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US-Wahlkampf
Kampagnen nehmen neue Richtung

Hillary Clinton hat nun im Rahmen der FBI-Ermittlungen ihren privaten Email-Server dem US-Justizministerium übergeben. Die Email-Affäre hält ihre Kampagne weiter in Atem - in einem Wahlkampf, der wegen Clintons Konkurrenten im Moment ohnehin eine erstaunliche Richtung nimmt.

13.08.2015
    Hillary Clinton während ihrer Teilnahme bei einer Diskussionsveranstaltung im März 2015
    Die Email-Affäre hält Hillary Clintons Kampagne weiter in Atem. (AFP / Nicols Kamm)
    Monate lang hatten die Republikaner die Herausgabe des Servers verlangt - und Clinton dies stets abgelehnt. Im März sah die Welt für sie jedenfalls noch anders aus: "Der Server enthält private Kommunikation von mir und meinem Mann. Der Server bleibt privat."
    Hillary Clinton auf einer Pressekonferenz in New York bei den Vereinten Nationen, während der sie sich erstmals zur Email-Affäre äußerte. Die Verteidigungsstrategie lautete seither: Nie zuvor hat irgendein Amtsinhaber alle Mails dem jeweiligen Ministerium übergeben.
    Immerhin mehr als 30.000 Stück, so wird stets vorgerechnet. Die Hälfte aller Emails, die sie während ihrer Amtszeit empfangen oder gesendet hat. Die entscheidende Information wird in der Regel jedoch von ihren Strategen jeweils nicht dazu gesagt: Es war Hillary Clinton allein, die – zusammen mit ihren Anwälten – entschieden hat, welche Emails privat waren. Die anderen 30.000 nämlich. Tenor: Da müsse das Volk da draußen ihr schon vertrauen!
    "Das ist der Clinton-Stil"
    Ihre Kampagne hat den Effekt womöglich unterschätzt. Larry Sabato, Politikwissenschaftler an der Universität Virginia:
    "Es sieht hinterlistig aus, und wer schon eine Weile im Geschäft ist und sich an die 90er-Jahre erinnert, weiß: Das ist der Clinton-Stil! Sie geben immer nur soviel Preis, wie es gerade sein muss, hoffen, dass der Sturm vorbeigeht und dann sickert immer mehr durch, verlängert den Skandal und vermehrt ihre Probleme."
    57 Prozent hielten Clinton Ende Juli laut einer Umfrage für nicht vertrauenswürdig. Etwa die Zahl, auf die auch Donald Trump kommt.
    Von einem Zweikampf Bush-Clinton ist jedenfalls weit und breit nichts zu sehen. Im frühen Vorwahlkampf stiehlt Bernie Sanders ihr die Show, jener Außenseiter mit - für amerikanische Verhältnisse - fast sozialistischen Einstellungen. Er zieht ein Vielfaches an Anhängern in seine Veranstaltungen. In einem der wichtigsten ersten Vorwahlstaaten, in New Hampshire, führt Sanders mit 44 Prozent laut neuester Umfrage. Clinton liegt sieben Punkte hinter ihm, in Iowa führt sie allerdings deutlich mit 50 Prozent.
    Sanders und Trump - ein ähnliches Phänomen?
    Und auf der anderen Seite? Jeb Bush, der Bruder und Sohn von zwei Präsidenten, liegt in den Umfragen in Iowa weit hinten bei gerade einmal fünf Prozent . Donald Trump führt ungebrochen die Schar der republikanischen Kandidaten. Bernie Sanders, Donald Trump - ein ähnliches Phänomen?
    Roger Stone hat soeben als Topberater die Trump-Kampagne verlassen. Er sieht Parallelen, wenn auch mit umgekehrten politischen Vorzeichen:
    "Beide sind Außenseiter, beide kommen nicht aus dem politischen Establishment. Clinton und Bush sind politisch identisch, sie klingen unterschiedlich, aber die gleiche Wut und der Ärger der Wähler, der Trump nach oben spült, nützt auch Bernie Sanders. Sie sind beide Populisten am entgegengesetzten Ende des politischen Spektrums."
    Hier der Sozialist, dort der Milliardär. Beide Parteien werden im Augenblick durcheinander geschüttelt. Die Außenseiter, die Underdogs, sind in dieser Saison wieder ausgesprochen gefragt.