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US-Waffenpolitik
Obamas Plan gegen zu viele Tote

Im Endspurt seiner Präsidentschaft will US-Präsident Barack Obama ein schärferes Waffenrecht durchsetzen. Mehr Kontrollen beim Verkauf von Waffen, weniger potenzielle Kunden und Geld für Gewaltprävention. Doch der Widerstand von Republikanern und Waffenlobby ist ihm sicher.

Von Thilo Kößler | 06.01.2016
    Eine Colt45-Handfeuerwaffe
    Wer sich in den USA eine Waffe im Netz bestellt, soll künftig genauer unter die Lupe genommen werden (afp / LIONEL BONAVENTURE)
    Fort Hood, Old Creek, Newtown, Santa Barbara, San Berhardino: Barack Obama zählte die Orte auf, die nach blutigen Schiessereien für das Amerika der Gewalt stehen. Und er sagte: Das sind zu viele.
    30.000 Menschen werden Jahr für Jahr in den USA erschossen: Kein anderes fortschrittliches Land der Welt habe eine derartige Gewaltbilanz vorzuweisen wie die Vereinigten Staaten von Amerika, sagte Barack Obama. Aber statt sich um dieses Problem zu kümmern, blockiere sich das Land im Parteienstreit.
    Tatsächlich hat Präsident Obama mehrere Versuche unternommen, um die Waffengesetze auf parlamentarischem Wege und im politischen Konsens zu ändern. Zuletzt im Jahr 2013 nach dem blutigen Massaker an 20 Schulkindern in Newtown. Doch die Republikaner brachten die Initiative im Kongress zu Fall – die mächtige Waffenlobby hatte sich durchgesetzt: Sie kann vielleicht den Kongress in Geiselhaft nehmen, sagte Obama, aber nicht ganz Amerika: Wir werden das Blutvergießen in unseren Städten nicht mehr tolerieren.
    Barack Obama will Wort halten – seine Pläne setzen da an, wo ihm die bestehenden Gesetze Möglichkeiten dazu lassen: Bei den Händlern und bei ihren Kunden. Auch die Online- und Freizeithändler auf Waffenshows sollen künftig stärker kontrolliert werden und eine Lizenz vorweisen können.
    Gang vors Gericht ist programmiert
    Auch die Kunden, die sich ihre Waffen zum Beispiel im Internet besorgen, sollen künftig genauer unter die Lupe genommen werden – in sogenannten Background-Checks, wie bei den offiziellen Händlern auch. Obama will zudem 500 Millionen Dollar für Gewaltprävention bereitstellen – für psychisch Gefährdete und Kranke, die bereits wegen ihrer Affinität zu Waffen auffällig wurden.
    Obama weiß, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen werden, um das Gewaltproblem der USA wirklich an der Wurzel zu packen. Aber er sagte: Schon das Bemühen, einen einzigen Gewaltakt zu verhindern und damit Menschen zu schützen, ist jeden Versuch wert. Den Waffenlobbyisten, die sich immer auf die vermeintlichen Freiheitsrechte souveräner Bürger berufen, hielt er die Menschenrechte entgegen: das Recht auf freie Religionsausübung etwa, das den getöteten Christen in Charleston verweigert worden sei, den getöteten Juden in Kansas City und den getöteten Muslimen in Old Creek.
    Barack Obama appellierte an die politische Verantwortung des Kongresses und die Notwendigkeit, sich gemeinsam um schärfere Waffengesetze zu kümmern. Das stößt – wie zu erwarten – nicht auf Gegenliebe: Die führenden Präsidentschaftsbewerber der Republikaner etwa kündigten bereits ihren Widerstand gegen Obamas Waffeninitiative an und wollen sie vor Gerichten anfechten.