
Damals waren Anagramme ein beliebtes Mittel, um sich dennoch die Priorität einer Entdeckung zu sichern. So schrieb Galilei dem aus Weil der Stadt stammenden Astronomen Johannes Kepler einen Brief mit dem lateinischen Satz "Haec immatura a me iam frustra leguntur oy", "Dieses noch Unreife wird von mir bisher vergeblich vorgetragen".
Kepler versuchte, die Buchstaben so umzustellen, dass sie astronomisch einen Sinn ergäben. Schließlich meinte er, Galilei habe zwei Marsmonde entdeckt.
Nach einiger Zeit löste der Italiener das Rätsel auf. Der Satz lautet "Cynthiae figuras aemulatur Mater Amorum", "Die Gestalten Cynthias werden von der Mutter der Liebe nachgeahmt". Cynthia ist ein anderer Name für die Mondgöttin Artemis. Galilei teilte auf gut Deutsch mit, dass die Venus – die Göttin der Liebe – Phasen wie der Mond zeigt.

Dies war eine weitere bedeutende Entdeckung, die für das neue Weltbild mit der Sonne im Zentrum sprach. Im alten geozentrischen Modell lassen sich die Phasen der Venus nicht erklären.
Keplers Lösung des Anagramms war falsch – und trotzdem richtig. Denn tatsächlich hat Mars zwei Monde, die aber erst zweieinhalb Jahrhunderte später entdeckt wurden. Da die Erde einen Mond hat und bei Jupiter vier bekannt waren, lag damals die Vermutung nah, dass der Planet dazwischen zwei haben müsste.