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Vertrauensabstimmung in Spanien
Eine Wahl nach der anderen

Spaniens geschäftsführender Ministerpräsident Mariano Rajoy ist bei seiner Wiederwahl gescheitert. Der Vorsitzende der Sozialisten, Pedro Sánchez, will eine Wiederwahl des konservativen Rajoys auch bei einer zweiten Abstimmung am Freitag nicht unterstützen. Damit besteht die Gefahr, dass die Spanier zum dritten Mal binnen eines Jahres an die Urnen gerufen werden.

Von Marc Dugge | 01.09.2016
    Spanien: Vertrauensabstimmung im Parlament, Spaniens amtierender Ministerpräsident Mariano Rajoy ist bei seiner Wiederwahl gescheitert.
    Vertrauensabstimmung im Parlament: Spaniens amtierender Ministerpräsident Mariano Rajoy scheitert bei seiner Wiederwahl. (imago / Agencia EFE)
    Es ist kurz nach 20 Uhr, als Parlamentspräsidentin Ana Pastor das Ergebnis präsentiert:
    "170 Stimmen für Rajoy, 180 gegen ihn, Enthaltungen: Keine. Damit hat der Kandidat Rajoy nicht die nötige absolute Mehrheit erreicht. Die Präsidentin ruft daher das Parlament zur zweiten Abstimmung: Am 2. September um 19 Uhr."
    Ana Pastor wird an diesem Abend ziemlich müde ins Bett gefallen sein. Denn sie und die Abgeordneten haben einen echten Sitzungsmarathon hinter sich: Mehr als zehn Stunden haben sie hier getagt. Und sich einen Schlagabtausch nach dem anderen geliefert. Die Protagonisten: Der Konservative Mariano Rajoy auf der einen Seite - der Sozialist Pedro Sanchez auf der anderen:
    "Das Problem ist nicht, dass Ihnen die Sozialisten kein Vertrauen schenken. Das Problem ist, dass man Ihnen nicht trauen kann. Deswegen stimmen wir gegen Sie."
    Rajoy bekam nicht eine Stimme mehr als erwartet
    Und das taten die Sozialisten auch – geschlossen. Trotz aller Überzeugungsversuche: Rajoy bekam nicht eine Stimme mehr als erwartet. Aber auch nicht eine weniger. Für ihn stimmten die liberalen Ciudadanos und eine Regionalpartei, die Koalition der Kanaren. Gegen ihn die Sozialisten, die Linkspartei Podemos und einige Splitterparteien. An den Fronten dürfte sich auch am Freitag nichts ändern. Pedro Sanchez hat jedenfalls nicht erkennen lassen, dass er einlenken wird.
    Eine neue Amtszeit von Mariano Rajoy will Sanchez um jeden Preis verhindern. Denn Rajoy ist in seinen Augen das Gesicht einer korrupten konservativen Volkspartei. Genüßlich zählte er all die Straftaten auf, die Mitgliedern der Konservativen vorgehalten werden. Rajoy konterte – etwas ungelenk:
    "Wenn ich so ein schlecht bin, wie schlecht sind dann Sie erst? Äußerst schlecht?"
    Rajoy braucht die Sozialisten. Deswegen appellierte er immer wieder an die Partei, doch einzulenken.
    "Eine Wahl nach der anderen organisieren"
    "Spanien braucht eine Regierung – und wir können hier nicht warten und eine Wahl nach der anderen organisieren, bis es ein Ergebnis gibt, das Herrn Sanchez gefällt. Das ist ungerecht gegenüber den Spaniern, Ihre Interessen wiegen mehr als die Ihren, Herr Sanchez!"
    Zu möglichen Alternativen äußerte sich Pedro Sanchez nicht. Ein alternatives Bündnis mit Podemos will er auch nicht - es gilt sowieso als unwahrscheinlich. Auch wenn Podemos-Chef Pablo Iglesias noch einmal betonte, dass er der ideale Partner für die Sozialisten sei. Schließlich sei er anders als Rajoy glaubwürdig.
    Wie glaubwürdig die Äußerungen der Politiker sind, dass sie tatsächlich dritte Wahlen um jeden Preis vermeiden wollen, wird sich am Freitag zeigen, beim zweiten Wahlgang. Sollte nicht eine Überraschung passieren, dürfte das Paktieren auch in den kommenden Wochen weitergehen.