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Cookie-Aus bei Google
Verleger beschweren sich bei EU-Kommission

Wer im Internet unterwegs ist, stößt ständig auf sogenannte Cookies-Banner. Doch das könnte sich ändern: Google hat angekündigt, für seinen Browser Chrome keine Cookies von Drittanbietern mehr zulassen zu wollen. Massiver Protest kommt von deutschen Verlegern – sie fürchten um ihr Geschäft.

Von Carolin Born | 01.02.2022
Cookies-Banner von Google
Cookie-Einstellungen auf der Google-Startseite (Deutschlandradio)
Ganze 108 Seiten haben sie nach Brüssel geschickt - ein Bündnis von verschiedenen Presseverlagen und Verbänden aus der Werbewirtschaft schlägt darin Alarm: "Den Verbrauchern wird eine geringere Auswahl an Online-Angeboten zur Verfügung stehen und sie werden künftig vermehrt für Inhalte zahlen müssen", so die Einschätzung von Philipp Ostendorff vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft.
Dieser und sieben weitere Verbände haben sich bei der EU-Kommission beschwert, und zwar über Google. Der Vorwurf an den Suchmaschinengiganten lautet, dass er seine Marktmacht ausnutzt. Google hat angekündigt, sogenannte Drittanbieter-Cookies in seinem Browser Chrome in Zukunft verbieten zu wollen.

Sorge vor massivem Umsatzrückgang

"Konkret befürchten wir, dass die Presse-, Medien- und Rundfunkvielfalt reduziert wird, wenn die zentrale Finanzierungsquelle zahlreicher Inhalte-Anbieter wegbricht", so Ostendorff.
Neben Verbänden aus der Werbewirtschaft haben sich auch der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger der Beschwerde angeschlossen. Bis zu 70 Prozent Umsatzeinbußen könnten sie erleiden, steht in der Pressemitteilung, und das Wort: existenzgefährdend.
Denn kostenlose Online-Inhalte finanzieren viele Verleger durch Online-Anzeigen. Und die sind meist perfekt auf den jeweiligen Nutzer zugeschnitten. Ermöglicht wird das durch sogenannte Cookies. Das sind digitale Fußabdrücke, sie speichern Informationen, zum Beispiel darüber, wie lange eine Nutzerin eine Webseite besucht hat und ob sie dort etwas gekauft hat. Mithilfe der gesammelten Daten kann dann personalisierte Werbung geschaltet werden.

Kein Kommentar von der EU-Kommission

Cookies können von Webseiten-Betreibern oder von Dritten gesetzt werden. Solche Drittanbieter-Cookies stammen häufig von Werbetreibenden. Und das will Google ihnen verbieten, weswegen sich die Verbände benachteiligt fühlen. Hier kommt die EU-Kommission ins Spiel.
"We have indeed seen the press reports and have no comment on them."
Die Kommission will die Beschwerde nicht kommentieren - und verweist auf eine laufende Untersuchung, die die Behörde im letzten Juni eingeleitet hat. Damit prüft sie, ob Google gegen Wettbewerbsvorschriften verstoßen hat, indem der Suchmaschinenbetreiber seine eigenen Online-Anzeigen-Dienste zulasten von konkurrierenden Anbietern bevorzugt hat.

Google verweist auf den Datenschutz und die Konkurrenz

Bei dem Verfahren gehe es unter anderem um Googles Ankündigung, Cookies von Drittparteien zu verbieten und sie durch ein Maßnahmenbündel für mehr Privatsphäre zu ersetzen, die sogenannte privacy sandbox.
Hier ist Google bereits zurückgerudert: Ursprünglich sollte das sogenannte FLoC-Modell Nutzerinnen in Interessengruppen unterteilen – also zum Beispiel Sport oder Autos - und so für mehr Anonymität sorgen. Statt FLoC setzt Google nun auf „topics“, das zwar auch Interessenprofile erstellt, aber mit mehr Einschränkungen.
Seine Pläne, Cookies abschaffen zu wollen, begründet Google mit dem Schutz der Privatsphäre. Außerdem, so Google weiter, hätten andere Browser bereits Drittanbieter-Cookies blockiert. Tatsächlich machen Safari von Apple und Mozillas Firefox das schon länger. Doch im Gegensatz zu ihnen ist der Marktanteil von Chrome deutlich höher. Mit seinen drei Milliarden Nutzern wäre es das faktische Aus für Cookies.

"Presse braucht stabile Erträge"

Von den Verlegern heißt es, Google würde die Privatsphäre nur vorschieben, "denn Google selbst ist von dieser Cookie-Blockade nicht betroffen, kann also weiterhin Werbung personalisieren und seine Werbeerlöse immer weiter steigern", erklärt Philipp Ostendorff.
Für verständlich hält die EU-Abgeordnete Alexandra Geese von den Grünen das Anliegen der Verleger:
"Denn unsere Presse braucht stabile Erträge. Es verkennt jedoch, dass der globale Trend dahingeht, dass eine Handvoll globaler Plattformen enorme Datenmengen kontrollieren, mit denen Verleger nicht mithalten können."
Geese empfiehlt stattdessen, auf kontextbezogene Werbung zu setzen, also Werbung, die auf den Inhalt einer Webseite abgestimmt ist und nicht auf den jeweiligen Nutzer. Ein Konzept, das die Verleger an die Print-Zeitung erinnern dürfte.