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Venezuela
Die Staatspleite ist fast offiziell

Mitten im politischen Chaos verpasst Venezuela zum ersten Mal Zahlungen an seine Gäubiger. Damit ist der Staatsbankrott fast nicht mehr abzuwenden. Das Regime um Präsident Nicolas Maduro klammert sich jetzt noch an die zwei letzten verbliebenen Verbündeten.

Von Anne-Katrin Mellmann | 15.11.2017
    Graffiti mit dem Text "Wir haben Hunger" und "Diktator Maduro" in Venezuelas Hauptstadt Caracas.
    Graffiti mit dem Text "Wir haben Hunger" und "Diktator Maduro" in Venezuelas Hauptstadt Caracas. (AFP / Ronaldo Schemidt)
    Venezuelas sozialistischer Präsident stritt es noch am Sonntag in seiner Fernsehsendung ab. Default? Zahlungsunfähigkeit? Nie.
    "Venezuela wird immer eine klare Strategie haben und die lautet jetzt: eine Umstrukturierung verhandeln, denn wir lassen uns nicht von ihnen fertig machen."
    Mit "ihnen" meint Maduro internationale Ratingagenturen und die US-Regierung, die Sanktionen gegen seine Funktionäre verhängt hat - auch gegen ihn selbst. Nur zwei Tage nach seiner Beteuerung, Venezuela werde niemals zahlungsunfähig, erklärten es zwei Ratingagenturen schwarz auf weiß: Standard and Poors sowie Fitch stellten einen teilweisen Zahlungsausfall fest, weil fällige Raten nicht überwiesen wurden.
    Die Inflation könnte 2018 lauft IWF 2000 Prozent erreichen
    Fitch bezog sich auf die staatliche Erdölgesellschaft PDVSA. Die füttert den Staatshaushalt mit Devisen, ist aber nicht mehr in der Lage, ihre Ölfördermenge aufrecht zu erhalten und in ihre Anlagen zu investieren. In diesem Jahr ist die Fördermenge auf ein historisches Tief gesunken. Seit der Ölpreis gefallen ist, hat sich die Lage zugespitzt. Hinzu kommt die Misswirtschaft der seit 18 Jahren regierenden Sozialisten.
    Die Inflation in dem südamerikanischen Land ist die höchste der Welt und könnte 2018 - laut Internationalem Währungsfond - 2000 Prozent erreichen. Dass Venezuelas Wirtschaft am Ende ist, spürt die Bevölkerung schon seit Jahren tagtäglich: Es gibt kaum Grundnahrungsmittel und Medikamente. Jetzt ist sogar Bargeld Mangelware. Auf dem Höhepunkt der Krise klammert sich Präsident Maduro an zwei der wenigen Verbündeten, die ihm geblieben sind: Russland und China.
    "Ich kann euch sagen, dass die Vereinbarungen mit der Volksrepublik China perfekt vorangehen und so wird es auch bleiben. Außerdem haben wir uns mit der Russischen Föderation auf eine Umstrukturierung all unserer Schulden geeinigt, die wir bei Russland haben."
    Politisch zieht sich die Schlinge zu
    Heute sollen diese Vereinbarungen über drei von insgesamt acht Milliarden US-Dollar Schulden in Moskau unterzeichnet werden. Bei China steht Venezuela mit mindestens 28 Milliarden in der Kreide. Ein Versuch, mit internationalen Gläubigern über 60 Milliarden zu verhandeln, endete Anfang der Woche in Caracas ohne Ergebnis: Teilnehmer berichteten, Venezuela habe keine konkreten Vorschläge gemacht.
    Auch politisch zieht sich die Schlinge zu: In der Region ist die Regierung wegen ihres diktatorischen Gebarens immer isolierter, die Europäische Union verhängte ein Waffenembargo und droht mit Finanzsanktionen gegen Funktionäre. Für Venezuelas Außenminister Jorge Arreaza ein klarer Fall von Gehorsam gegenüber der US-Regierung:
    "Was wir am meisten bedauern, ist, dass diese Europäische Union, die einst entstand, um Konflikte und Kriege zu verhindern, dieses Europa, dass Frieden schaffen wollte, die schöne Idee nun kaputt macht mit Aktionen wie dieser gegen uns. Die EU hängt sich an die USA und ihre Regierung."
    Die Europäische Union macht Druck, um Venezuelas Regierung wieder an den Verhandlungstisch mit der Opposition bringen. Doch die erteilte neuen Gesprächen gestern eine Absage. Eine politische Lösung der Krise ist nicht in Sicht.