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Vanuatu
Überleben in kompletter Verwüstung

Je weiter die Helfer auf die weiter entfernten Inseln des Archipels vordringen, desto mehr bestätigt sich das Bild: Die Verwüstung ist umfassend. Die Welternährungsorganisation schätzt, dass zwei Drittel der Bevölkerung Vanuatus, rund 171.000 Menschen, dringend Hilfe benötigen.

Von Lena Bodewein | 19.03.2015
    Nach dem Zyklon Pam: Eine Mutter hält ihr Kind auf dem Arm
    Nach dem Zyklon Pam: Eine Mutter hält ihr Kind auf dem Arm (afp / Jeremy Piper)
    Die Helfer im Krankenhaus in Port Vila sind am Ende ihrer Kräfte,
    "Wir haben sehr erschöpfte Mitarbeiter, und viele von ihnen haben zerstörte Häuser, also kommen sie nicht zur Arbeit, weil sie ihre Häuser reparieren müssen."
    Doktor Richard Leona versucht, mit den Mitarbeitern, die kommen, zu tun, was zu tun ist – den zahlreichen Verletzten zu helfen:
    "Es gibt schwere Kopfverletzungen, leichtere Fleischwunden, Knochenbrüche durch herabstürzende Bäume oder umstürzende Häuser und auch Schnittverletzungen durch herumfliegende Hausdächer."
    Medikamente und medizinisches Personal sind für ihn das Wichtigste, was die internationalen Hilfslieferungen jetzt bringen können. Immer mehr Verletzte treffen von den abgelegeneren Inseln Vanuatus ein, sie kämpfen jetzt um ihr Überleben, aber: Sie haben Pam, sie haben den schlimmsten Tropensturm ihrer Geschichte überlebt.
    Je weiter die Helfer auch auf die weiter entfernten Inseln des Archipels vordringen, desto mehr bestätigt sich das Bild: Die Verwüstung ist umfassend, berichten Hilfsorganisationen, Bäume umgeknickt und entwurzelt, Hütten und Häuser zerstört - aber Todesopfer gibt es glücklicherweise überraschend wenig.
    Traditionelle Überlebenstechniken haben, so vermuten Rettungshelfer, vielen Bewohnern Vanuatus das Leben gerettet, auch in Dörfern, in denen es kaum feste Gebäude gibt. Einige seien in Höhlen geflohen, erzählt ein Bewohner von Tanna, einer Insel im Süden; einige Dörfer hätten Zyklon-Schutzhütten, ohne Fenster, deren Dach im Boden eingegraben ist.
    Nahrungsmittel und Wasser dringend benötigt
    Viele Menschen hätten Vorräte vergraben, Kokosnüsse, Obst und frisches Wasser. Aber diese Vorräte halten nicht mehr lange, und da alles, was ihre Gärten und Felder für sie bereithielten zerstört ist, brauchen die Bewohner Vanuatus nach wie vor vor allem "sauberes Wasser, Nahrung und Unterkünfte, das sind die lebenswichtigen Elemente, die wir bringen müssen, und zwar schnell bringen müssen, so Alex Snary von World Vision.
    Die Welternährungsorganisation schätzt, dass zwei Drittel der Bevölkerung Vanuatus, 171.000 Menschen, vom Zyklon direkt oder indirekt betroffen sind und dringend Hilfe benötigen.
    Währenddessen versuchen die Bewohner des Pazifikstaats, das aus den Trümmern zu retten, was zu retten ist. Vor der zentralen Schule in Port Vila liegen Hunderte Bücher zum Trocknen aus, der Wind blättert die Seiten in einem Bilderbuch um "Wie beobachte ich das Wetter" heißt es, ausgerechnet.
    "Wir haben alle Bücher hier herausgeräumt, was auch immer wir retten konnten. Erzählt der Direktor der Schule, wir können vielleicht die Hälfte retten. Aber andere Schulen hatten gar keine Büchereien oder sind komplett zerstört."
    "NO SCHOOL THIS WEEK" – in dieser Woche keine Schule, steht mit Kreide geschrieben auf einem Schild vor der Schule. Wann in dem kleinen Pazifikstaat wieder so etwas wie Normalität einkehrt, ist ungewiss.