Sonntag, 05. Mai 2024

Archiv

USA
Diskussion um angemessene Reaktion auf Warmbiers Tod

In den USA zweifelt niemand daran, dass Nordkorea den Tod des US-Studenten Otto Warmbier verschuldet hat. Der 22-Jährige war am Montag gestorben, nachdem er bereits über ein Jahr im Wachkoma lag. Nun wächst der Druck auf US-Präsident Donald Trump, Nordkorea für die inhumane Behandlung des Studenten zu bestrafen.

Von Martin Ganslmeier | 21.06.2017
    Der amerikanische Student Otto Warmbier bei seiner Verurteilung zu 15 Jahren Zwangsarbeit in Nordkorea im Gerichtssaal in Pjöngjang am 16. März 2016.
    Der amerikanische Student Otto Warmbier bei seiner Verurteilung zu 15 Jahren Zwangsarbeit in Nordkorea (©Kyodo/MAXPPP - 16/03/2016 ; (Kyodo) ==Kyodo |)
    Die beiden einflussreichen republikanischen Senatoren John McCain und Marco Rubio sprachen von Mord und forderten die US-Regierung zu Konsequenzen auf. Auch US-Präsident Donald Trump, der sich anfangs eher zurückhaltend geäußert hatte, verurteilte den Tod des Studenten am Dienstag als "absolute Schande, die niemals hätte passieren dürfen":
    Möglicherweise wird für immer unklar bleiben, was genau mit Otto Warmbier in Nordkorea geschah. Seine Eltern entschieden sich gegen eine Autopsie ihres Sohnes. Dass Nordkorea die Verantwortung für seinen Tod trägt, bezweifelt jedoch niemand in den USA. Deshalb könne Trump nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, betont der Sicherheitsexperte Patrick Cronin von der Denkfabrik "Center for a New American Security" auf CNN:
    "Wenn es ihm nicht gelingt, eine klare sichtbare Antwort zu geben, wird seine Glaubwürdigkeit leiden und er wird überall auf der Welt als schwach angesehen."
    Die härteste, aber auch riskanteste Reaktion wäre ein Militärschlag gegen nordkoreanische Atomanlagen oder Raketen-Lager. Doch selbst bei einem massiven US-Angriff bliebe Nordkorea genügend Zeit, um seine Raketen in Richtung Südkorea und Japan abzufeuern. Die südkoreanische Hauptstadt Seoul liegt nur 50 Kilometer von der nordkoreanischen Grenze entfernt. Das Leben von Millionen Koreanern wäre ebenso in Gefahr, wie das der knapp 30.000 in Südkorea stationierten US-Soldaten. Der frühere Berater der Präsidenten Reagan und Clinton, David Gergen, warnt deshalb:
    "Auf beiden Seiten könnten die Gemüter erhitzen. Und plötzlich fühlen wir uns gezwungen, militärisch zu antworten. Das könnte katastrophal für die koreanische Halbinsel sein. Millionen könnten sterben."
    Sanktionen weiter verschärfen?
    Eine naheliegende Option wäre eine weitere Verschärfung der Sanktionen. Noch immer kommen Luxusgüter für Nordkoreas Führungselite ins Land. Zusätzlich könnte die Trump-Regierung Druck auf Länder im Mittleren Osten ausüben, zehntausende nordkoreanische Bauarbeiter in ihre Heimat zurückzuschicken. Deren Löhne sind eine wichtige Devisenquelle für Nordkorea. Letztlich müsse China mehr tun, sind sich die meisten Experten einig. Auch Trump äußerte sich über Twitter enttäuscht: "Zwar bin ich sehr dankbar für die Anstrengungen von Präsident Xi und China, uns mit Nordkorea zu helfen, aber es hat nichts gebracht." Möglicherweise will Trump damit den Druck auf China erhöhen, zumal heute Außenminister Tillerson und Verteidigungsminister Mattis eine hochrangige chinesische Delegation in Washington empfangen.
    Schließlich empfiehlt Sicherheitsexperte Patrick Cronin eine weniger sichtbare Option für Präsident Trump: Hackerangriffe gegen nordkoreanische Militäranlagen.
    "Es könnte Attacken gegen Raketenabschussrampen geben, gegen das Kommando- und Kontrollzentrum, um Nordkorea ein Signal zu senden. Die Öffentlichkeit wird die Resultate nicht sehen, aber Kim Jong Un."
    Diplomatie tut sich schwer
    Deutlich schlechter geworden sind dagegen die Chancen für eine diplomatische Lösung. Noch vor kurzem hatte sich Trump sogar zu direkten Gesprächen mit Nordkoreas Diktator bereit erklärt. Nach der Empörung über Warmbiers Tod ist das in weite Ferne gerückt.
    Erschwerend hinzukommt, dass die Trump-Regierung auch das Schicksal der drei noch in Nordkorea inhaftierten US-Bürger berücksichtigen muss. Ihr Leben will man nicht unnötig gefährden. Damit nicht noch mehr US-Bürger als Faustpfand in Kims Gefängnissen landen, wird erwogen, Reisen für Amerikaner nach Nordkorea zu verbieten. Derzeit kommen rund 20 Prozent aller westlichen Touristen in Nordkorea aus den USA.