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US-Wahlkampf
"Trump verkörpert American Dream"

Der US-Multimilliardär Donald Trump werde den Vorwahlkampf der Republikaner mit seiner Präsidentschaftskandidatur "kräftig aufmischen", sagte der Politologe Christian Hacke im DLF. Man müsse ihn aus amerikanischer Sicht sehen, aus der er auch Vorzüge verkörpere.

Christian Hacke im Gespräch mit Thielko Grieß | 08.08.2015
    Der US-Unternehmer Donald Trump hält bei einer TV-Debatte der republikanischen Spitzenkandidaten für die Präsidentschaftskandidatur den Daumen hoch.
    Der US-Multimilliardär tritt im Vorwahlkampf der Republikaner für das Weiße Haus an (AFP / Mandel Ngan)
    Thielko Grieß: In New York steht ein Trump-Tower, nicht allein nur dort, sondern zum Beispiel auch in Chicago, in anderen Städten gibt es weitere, die alle eint, dass sie einen Investor und Bauherren haben, der Donald Trump heißt: der blonde 69-jährige ohne Blatt vorm Mund, der Präsident der Vereinigten Staaten werden will. Was ihn antreibt, was er will, das ist nicht so einfach zu ermessen wie die Trump-Towers. Also schauen wir genau hin, wie er sich gibt: gestern zum Beispiel bei einer Fernsehdiskussion in den Vereinigten Staaten, gemeinsam mit neun weiteren Kandidaten-Kandidaten der US-Republikaner.
    Am Telefon des Deutschlandfunks ist Christian Hacke, Politikwissenschaftler, USA-Kenner, ehemals an der Universität in Bonn. Schönen guten Abend.
    Christian Hacke: Seien Sie gegrüßt!
    Grieß: Ein Self-Made man mit einer eigenartigen Frisur und Hang zu Brachial-Kommentaren. Reicht das schon, um Faszination auszuüben?
    Hacke: Ja wir müssen das abwarten. Aber ich würde sagen, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, könnte man fast satirisch sagen, wäre auch ein Präsidentschaftskandidat oder vielleicht auch ein Präsident Donald Trump möglich. Wer weiß ...
    Grieß: Hielten Sie das für eine, sagen wir mal, weltpolitisch angemessene Lösung?
    Hacke: Ich fände es ein bisschen gruselig, offen gestanden, aber das sind unsere europäischen Maßstäbe. Wir dürfen nicht vergessen, dass er natürlich jetzt erst mal den amerikanischen Vorwahlkampf, wie das intern unter den Republikanern geht, kräftig aufmischt. Aber dann darf man auch nicht unterschätzen, dass neben dem Krawall und neben den Attitüden, die Sie genannt haben und die nicht besonders sympathisch sind, er aber auch natürlich eine Reihe von Vorzügen aufzuweisen hat aus amerikanischer Sicht. Das darf man nicht unterschätzen.
    Sympathisch für rechtsradikale Kreise
    Grieß: Die interessieren mich natürlich jetzt, die Vorzüge. Welche sehen Sie denn da?
    Hacke: Ich glaube erst mal - Vorzüge ist jetzt eine andere Frage -, das sind auf jeden Fall Punkte, die ihn interessant machen. In einem sehr, sagen wir mal, doch polarisierten Klima der amerikanischen Politik polarisiert er weiter. Das macht ihn sympathisch für rechtsradikale Kreise, für die Tea Party Leute. Das ist natürlich beunruhigend, aber das würde im Zuge der nächsten Entwicklung oder könnte seine Attraktivität in der republikanischen Partei steigern.
    Der nächste Punkt ist, dass diese Partei relativ desolat ist und er im Moment auch ziemlich machen kann was er will. Und nicht zuletzt dürfen Sie nicht vergessen, dass er den American Dream natürlich auch immer noch verkörpert, wenn auch auf eine Weise, wie wir ihn uns nicht wünschen, nämlich dass doch ein sehr hemdsärmeliger, robuster Kapitalist, der sich nach oben geboxt hat - sein Vater war auch schon Millionär - ja doch immer noch etwas personifiziert, dass einer sich nach oben arbeiten kann und dann zu Reichtum kommen kann und diese Glitzerwelt beherrscht. Er ist ja auch ein Medienphänomen, das dürfen Sie nicht vergessen, auch erfahren, und das weiß er zu spielen.
    Unter den Neureichen nicht populär
    Grieß: Auch deshalb sprechen wir natürlich über ihn. Aber Sie haben es gesagt: Ein Multimilliardär. Auf die erste Million folgte dann die erste Milliarde, dann folgten noch einige weitere und man könnte sagen, danach folgte dann die Arroganz. Glauben Sie nicht auch, dass das selbst in den Vereinigten Staaten ihm dann irgendwann mal auf die Füße fallen könnte?
    Hacke: Das könnte sein. Er ist auch selbst unter den Reichen als Neureicher nicht unbedingt populär. Das darf man nicht vergessen. Da ist er ein Außenseiter. Aber wer weiß, wie das sich weiter entwickelt. Natürlich mag er auf viele faszinierend wirken, aber ich denke, dass auf lange Sicht oder auch mittlere Sicht doch dieses erratische Moment bei ihm, das Unberechenbare, schön könnte man sagen das Rebellische, aber insgesamt doch mehr abstößt als anzieht. Und als Person ist er, muss man doch mal sagen, eine Personifizierung von purem Egoismus, auch Hedonismus, ohne Gefühl, sagen wir mal, für das soziale Ganze.
    Er polarisiert, ist kein Mann des Kompromisses, sondern der großen Sprüche. Das bringt ihm alles zwar im Moment enorme Publizität und vielleicht auch Aufmerksamkeit, aber ich glaube nicht, dass es langt, oder ich hoffe, dass es nicht langt, dass er von den Republikanern der Präsidentschaftskandidat wird. Da gibt es andere Schwergewichtigere.
    Trump ist bunt geschecktes Phänomen
    Grieß: Nun haben Sie allerdings die Verfassung der Partei vorhin in einem Nebensatz als desolat beschrieben. Da hatte ich vermutet, Sie meinten damit auch die Konkurrenz unter den Kandidaten für den Kandidaten.
    Hacke: Die Konkurrenz, wenn man sie sich anschaut, ist ein bisschen natürlich ihm gegenüber konventionell aufgestellt, sagen wir mal. Oder wir können es politisch ausdrücken und sagen, sie sind sachlich. Ich meine, er ist schon ein bunt geschecktes Phänomen, aber auf der anderen Seite kommen doch Männer, denke ich, die ernst zu nehmen sind, wie Jeb Bush eher in Frage. Der ist ein bisschen farblos bisher gewesen. Dann haben wir einen Mann, den Scott Walker, den Gouverneur von Wisconsin. Das ist ein relativ junger unverbrauchter Mann, der sich sehr populär gemacht hat dort im Staate Wisconsin und der die politische Mitte in der republikanischen Partei repräsentiert und der sein Idol von Ronald Reagan natürlich auch immer vor sich herträgt. Das ist ein Mann, auf den ich setzen würde, und dann sind natürlich noch die beiden anderen, Ted Cruz, der Senator aus Texas, und Marco Rubio, der Senator aus Florida. Ich denke, diese vier werden die entscheidenden Leute sein, aber erst mal mischt Trump natürlich so ein bisschen die Sache munter auf.
    Grieß: Diese Show, die wir da wahrnehmen in den Vereinigten Staaten, ist das etwas, was dem demokratischen Prozess tatsächlich nützt?
    Hacke: Ich glaube nicht. Aber wir dürfen eins nicht vergessen, und das ist ganz wichtig: Unsere europäischen oder deutschen Maßstäbe mögen natürlich kritisch sein, aber Amerika ist anders. Ich hätte beinahe salopp gesagt, Amerikaner sehen zwar aus wie wir, aber sie sind anders und sind politisch anders und gesellschaftspolitisch anders, und das ist nicht besser oder schlechter, aber in diesem Umfeld, selbst dort wird natürlich ein Mann wie Trump kritisch gesehen. Aber er hat mehr Popularität und dürfte nicht so satirisch gesehen werden wie bei uns. Das dürfen wir nicht vergessen.
    Entscheidend ist die Antwort der Demokraten
    Grieß: Herr Hacke, Sie beobachten diesen Wahlkampf ja nicht als ersten Wahlkampf. Sie haben viele Wahlkämpfe hinter sich als politischer Beobachter. Haben Sie so etwas, so eine Polarisierung, solche Figuren schon einmal wahrgenommen?
    Hacke: In dieser krassen Form? - Ich überlege. - Es gab natürlich immer über die Jahre schon Polarisierung und wir haben vor allem Polarisierung auch in der republikanischen Partei. Aber in dieser krassen Form, da müsste ich schon sehr weit zurückdenken. Aber es mag es gegeben haben.
    Aber das andere, was mir ebenso wichtig erscheint, ist, dass wir jetzt sehen, dass bisher die republikanische Partei zusammengehalten wurde durch das Feindbild Obama. Sie haben ihn ja auch politisch lahmgelegt in diesen acht Jahren. Und jetzt, wo Obama sozusagen in den Hintergrund tritt, wird natürlich ganz entscheidend, was für ein Kandidat auf der demokratischen Seite auftaucht, und da wird man vermutlich mit so einem schrillen Kandidaten, wie Donald Trump das ist, selbst wenn er sich moderat verändern sollte, wohl kaum rechnen, denke ich.
    Grieß: Der Politikwissenschaftler Christian Hacke bei uns im Deutschlandfunk. Danke schön für Ihre Einschätzungen und das Gespräch.
    Hacke: Ich danke Ihnen auch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.