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USA und Iran
Neues Klima zwischen alten Feinden

Seit der Geiselnahme mehrerer US-Diplomaten 1979 war das Verhältnis zwischen den USA und Iran nachhaltig gestört. Die Vereinigten Staaten waren der Inbegriff eines Feindbildes für die Iraner. Seit der Wahl Hassan Rohanis zum Präsidenten beobachten Politologen eine Veränderung.

Von Reinhard Baumgarten |
    Irans Präsident Hassan Rohani spricht zur UNO-Vollversammlung.
    Irans Präsident Hassan Rohani bei der UNO-Vollversammlung: Beobachter sehen einen neuen Umgang mit den USA. (AFP / Timothy A. Clary)
    Mal sind es Schulkinder. Mal ist es eine Menschenmenge. Seit mehr als drei Jahrzehnten heißt es in der Islamischen Republik "Tod für Amerika".
    Das Verhältnis zwischen Iran und den USA ist seit der Geiselnahme von Dutzenden US-Diplomaten im November 1979 nachhaltig gestört. Die mutmaßliche Erbfeindschaft zwischen der Islamischen Republik und den Vereinigten Staaten ist ein wichtiges politisches Instrument von Irans Machthabern, meint der Politologe Sadegh Zibakalam von der Uni Teheran.
    "In gewisser Weise könntest du dich zurücklehnen und auf die 35 Jahre islamische Revolution zurückblicken und du könntest sagen, irgendwie hat der Anti-Amerikanismus den islamischen Führern eine Identität gestiftet. Und es liefert ihnen immer noch eine Identität."
    Wo ist das wirkliche Nest für Verschwörungen gegen die Islamische Republik, fragt Revolutionsführer Ali Khamenei.
    "Seit 34 Jahren, wenn wir vom Feind sprechen, denken alle Iraner an die USA. Die US-Politiker sollten dieser Tatsache ins Auge schauen und begreifen."
    "Die iranischen Führer brauchen den Anti-Amerikanismus, um für sich selbst eine historische Verpflichtung und Legitimität zu schaffen."
    Wendet der Politologe Zibakalam dagegen ein. Die Feindschaft zu den USA sei eine der wichtigsten ideologischen Stützen der Islamischen Republik, die nur noch bedingt vom Volk getragen werde.
    Tatsächlich hat der antiamerikanische Furor im Laufe der Jahre deutlich nachgelassen. Doch das Misstrauen sitzt immer noch tief. Jahrzehntelang haben beide Seiten vom jeweils anderen geglaubt, gedemütigt oder gekränkt, unter Druck gesetzt oder an der Nase herumgeführt zu werden.
    Leise Annäherung an die USA
    Die Beziehungen zwischen Iran und den USA sind eine komplizierte Sache, sagt Irans Präsident Hassan Rohani.
    "Es gibt alte Wunden. Mit klugen Maßnahmen muss man sich um die Heilung dieser Wunden kümmern. Wir wollen die Spannung weder fortsetzen noch verschärfen."
    Die USA, so der Vorwurf der Revolutionäre seit 1979, haben den demokratisch gewählten Regierungschef Mohammed Mossadegh gestürzt, lange den Schah gestützt und sich mit imperialistischem Gehabe am iranischen Volk vergangen. Der Iran versuche, den Nahen Osten durch den Export von Revolution und Extremismus unter seinen Einfluss zu zwingen, so der Konter aus Washington. Zu diesem Zweck strebe Teheran auch nach Atomwaffen. Doch der Ton hat sich nach der Wahl Hassan Rohanis zum Präsidenten geändert. Beide Seiten strecken vorsichtig die Fühler aus. Der Politologe Zibakalam glaubt, einen Wendepunkt in den beiderseitigen Beziehungen ausgemacht zu haben.
    "Es ist ein Zeichen für den neuen Trend, die neue Entwicklung im Iran. Der Iran hat ohne es offiziell erklärt zu haben sein Verhalten gegenüber den Vereinigten Staaten abgemildert."
    Ali Khamenei, der wirklich starke Mann Irans bleibt skeptisch. Ob es zu einer konstruktiven Annäherung oder gar Zusammenarbeit zwischen Teheran und Washington kommen wird, ist trotz neuer Töne aber noch keineswegs ausgemacht.