Freitag, 29. März 2024

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VDA-Präsident Mattes
Transatlantischer Handel muss offen bleiben

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hofft auf eine nachhaltige Lösung im Handelsstreit mit den USA. "Da geht es nicht um kurzfristige Deals", sagte VDA-Präsident Bernhard Mattes nach seinem USA-Besuch im Dlf, "sondern um langfristige klare Regelungen - und die müssen Bestand haben."

Bernhard Mattes im Gespräch mit Daniel Heinrich | 20.07.2018
    Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Ford GmbH, Bernhard Mattes.
    VDA-Präsident Bernhard Mattes nach seinem USA-Besuch: "Der Präsident ist an Lösungen interessiert, er ist aber auch daran interessiert, dass wir unser Verhältnis auf eine vernünftige Basis stellen." (dpa/picture alliance/Marijan Murat)
    Daniel Heinrich: Herr Mattes, Sie haben im US-Handelsministerium bei einer Anhörung die Bedeutung der deutschen Automobilindustrie betont, das haben Sie auch schon vorher gemacht, jetzt wieder, für beide Seiten des Atlantiks die Bedeutung. Sie haben auch für geringere Zölle geworben - für geringere, das muss betont werden. Haben Sie denn den Eindruck, dass Sie Gehör gefunden haben?
    Bernhard Mattes: Ich habe Gehör gefunden, weil man die Fakten gesammelt hat, um letztlich daraus einen Bericht zu erstellen, der eine Empfehlung an den Präsidenten beinhalten wird, und insofern hat man schon aufmerksam der Darstellung zugehört, wie bedeutsam die Automobilindustrie, die deutsche Automobilindustrie und ihre Tätigkeiten, ihre Investitionen, ihre Beschäftigung für die US-amerikanische Wirtschaft und damit auch für die Menschen der USA ist. Da habe ich Aufmerksamkeit erreichen können.
    Den transatlantischen Handel "offen halten"
    Heinrich: Jetzt haben Sie den US-Präsidenten angesprochen, Sie haben Fakten angesprochen. Bei der Vorbereitung des Interviews habe ich mir Eilmeldungen durchgelesen: Donald Trump wirft der EU und China Währungsmanipulation vor. Sehen Sie denn unter diesen Umständen ein pragmatisches Handeln noch für möglich?
    Mattes: Man muss immer, auch wenn die Situation verzwickt ist und komplex, miteinander reden, und ich finde es ausgezeichnet, dass die EU-Kommission und der Präsident Juncker und auch die Kommissarin Malmström nächste Woche hier nach Washington kommen zu Gesprächen. Ich habe sowohl im Außenministerium als auch im Handelsministerium Gesprächspartner vorgefunden, die diesem Treffen auch entgegensehen und hoffen, dass man hier eine Gesprächsbasis findet, um einfach den transatlantischen Handel nicht nur aufrechtzuhalten, sondern ihn auch offen zu halten.
    Trump "will für beide Seiten gleiche Chancen haben"
    Heinrich: Was erwarten Sie sich denn von dem Treffen?
    Mattes: Nun, auf der einen Seite muss man herausfinden, was der Präsident denn nun tatsächlich will im transatlantischen Verhältnis und zum zweiten, welche Möglichkeiten es gibt, dieses transatlantische Verhältnis aufrechtzuhalten, offen zu halten, und darum wird es sicherlich Präsident Juncker und auch Frau Malmström gehen.
    Heinrich: Konnten Sie das denn nicht herausfinden, um was es ihm geht?
    Mattes: Nun, dazu muss man mit dem Präsidenten selber sprechen. Natürlich habe ich herausgefunden, dass man auf der einen Seite bestrebt ist, nicht langwierige Gespräche zu führen, sondern der Präsident ist an Lösungen interessiert, er ist aber auch daran interessiert, dass wir unser Verhältnis auf eine vernünftige Basis stellen. Das habe ich auch von vielen Gesprächspartnern gehört. Das heißt, er will für beide Seiten gleiche Chancen haben, und wenn es darum geht, dass es zum Beispiel zum Abbau unterschiedlich hoher Zölle geht, dann hat die deutsche Automobilindustrie schon immer gesagt, dass wir kein Problem damit haben, sowohl die Zölle auf der einen wie auf der anderen Seite abzusenken.
    Bewusstsein um Verdienste deutscher Autobauer
    Heinrich: Haben Sie denn auf amerikanischer Seite, Herr Mattes, Kongressabgeordnete beispielsweise gefunden, die sozusagen sich auf Ihre Seite schlagen und mit denen man eine Lobby oder eine Allianz formen könnte, sozusagen auf beiden Seiten des Atlantiks, um gegen diese Vorschläge vorzugehen und, um die wieder umkehrbar zu machen?
    Mattes: Ich habe viele Gesprächspartner vorgefunden, die die Wertigkeit und die Bedeutung von fairem und freiem Handel für transatlantische Beziehungen nach wie vor für richtig und wichtig halten. Ich habe mit Senator Corker gesprochen - in Tennessee ist eines der großen deutschen Automobilwerke -, der weiß um die Verdienste, die sich daraus ergeben haben, auch für die lokale Wirtschaft und für die Beschäftigung der Menschen. Ich habe im Wirtschaftsministerium Menschen gesprochen, die freien Handel seit jeher als die richtige Maßnahme halten, und wir müssen die Argumente alle zusammenzählen, die dafür werben, und dann muss der Präsident entscheiden. Wie er entscheiden wird, das wissen wir, bleibt offen.
    Kurseinschätzung der Trump-Administration "schwierig"
    Heinrich: Schlagen diese Leute eigentlich die Hände über den Kopf zusammen hinter verschlossenen Türen?
    Mattes: Es ist für viele, sagen wir mal so, schwierig, wirklich einzuschätzen, was die langfristige Perspektive und Vision der Trump-Administration ist, und da dann einzuordnen, wie die derzeitigen Aktivitäten zu werten sind. Das fällt dem einen oder anderen, auch der US-Seite, schwer. Insofern ist es wichtig und, ich glaube, war es auch wiederum wichtig, dass ich die Automobilindustrie Deutschlands dort vertreten und alle Fakten auf den Tisch gelegt habe, die gute Argumente liefern.
    Heinrich: Vor ein paar Wochen, Herr Mattes, Anfang Juli, da gab es ein Treffen der Automobilbosse - BMW, Daimler, Volkswagen unter anderem waren dabei - mit dem US-Botschafter in Deutschland. Unter anderem die SPD war danach ziemlich verärgert über das Treffen. Können Sie das nachvollziehen?
    Mattes: Wenn man der Meinung war, dass hier Verhandlungen geführt worden wären, dann kann ich das nachvollziehen, aber das war nicht der Fall. Sondern der US-Botschafter ist daran interessiert, dass die deutsche Automobilindustrie, die ja auch in den USA sehr erfolgreich ist, auch weiterhin erfolgreich bleibt. Er wollte sich ein Bild darüber verschaffen, er wollte Informationen über unsere Werke, über die Beschäftigung, über die Zulieferersituation, und die haben wir ihm geliefert. Wir haben aber zugleich auch klar gemacht, wenn es um politische Verhandlungen geht, sind wir nicht die richtigen Ansprechpartner, das ist die Regierung und natürlich die EU-Kommission und auf der anderen Seite eben die US-Administration und nicht der Botschafter.
    "Es geht um langfristige klare Regelungen"
    Heinrich: Aber dass das den Eindruck des Dealmakings sozusagen suggeriert, das können Sie nachvollziehen, oder?
    Mattes: Das kann ich nachvollziehen, aber es geht ja auch grundsätzlich nicht um Dealmaking. Wir alle wissen, dass die Welthandelsorganisation, die Regeln der Welthandelsorganisation, Handelsabkommen auf Basis dieser, der Handelsabkommen, zu treffen sind und nichts anderes, und daran sind auch wir, die Automobilindustrie interessiert, und da geht es nicht um kurzfristige Deals, sondern es geht um langfristige klare Regelungen, und die müssen Bestand haben.
    Möglichkeit eines plurilateralen Abkommens
    Heinrich: Also was sollen dann diese Vorschläge null Zölle und so weiter für Deutschland, weil wenn Sie schon die WTO-Regeln ansprechen, das müsste ja dann alle anderen Länder auch betreffen?
    Mattes: Ja, natürlich, aber es gibt ja Möglichkeiten, es gibt Möglichkeiten zum Beispiel eines Abkommens, in dem alle wesentlichen automobilproduzierenden Länder dieser Erde gemeinsam vereinbaren ein Zollregime, ein sogenanntes plurilaterales Abkommen, oder es gibt aber auch die Möglichkeit für die EU, auch für den Industriegütersektor - der geht über Automobile hinaus - ein Abkommen mit den USA zu schließen. Beides ist WTO-konform, beides wäre möglich. Wir werden sehen, was Herr Juncker und Frau Malmström auf solche Vorschläge vom Präsidenten Trump hören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.