anbieter aus Deutschland in den USA würde geschwächt. Stahl und Alu, da ist Deutschland der wichtigste europäische Anbieter auf dem US-Markt, also eine klare Wettbewerbsbeschränkung und auch ein Eingriff.
    Für die US-Wirtschaft muss man sehen, dass die Stahl verarbeitende Industrie gegebenenfalls mit höheren Preisen aufgrund der Zölle rechnen muss und damit wiederum auch den Verbraucherpreisen einen Schub verleihen würde, was sicherlich der Konjunktur in den USA nicht gut tut. Dazu muss man sagen, in dieser Stahl und Aluminium verarbeitenden Industrie arbeiten sechseinhalb Millionen Menschen, und das ist ungefähr bei Produktion und Arbeitsplätzen das 40 bis 50fache der reinen Stahlerzeuger. Das heißt, das ist eine riesengroße Branche, die hier betroffen wird.
    "Der transatlantische Handel mit Automobilen hat große Tradition"
    Kindermann: Herr Mattes, wir sprechen mit Ihnen als Präsident der amerikanischen Handelskammer. Sie waren aber auch lange Deutschland-Chef des Autobauers Ford, sind jetzt Präsident des Verbands der Automobilindustrie. Daher auch die Frage: Wie bedrohlich wären US-Zölle auf Autoimporte für die deutschen Autobauer?
    Mattes: Natürlich hätten sie einen Einfluss. Davon muss man ausgehen. Denn der transatlantische Handel mit Automobilen, insbesondere mit deutschen Automobilen ist stark, hat eine große Tradition. Die deutschen Autobauer haben heftig investiert in den USA. Sie produzieren in den USA 800.000 Fahrzeuge im Jahr, deutlich mehr als wir aus Deutschland in die USA importieren. Das sind rund 490.000. Wir exportieren sogar aus den USA in 120 Länder, also eine wirklich globale Wirtschaft, die sich hier aufgetan hat mit dem Standort USA. Das könnte einen Einfluss haben auf insbesondere natürlich die Preise auch der Fahrzeuge. Allerdings muss man sagen, wir bieten primär oder sehr viel im Premiumsegment an, und hier werden unsere Hersteller über die Qualität, die Güte unserer Produkte weiter punkten werden.
    Kindermann: Jetzt hat ja die EU gestern Gegenzölle angekündigt. Ist das klug?
    Mattes: Ich halte es zumindest für überdenkenswert, ob man wirklich in eine Eskalation der Zölle und Gegenzölle eintreten will. Ich kann verstehen, dass die Kommission ihre Position erst mal deutlich machen wollte, dass sie das nicht einfach hinnimmt. Ich halte aber die Kommunikation, die Diskussion über einen freien und fairen Handel ohne oder mit geringen Zöllen für deutlich wirksamer und wichtiger. Ich kann aber verstehen, dass die Kommission hier erst mal einen Punkt machen wollte.
    Kindermann: Sie haben das Wort Eskalation ja schon genannt. Ist die Sorge vor einer Eskalationsspirale, die dann in einen Handelskrieg münden könnte, gerechtfertigt?
    Mattes: Die ist gerechtfertigt und das sehen wir auch, wenn wir unsere Mitgliedsunternehmen kürzlich erst befragt haben genau dazu. Sie befürchten schon, dass das auch in diese Richtung gehen könnte, und zwar deutsche wie amerikanische Unternehmen. Das müssen wir vermeiden. Ein Handelskrieg schadet allen Beteiligten in allen Märkten. Das ist keine Option. Im Gegenteil! Wir brauchen freien und fairen Handel.
    Trump und das NAFTA-Abkommen
    Kindermann: Heute hat sich herauskristallisiert, dass Kanada und Mexiko offenbar vorerst von den Zöllen ausgenommen werden sollen. Geht es vielleicht bei den Strafzöllen in Wirklichkeit um die Zukunft des NAFTA-Abkommens, der Freihandelszone mit Kanada und Mexiko?
    Mattes: Das hat für mich den Anschein, dass Präsident Trump hier versucht, einen Deal zu machen, indem er den Kanadiern und den Mexikanern das Angebot macht, bei den Strafzöllen sie auszunehmen, dafür aber sicherlich das eine oder andere für ein zukünftiges NAFTA-Abkommen verlangen wird. Ich kann nur sagen, NAFTA, der Raum, Mexiko, Kanada, Nordamerika, ist ein ganz wichtiger Wirtschaftsraum, und wenn es zum Erhalt von NAFTA und auch diesem Wirtschaftsraum kommt, ist das sicherlich generell gut. Was der Preis dafür ist, das muss man abwägen, ob das der richtige ist.
    Kindermann: Jetzt gibt es ja dennoch diese aktuellen gegenseitigen Drohgebärden. Wie ist denn da Ihre Einschätzung? Werden die mittel- und langfristig für die transatlantischen Handelsbeziehungen Folgen haben?
    Mattes: Diese Drohgebärden und gerade noch eine Eskalation, die zu vermeiden ist, aber wenn sie eintritt, schadet natürlich dem transatlantischen Handel und auch dieser Beziehung, die Jahrzehnte stark war. Sie hat Grundfeste und Grundwerte, die werden auch weiter bleiben. Da bin ich ganz fest überzeugt. Aber natürlich hat sie erst mal einen negativen Einfluss. Die transatlantischen Beziehungen haben in der Vergangenheit große Stürme ausgehalten. Trotzdem bin ich der Meinung, der jetzt heraufdrohende Sturm sollte vermieden werden. Wir brauchen freien und fairen Handel über den Atlantik.
    Kindermann: Bernhard Mattes, Präsident der amerikanischen Handelskammer in Deutschland. Vielen Dank für das Gespräch.
    Mattes: Gerne, Herr Kindermann.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.