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Verfassungsschutz
AfD soll wohl bald unter Beobachtung stehen

Das Bundesamt für Verfassungsschutz steht möglicherweise kurz davor, die AfD als Verdachtsfall einzustufen. Über die Gründe im Einzelnen ist noch nichts bekannt. Klar ist aber: Es geht um die Entwicklung der AfD nach der Selbstauflösung des rechten, nationalkonservativen Flügels.

Von Stephan Detjen | 22.01.2021
Tino Chrupalla unten rechts im Bild vor einem AfD-Parteilogo.
Eine Hochstufung als Beobachtungsfall hätte konkrete Folgen für die Partei. (dpa / Paul Zinken)
Der Verfassungsschutz wird offenbar im Januar über eine Beobachtung der AfD entscheiden. Sollte es sich dafür entscheiden, die Partei künftig zu beobachten, hätte diese Hochstufung konkrete Folgen.

Was ist über die Begründung der Behörde bekannt?

Im Einzelfall ist darüber noch nichts bekannt. Die Entscheidung wird erst in der nächsten Woche erwartet. Klar ist aber: Es geht um die Entwicklung der AfD nach der Selbstauflösung des rechten nationalkonservativen Flügels in der AfD. Die Strukturen der innerparteilichen Organisation sind aber geblieben. Die Netzwerke funktionieren und der Machtkampf zwischen den verschiedenen Lagern in der Partei ist auch sichtbar - wie zum Beispiel beim vergangenen Parteitag in Kalkar.
Jörg Meuthen (l), Bundessprecher, und Tino Chrupalla, Bundesprecher, stehen beim Bundesparteitag der AfD gemeinsam auf dem Podium
AfD-Parteitag - Verbale Saalschlacht statt Sachpolitik
Was vom AfD-Parteitag in Kalkar in Erinnerung bleiben wird, ist nicht die Rentenpolitik, kommentiert Nadine Lindner. Es sind die tiefen Gräben, die die Partei durchziehen: die widerstrebenden Kräfte, die Richtungskämpfe mit unvereinbarer Zielrichtung.

Was würde eine Einstufung als Verdachtsfall für die AfD bedeuten?

Da gibt es zwei Auswirkungen: Zum Einen müsste die AfD damit rechnen, dass der Verfassungsschutz seine Beobachtung, die es ja schon gibt, intensiviert. Das bedeutet, in einem verstärken Umfang geheimdienstliche Mittel einsetzt. Das kann von der Einschleusung von verdeckten Ermittlern bis hin zum Abhören von Telefongesprächen führen. Zweitens: Wichtiger wären die Konsequenzen für einen ganz zentralen Teil ihrer Mitgliedschaft, nämlich für Mitglieder, die im öffentlichen Dienst tätig sind. Beamte unterliegen einer Treuepflicht. Ein Verstoß dagegen ist ein Dienstvergehen, das disziplinarische Folgen haben kann - zum Beispiel Entlassung oder Nicht-Einstellung. Zwar werde die Partei durch eine Beobachtung zwar nicht per se als verfassungsfeindlich qualifiziert, das würde erst nach einer längeren Beobachtung eine Konsequenz sein. Aber: Eine solche Einstufung des Verfassungsschutzes ist natürlich ein Hinweis, der dann bei Prüfung von Beamten in Einzelfall berücksichtigt wird.

Wie ist die Haltung der AfD?

Die drohende Einstufung setzt die Partei unter Stress. Das ist auch in der Bundestagsfraktion zu erkennen. Der Justiziar der Fraktion, Roland Hartwig, war zuständig dafür, Kriterien für die Abgrenzung der Partei vom Bereich der Verfassungsfeindlichkeit zu formulieren. Dieser ist von Parteichef Meuthen abgesetzt worden, weil sich Hartwig zu sehr in die Nähe des Flügels bewegt haben soll. Das zeigt, wie dort auch die Brüche in die Fraktion hineinragen.