
Mathematik, Informatik und Philosophie, mit dieser Fächerkombination hatte Paul Stefani, der heute 60 Jahre alt ist, Mitte der 80er-Jahre schlechte Chancen auf eine Anstellung als Lehrer. Damals gab es ein Überangebot an Lehramtsstudenten.
"Philosophie war jahrelang nicht einstellungsrelevant, und da habe ich mich nebenbei mit Nebenjobs über Wasser gehalten, bis endlich Philosophie an der Oberschule verstärkt gesucht wurde, und dann bekam ich nach über fünf Jahren endlich ein Angebot, da war ich fünfunddreißigeinhalb."
Und damit genau ein halbes Jahr zu alt, um verbeamtet zu werden. Denn die Altersgrenze lag damals bei 35 Jahren. Seitdem arbeitet Paul Stefani an der Moerser Geschwister-Scholl Gesamtschule. Er unterrichtet die gleichen Fächer wie seine verbeamteten Kollegen, arbeitet genau so lange wie sie, hat den gleichen Stress und die gleiche Verantwortung, aber er verdient im Schnitt monatlich 500 Euro weniger. Und auch in ein paar Jahren, wenn er in Rente geht, wird er wesentlich schlechter gestellt sein. Das fängt schon damit an, dass die drei Jahre früher in Rente gehen dürfen:
"Jetzt kurz vor der Rente, könnte ich als beamteter Kollege mit den gleichen Bedingungen, angefangen 1991 und so weiter, könnte ich mit 63 als Beamter in Pension gehen, und hätte dann in gut zwei Jahren im Monat 1.000 Euro Netto mehr als ich jetzt mit fast 66 Jahren als Angestellter kriegen werde."
Für viele Lehrer kommt die Anhebung zu spät
Inzwischen wurde die Altersgrenze in Nordrhein–Westfalen auf 42 Jahre angehoben, in Ausnahmefällen können Lehrer auch noch mit 48 verbeamtet werden. Für Paul Stefani kommt das zu spät, und so wie ihm geht es tausenden Lehrern in NRW, aber auch in anderen Bundesländern. Zum Beispiel auch Heinz-Werner Müller, er ist Vorsitzender von SchaLL, der "Schutzgemeinschaft angestellter Lehrerinnen und Lehrer". Er wurde Mitte der 90er-Jahre im Alter von genau 35 Jahren und 12 Tagen eingestellt, und somit auch nicht verbeamtet. Mit SchaLL hat er jetzt eine Beschwerde bei der EU eingereicht, die Altersgrenze verstoße gegen die Antidiskriminierungsrichtlinie der EU, sagt Heinz-Werner Müller:
"Wir stellen uns selber vor, dass eine Grenze bei 55 liegen könnte, sogar eigentlich bei 60, weil nur fünf Jahre eigentlich da sein müssen, um sagen zu können, ich habe Anspruch auf die Pension."
Das Land Nordrhein-Westfalen begründet die Altersgrenze damit, dass sonst die Versorgungsleistungen für verbeamtete Pensionäre zu teuer werden. Auch der Beamtenbund hält eine Altersgrenze von 42 Jahren für richtig. Der NRW–Vorsitzende Roland Staude:
"Das ist genau noch der Zeitraum, wo das Versorgungssystem nicht gefährdet wird. Und das Versorgungssystem ist letztlich auch Voraussetzung für das Berufsbeamtentum."
Auch andere Bundesländer haben eine Altersgrenze
Rechtsanwalt Frank Schulze vertritt den Lehrerverband SchaLL und sieht das anders. Bisher, so Schulze, gebe es überhaupt kein Gutachten, dass genau beziffert, wie hoch die Zusatzkosten wären, wenn angestellte Lehrer mit Beamten gleichgestellt würden:
"Eine Einigung könnte darin bestehen, dass man erst mal noch mal genau prüft, warum hier ein Einstellungshöchstalter notwendig ist. Wir rügen, dass der Landtag in Nordrhein–Westfalen eigentlich gar keine Unterlagen vorliegen hat, um das beurteilen zu können."
Die Schutzgemeinschaft angestellter Lehrer geht davon aus, dass die nötigen Ausgleichszahlungen für die angestellten Lehrer im Ruhestand wesentlich geringer ausfallen als vom Land veranschlagt. Denn als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte haben sie ja ohnehin Rentenansprüche, das Land müsste nur noch die Differenz von bis zu 1.000 Euro zahlen. Sollte die EU–Kommission der Schutzgemeinschaft der angestellten Lehrerinnen und Lehrer Recht geben, dann würde das nicht nur für NRW Konsequenzen haben. Denn auch die anderen Bundesländer haben eine Altersgrenze, in Bayern zum Beispiel liegt die bei 45 Jahren, in Hessen bei 50.
"Da müssten sozusagen alle Bundesländer noch mal in sich gehen und Nachdenken, warum überhaupt hier der Grund besteht, warum man wegen Alters diskriminieren darf."
Paul Stefani, der 60-jährige Mathelehrer der Geschwister-Scholl Gesamtschule in Moers hat allerdings nur noch wenig Hoffnung, dass er verbeamtet und mit den meisten anderen Lehrern in seinem Kollegium gleichgestellt wird. Die werden, auf die Gesamtlebenszeit gerechnet rund 500.000 Euro mehr an Gehalt und Rente erhalten.