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US-Wahlkampf zwischen Fakten und Fiktion

Barack Obama und Mitt Romney kämpfen um das Präsidentschaftsamt. In Reden, Debatten und Werbespots greifen sie auch zu Halbwahrheiten und Übertreibungen. Diese zu entdecken und bloßzustellen ist ein eigener Beruf geworden - der Fact-Checker.

Von Kerstin Zilm |
    Kaum war die erste TV-Debatte zwischen US-Präsident Barack Obama und seinem republikanischen Herausforderer Mitt Romney beendet, starteten auf allen Kanälen Fact-Checking-Analysen: Wo haben die Kandidaten übertrieben, Tatsachen verdreht, Halbwahrheiten verbreitet oder schlicht gelogen:

    Die Faktenanalysen der Politikkorrespondenten basieren oft auf der Arbeit professioneller Prüfer. Drei Quellen haben sich in den USA etabliert: "Factcheck", eine von gemeinnützigen Stiftungen finanzierte Organisation; Journalist Bill Adairs "PolitiFact", das mit einem Truth-O-Meter Äußerungen auf einer Skala bewertet: von "wahr" bis brennenden "pants on fire" - auf Deutsch etwa "beim Lügen ertappt" und der "Fact-Checker"-Blog von Glenn Kessler. Der Redakteur der "Washington Post" vergibt je nach Grad der Faktenverdrehung bis zu vier langnasige Pinocchios. Kessler startete seinen Fakten-Blog nach der US-Invasion in Irak mit dem beklemmenden Gefühl, Behauptungen der Bush-Regierung über Massenvernichtungswaffen zu wenig hinterfragt zu haben.

    "Ich war frustriert darüber, dass ich als politischer Korrespondent weder Zeit noch Platz hatte, Dinge, die gesagt wurden, auf Herz und Nieren zu prüfen. Mit diesen Fact-Checking-Kolumnen kann ich mir eine bestimmte Äußerungen genau vornehmen und nachbohren, was daran wahr ist."

    Fact-Checker twittern Analysen live während Debatten und leiten weiter zu Hintergrundartikeln über dazu gehörende Politikfelder. Ausführlichere Urteile liefern sie mit etwas Abstand zum Ereignis. Die Bewertungen nach dem Streitgespräch zwischen Obama und Romney waren wenig schmeichelhaft für beide Kandidaten. Laut Fact-Checkern war es gespickt mit Halbwahrheiten, Übertreibungen und falschen Behauptungen. Beispiel Steuerpolitik.

    Obamas Äußerung, Mitt Romney wolle fünf Billionen an Steuern kürzen ist eine Halbwahrheit, waren sich die Fact-Checker einig, genauso wie Romneys Behauptung Obama werde über 700 Milliarden vom Gesundheitsprogramm für Arme streichen. Romneys Warnung, unter Obama werde eine Kommission bestimmen, wer welche ärztlichen Behandlungen bekommt, sei größtenteils falsch; seine Behauptung 42 Prozent des Bruttosozialproduktes werde für Regierungsprogramme ausgegeben dagegen größtenteils richtig. Fact-Checker Glenn Kessler von der "Washington Post":

    "Ich habe gelernt, dass es keinen wirklichen Unterschied zwischen Demokraten und Republikanern gibt: Wenn es ihrem Ziel dient, sind alle bereit, die Wahrheit zu verdrehen, um zu punkten."

    Obwohl sich nur ein Bruchteil der Fernsehzuschauer die Hintergrundinformationen der Fact-Checker anschaut, zeigt die Arbeit der Fakten-Prüfer aus seiner Sicht Wirkung.

    "Kongressabgeordnete haben mir gesagt, dass sie vorsichtiger sind, mit dem was sie sagen und wie sie es sagen. So tragen wir ein wenig zu mehr Aufrichtigkeit in der politischen Diskussion bei."

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