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Verhandlungsrunde frei!

In Leipzig finden an diesem Wochenende die Weltmeisterschaften im Verhandeln statt. Die 36 Studierenden in zwölf Teams versuchen bei aber nicht, sich gegenseitig möglichst gut übers Ohr zu hauen. Bei dem von Handelshochschule Leipzig und der Harvard Law School durchgeführten Wettbewerb kann man auch mit der für beide Seiten besten Lösung punkten

Von Wolfgang Lenders | 27.03.2009
    Wenn ein Kind etwas haben will und es nicht bekommt, wirft es sich auch schon gern mal auf den Fußboden, schlägt mit den Fäusten um sich. Wenn es dann älter wird, merkt es, dass das meist nichts bringt - und lernt eine andere Strategie: verhandeln. In Leipzig üben an diesem Wochenende 36 Studenten aus aller Welt in zwölf Teams, wie man richtig verhandelt. Beim Negotiation Challenge an der Handelshochschule Leipzig. Wolfgang Lenders hat mit den Teilnehmern und mit den Organisatoren gesprochen.

    Gestern Abend haben die Teilnehmer am Verhandlungswettbewerb in Leipzig miteinander Bier getrunken. Heute Morgen haben sie sich dann in Manager verwandelt und sitzen bis Samstag am Verhandlungstisch - als Vertreter von fiktiven Unternehmen. Über was sie genau verhandeln müssen, erfahren sie erst zu Beginn der jeweiligen Runde. Es geht aber immer um Fusionen und Unternehmensübernahmen, sagt der Student Fabian Schaaf, der den Wettbewerb mit vorbereitet hat:

    "Eine Aufgabe wird sich darum drehen, eine konkrete Unternehmensübernahme vorzubereiten. Und diese dann durchzuführen beziehungsweise, für das andere Team, abzuwehren. Das heißt man hat also zwei verschiedene Standpunkte, und man muss sich dann natürlich schlussendlich zu einer gemeinsamen Lösung finden. Denn es bringt jetzt auch nichts unbedingt, wenn das eine Team auf dem Standpunkt beharrt, und das andere Team beharrt auf seinem Standpunkt, dann kriegen nämlich beide Teams null Punkte."

    Die Teilnehmer müssen also eine Lösung finden, die beide Parteien akzeptieren und dabei auch schon mal ein Zugeständnis an die andere machen. Trotzdem muss es bei den Verhandlungen nicht unbedingt einen Gewinner und einen Verlierer geben. Es ist auch möglich, dass ein Ergebnis herauskommt, das für beide Parteien besser ist als erwartet. Diese Strategie wurde an der Harvard University in den USA entwickelt, sagt Harald Rothe, ebenfalls Mitglied des Organisationsteams:

    "Das ist so ein neuer Ansatz, den es glaube ich seit zehn Jahren gibt. Der ist auch immer von der Jury sehr gut bewertet worden. Und die Leute rechnen erst nicht damit, aber letztendlich ist es für beide dann halt zum Vorteil."

    Trotzdem versucht natürlich jeder, für sich das beste Ergebnis herauszuholen und im Wettbewerb einen möglichst guten Platz zu belegen. Einige Teilnehmer können das Gelernte aber auch gleich anwenden. Robert Kühn zum Beispiel ist Teilzeitstudent an der Handelshochschule Leipzig - und arbeitet im Hauptberuf für ein großes Telekommunikationsunternehmen.

    "Ich hoffe natürlich, für mich Erfahrungen hier mitzunehmen. Ich arbeite auch in meinem Beruf auf einer internationalen Basis, von daher glaube ich, dass mir das auf jeden Fall was bringen wird."

    Für Robert Kühn ist der Wettbewerb vor allen Dingen eine Spielwiese für die Probleme im echten Wirtschaftsleben. Er denkt da vor allem an seine Verhandlungspartner aus anderen Kulturkreisen.

    "Das ist einer der schwierigsten Faktoren. Ich beruflich auch mit Lieferanten aus dem chinesischen Bereich zu tun. Da treffen schon zum Teil auch unterschiedliche Vorstellungen aufeinander. Wie man sich in Verhandlungen verhält, wie man Verhandlungspostionen einnimmt, das bereitet schon Probleme zum Teil, ja."

    Die Teilnehmer sollen lernen, mit diesen Kulturunterschieden umzugehen - deshalb ist der Wettbewerb international. Angereist sind Studierende aus Amerika, aus Europa und aus Indien. Die Studentin Avni Mehta etwa kommt vom Management Development Institute, einer Hochschule in der Nähe der indischen Hauptstadt Dehli. Sie ist erst seit ein paar Tagen in Deutschland - und will nach dem Wettbewerb noch zwei Semester an der Handelshochschule Leipzig studieren.

    "Ich habe gerade an meiner Uni zuhause den MBA gemacht. Einen Abschluss in Marketing, und das ist auch der Bereich, in den ich will. Wenn ich an der Handelshochschule Leipzig fertig bin, gehe ich nach Indien zurück und arbeite dort. Mit meiner Qualifikation kann ich als Trainee im Management anfangen. Als erstes werde ich wohl in der Verkaufs-Abteilung arbeiten - und verhandeln wird dort sehr wichtig sein. Der Wettbewerb ist also eine sehr gute Erfahrung für mich."

    Die Gewinner des Wettbewerbs können sich Verhandlungsweltmeister nennen. Viel Geld gibt es dafür nicht, 500 Euro, und einen Pokal. Trotzdem sind auch Teilnehmer extra aus Übersee angereist. Für ihre Hochschulen ist der Titel wichtig - besonders für die amerikanischen. Im vergangenen Jahr gewann das Team der Harvard Law School. Um den Titel dieses Jahr wieder zu holen, ist diesmal ein eigener Verhandlungstrainer mitgekommen. Trotzdem sollten die Teilnehmer den Wettbewerb nicht zu ernst nehmen, meint Organisator Fabian Schaaf.

    " Das Verhandeln kann man sich so als Sportart vorstellen. Also die Teilnehmer kämpfen schon gegeneinander, aber mit sportlicher Fairness. Das heißt, man reicht sich dann am Abend auch die Hände, trinkt auch mal ein Bier zusammen, und ich bin mir ganz sicher, am Samstagabend, wenn der Sieger feststeht, dann werden alle richtig feiern. "

    Danach gehen die Besucher mit den Studierenden aus Leipzig nach Hause. Dort wohnen sie für die Dauer des Wettbewerbs.