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VdK: Rentner Melkkühe der Nation

    Spengler: Es wurde eben schon angesprochen, müssen die 20 Millionen deutschen Rentner ihren Beitrag zur Sanierung des Bundeshaushalts leisten, können sie das und wie können sie das? Darüber wollen wir mit Walter Hirrlinger sprechen, dem Präsidenten des VdK, des Verbandes der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Rentner. Guten Tag, Herr Hirrlinger.

    Hirrlinger: Guten Tag.

    Spengler: Herr Hirrlinger, im Gespräch ist eine Erhöhung des Anteils der Rentner an den Krankenversicherungsbeiträgen von 50 auf 53 Prozent, also eine leichte Steigerung des Eigenanteils. Wäre das tragbar?

    Hirrlinger: Das ist natürlich schwer zu sagen. Man hat ja seinerzeit den Krankenversicherungsbeitrag der Rentner eingeführt mit sehr viel geringerem Anteil und hat ihn immer wieder gesteigert. Jetzt liegen wir über 50 Prozent, damit liegen wir in der paritätischen Finanzierung gewissermaßen und jetzt soll der Sprung weg davon getan werden und hinein in die stärkere Zahlung durch die Rentner und in ein oder zwei Jahren wird dann von 53 auf 55 oder 56 Prozent hinaufgehievt.

    Spengler: Herr Hirrlinger, es wäre aber eine Parallelität zu den Arbeitnehmern, die ja, wenn es um das Krankengeld geht, auch aus der paritätischen Finanzierung raus sollen.

    Hirrlinger: Ja, die Rentner auch. Man vergisst nämlich, dass die Rentner überhaupt kein Krankengeld bekommen, aber die höheren Beiträge bezahlen müssen. Die Krankenversicherung der Rentner ist ein Topf für sich, bei dem jetzt die Anhebung erfolgen soll, aber der Beitragssatz ändert sich für die Rentner in der gleichen Weise wie für die allgemein Beschäftigten.

    Spengler: Entnehme ich Ihren Zwischentönen richtig, dass Sie sagen würden, wenn es vielleicht ein, zwei, drei Prozentpunkte mehr wären, würden wir drüber reden können, aber wir befürchten, dass es noch mehr werden?

    Hirrlinger: Wenn ich die Gewähr hätte, dass es dabei bleibt. Offensichtlich wissen die Politiker überhaupt nicht mehr, wie die Rentenschichtung aussieht. Die Hälfte der männlichren Rentner hat eine Rente bis zu 1000 Euro im Monat, da kann niemand sagen, das seien hohe Einkünfte.

    Spengler: Meinen Sie jetzt die staatliche Rente oder meinen Sie alle Einkünfte?

    Hirrlinger: Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

    Spengler: Da kommen ja oftmals noch betriebliche Renten dazu.

    Hirrlinger: Es gibt im geringerem Umfang auch betriebliche Renten bis zu 150 oder 200 Euro im Monat und nicht mehr.

    Spengler: Herr Hirrlinger, würden Sie denn sagen, dass eine Nullrunde im nächsten Jahr ganz ausgeschlossen sein sollte?

    Hirrlinger: Ich frage mich, warum die Rentner eigentlich immer zur Kasse gebeten werden. Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, bei denen die Rentner jetzt herangezogen werden sollen, das ist einmal das, was Sie angesprochen haben, aber es ist jetzt bereits die erste Kürzung der Rentenanpassung zum 1.6. um 0,6 Prozent zu verzeichnen. Das findet in der Zukunft jedes Jahr statt. Nach Meinung der Rürup-Kommission soll das im gleichen Umfang geschehen, wie bei der Rister-Rente, das würde 2006 2,5 Prozent Kürzung bedeuten und darauf folgt noch ein Nachhaltigkeitsfaktor mit 0,25 Prozent weiterer Kürzung. Das ist alles im Raum.

    Spengler: Aber es werden ja von allen Bürgern Opfer verlangt.

    Hirrlinger: Aber nicht in diesem Umfang, die Rentner werden jetzt verstärkt auf allen Gebieten zur Kasse gebeten, sie werden zu den Melkkühen der Nation gemacht, das sage ich in aller Deutlichkeit, und die Rentner werden das auf die Dauer nicht hinnehmen, dass man immer bei ihnen zu sparen beginnt.

    Spengler: Aber Sie werden doch auch den Rentnern etwas zumuten müssen, wenn doch auch viele andere Opfer bringen müssen?

    Hirrlinger: Es wird ihnen bereits zugemutet, die Rentner waren die ersten, die zur Kasse gebeten worden sind.

    Spengler: Das heißt, Sie würden sagen, jetzt reicht es?

    Hirrlinger: Wenn das so weitergeht, ja.

    Spengler: Darf ich Sie noch zur Zukunft der Rentenversicherung fragen: Es ist kein Zufall, heute trifft sich der Bundeskanzler mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer und da geht es um eine Neuorganisation der Rentenversicherung.

    Hirrlinger: Das hat aber nichts mit den Rentenzahlungen zu tun, sondern mit der Organisation.

    Spengler: Das ist ein neues Thema, ich wollte es dennoch mit Ihnen ansprechen, weil Sie davon sicher viel verstehen. Es gibt im Augeblick 26 verschiedene Rentenanstalten, also Bundesversicherungsanstalten, Landesanstalten, dann noch einzelne berufsspezifische. Was halten Sie davon, wenn das jetzt eine einzige deutsche Rentenversicherung werden soll?

    Hirrlinger: Dagegen habe ich nichts einzuwenden, im Gegenteil, das entspräche meinen Vorstellungen, die ich schon immer hatte. Ich würde eine Erwerbstätigenversicherung aus der Rentenversicherung machen für alle einheitlich mit einer Grundsatzanlage, was jetzt die BFA ist, würde ich zu einem Teil auf die Länder verlagern und würde beim Bund lediglich die Grundsatzfragen belassen und in jedem Bundesland noch eine Anstalt machen, in der die Renten bearbeitet und umgesetzt werden; das würde ich für völlig ausreichend halten. Und damit würde man eine vernünftige Regelung haben, die auch bürgernah zu gestalten wäre.

    Spengler: Ein Beitrag zur Entbürokratisierung. Ich bedanke mich. Das war Walter Hirrlinger, der Präsident des VdK, des Verbandes der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Rentner.