Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Vergessener deutscher Raketenpionier
Reinhold Tiling und die deutschen Postraketen

Reinhold Tiling zählt zu den vergessenen Raumfahrtpionieren. Er kam aus Franken, war Ingenieur und Kunstflieger und wurde 1926 Leiter des Osnabrücker Flughafens. Tiling begeisterte sich für Raketentechnik und entwickelte neben seiner Arbeit die Mehrkammerrakete.

Von Dirk Lorenzen | 21.06.2021
Reinhold Tiling (1893-1933) und eine seiner Raketen
Reinhold Tiling (1893-1933) und eine seiner Raketen (Tiling)
Das Brennpulver befand sich in verschiedenen Segmenten und ließ sich so effektiver nutzen. Nach dem Flug landeten Reinhold Tilings Raketen sanft. Bei einer Variante wurden Flügel ausgeklappt, so dass die Rakete wie ein Flugzeug landete – ähnlich wie der Space Shuttle über fünfzig Jahre später. Eine andere Raketenart von Tiling sank in Kreiselbewegungen langsam zu Boden.
Einige Jahre lang nutzte der Konstrukteur eine Fläche auf der Nordseeinsel Wangerooge. Reinhold Tiling wollte die Inseln mit Postraketen versorgen und so den langwierigen Schiffstransport umgehen. Bei Test flogen seine Geschosse bis zu acht Kilometer weit.
Start der ersten deutschen Postrakete im April 1933
Start der ersten deutschen Postrakete im April 1933 (Bundesarchiv)
Zwar sorgten die Raketenvorführungen stets für großes Aufsehen, sogar im Ausland. Doch Militär und Industrie unterstützten ihn finanziell nicht und kauften auch keines seiner Patente. Ein Förderer stellte ihm in Arenshorst bei Bohmte eine Werkstatt zur Verfügung. Am 10. Oktober 1933 explodierte dort bei Vorbereitungen zu einer Raketenvorführung das Brennpulver.
Reinhold Tiling, seine Mitarbeiterin Angela Buddenböhmer und sein Gehilfe Friedrich Kuhr erlagen einen Tag später ihren schweren Verbrennungen. Der vergessene Osnabrücker Raketenvisionär wurde nur 40 Jahre alt.