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Versicherungen
Wir sind wichtig

Das Sicherheitsbedürfnis der Deutschen bringt Versicherungskonzernen Gewinne und dem Staat Steuern ein. Um ihre Bedeutung für den Wirtschaftsstandort klar zu machen und wohl auch, um ein bisschen Stimmung gegen weitere Regulierung zu schüren, hat sich die Branche nun in einer Studie porträtieren lassen.

Von Michael Braun |
    Jeder kennt das: Wenn eine Versicherung mal zahlt, ist man überrascht. Oft verhindert das Kleingedruckte, etwa der Hinweis auf eine Unterversicherung oder der Ausschluss bestimmter Schadensursachen, das, was sich der Versicherungsnehmer von der Versicherung erhofft hatte: Sicherheit. Hat die Versicherungsbrache ein Rechtfertigungsproblem?
    Sie bestritt das heute, als sie eine Studie der Prognos AG vorstellte. Thema: Die Bedeutung der Versicherungswirtschaft am Standort Deutschland. Heraus kam: Die Bedeutung ist groß. So trage die Branche etwa 4,4 Prozent zum gesamten Steueraufkommen bei. Und: Ohne Versicherungen wäre das Wachstum in Deutschland sehr viel zurückhaltender. Die deutsche Wirtschaftsleistung sei, so Prognos-Forscher Christian Böllhoff, zwischen 1995 und 2008 um gut 400 Milliarden Euro gewachsen. Ein Achtel davon sei dem Beitrag der Versicherungswirtschaft zu verdanken:
    „Oder anders formuliert: Von den Gesamt-400-Milliarden Euro, (um) die die Wirtschaft in dieser Zeit gewachsen (ist), sind 67 Milliarden Euro verursacht durch den funktionalen Effekt, den die Versicherungswirtschaft hat. Und das, denke ich, ist wirklich ein sehr beachtliches Ergebnis.“
    Beachtlich wohl deshalb, weil die Versicherungen oft erst wirtschaftliches Handeln ermöglichen. Ohne Versicherung würde manche Arbeit nicht angepackt:
    „Witterung, Vandalismus, Konstruktions-, Materialfehler, Fahrlässigkeit und so weiter – all das wäre undenkbar ohne so etwas wie Bauleistungsversicherung.“
    So weit, so bekannt. Doch die Versicherungsbranche ahnt wohl, dass sie nicht überall Risiken aufnehmen und damit dämpfen kann. Der Präsident des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft, Alexander Erdland, drückte das so aus:
    „Es gibt ja keine Zeit, in der es nicht auch wichtige Herausforderungen gibt.“
    Nicht alles sei versicherbar, sagte er, jedenfalls noch nicht, schon weil die Risiken nicht abschätzbar, nicht berechenbar und deshalb nicht auf eine Versichertengemeinschaft umlegbar seien. Die Folgen von Cyberattacken oder die Folgen des Klimawandels. Böllhoff nannte ein Beispiel:
    „Wenn es heute zu einer Hochwasserkatastrophe in Thailand kommt, dann hat das unmittelbare Folgen für die Lieferketten von Unternehmen hier und woanders. Und das sind Dinge, die überhaupt erst abgebildet werden müssen.“
    Da bittet sie also die Kundschaft vorsorglich um Verständnis. Und Wünsche an die Politik hat die Branche auch. Sie würde ja gerne in alternative Energien, Straßen und Brücken investieren. Doch für diese Zwecke schreibe die Versicherungsaufsicht im entsprechenden Regelwerk Solvency II sehr viel Eigenkapital vor:
    „Derzeit sollen Investitionen in erneuerbare Energie- und Infrastrukturprojekte unter Solvency II wie risikoreiche Investitionen in Hedgefonds oder Private Equity behandelt werden, obwohl sie deutlich sicherer sind.“
    Ohne diese Vorschrift könnten die Versicherungen die Energiewende entscheidend voranbringen.