"Rattling the Cage", auf deutsch " Rütteln am Käfig" - so heißt ein Buch des US-Tierrechtlers Steven Wise. Aus gutem Grund.
"Meine Arbeit als Rechtsanwalt dreht sich darum, Tiere aus der Sklaverei zu befreien. Warum? Sie werden nach dem US Gesetz als Eigentum angesehen - und nicht als Persönlichkeiten, die ein Recht auf Freiheit haben. Das geht doch nicht."
So Wise – der Gründer von The Nonhuman Rights Project, eine Vereinigung von etwa 60 Anwälten, Wissenschaftlern und Politikexperten in Florida, die sich für Tierrechte einsetzt. Neuester Vorstoß: Drei Klagen, die sie am 2. Dezember bei Gerichten im US-Bundesstaat New York eingereicht hat, um die Anerkennung von vier Schimpansen als Rechtspersonen zu erstreiten und sie aus der Gefangenschaft in Versuchslaboren und Käfigen zu befreien. Vergebens. Die Gerichte lehnten die Anträge ab. Mit der Begründung, dass es Persönlichkeitsrechte für Menschen, aber nicht für Menschenaffen gäbe. Ein herber Rückschlag für die Tierrechtler, doch das hält sie nicht davon ab, Berufung einzulegen - und neue Klagen vorzubereiten. Gut so, sagt David Wolfson, Juraprofessor für Tierrechte an der New York Universität.
"Wichtig ist das Argument, dass unsere Grundrechte auch für Tiere wie Schimpansen gelten sollten, weil deren hohe kognitive Fähigkeiten den unsrigen sehr ähnlich sind. Sie sind intelligent, haben eine eigene Meinung und Gefühle. Sie sollten ein Leben in Freiheit genießen und nicht eingesperrt werden. Das heißt auch, dass sie nicht in Zoos gehalten oder für medizinische Forschung benutzt werden."
Ob Argumente dieser Art in Zukunft von US-Gerichten ernst genommen werden, ist allerdings zweifelhaft. Schon vor einem Jahr wurde eine ähnliche Klage von einem Richter in Kalifornien zurückgewiesen, die Tierschützer stellvertretend für fünf Orcawale eingereicht hatten, um sie aus der – wie es Kläger empfanden - Sklaverei in einem großen Vergnügungspark zu befreien. Leider, sagt Mariann Sullivan, eine Juraprofessorin, die Tierrechte an der Columbia Universität unterrichtet.
"Das Gericht befand, dass es sich bei dem in der US-Verfassung festgeschriebenen Verbot der Sklaverei um Menschen und nicht um Tiere handelt - und das wollte es nicht ändern."
Rund 2000 Schimpansen werden in den USA gefangen gehaltenen
Während die Tierrechtler weiterkämpfen, werden in den USA immer noch Tierversuche an den nächst lebenden Verwandten des Menschen durchgeführt - oft unter den widrigsten Umständen.
Erst Anfang Dezember wurde bekannt, dass die Harvard Medical School eine Strafe von 24.000 Dollar bezahlen muss, weil vier Affen im Forschungsinstitut ums Leben kamen – darunter auch zwei vom Aussterben bedrohte Primaten. Ein Unding, sagt David Wolfson. Er verweist darauf, dass vor allem die rund 2000 in den USA gefangen gehaltenen Schimpansen in Zukunft besser geschützt werden sollen.
"Die Naturschutzbehörde US Fish und Wildlife Service plant eine neue Einstufung der gefangenen Schimpansen auf 'gefährdet'. Bisher wurden nur wilde Schimpansen so eingestuft. Das würde das Einsperren der Tiere und die Möglichkeit der Forschung sehr erschweren. Eine Entscheidung kommt hoffentlich in Kürze."
Die National Institutes of Health, die größten Tierversuchsanstalten der USA, schließen sich dem an. Bereits im Juni kündigten sie an, dass es künftig weniger Geld für Versuche mit Schimpansen geben soll. Hinzu kommt, dass die meisten der 360 Schimpansen, die der staatlichen Forschung dienen, aus den Laboren in ein Schutzgebiet entlassen werden sollen. Wissenschaftler hatten herausgefunden, dass die Forschung mit Schimpansen zum größten Teil unnötig sei.
Tatsächlich können Schimpansen lachen, weinen, sind mathematisch begabt, kennen die Vergangenheit und planen für die Zukunft. Doch der Kampf um ihre Zukunft konfrontiert Tierschützer mit der unangenehmen Frage, ob das Leiden weniger beliebter Tiere übergangen wird. Mariann Sullivan:
"Schimpansen und Orcawale sind sehr intelligente Tiere, die den Menschen sehr nahe stehen. Aber was ist mit Tieren wie Schweinen und Hühnern und Kühen? Klopfen wir uns auf die Schultern und sagen, dass wir genug getan haben, wenn wir Schimpansen helfen? Ignorieren wir die furchtbaren Leiden der vielen anderen Tiere? Sollten wir nicht versuchen, auch ihnen zu helfen?"
Steven Wise ist sicher nicht anderer Meinung. Die Anerkennung eines Schimpansen als Rechtsfigur kann für ihn bestenfalls - wenn überhaupt - nur ein Etappenziel sein.