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Verzweifelter Schlagabtausch

Die FH Darmstadt ist mit knapp 10.000 Studierenden eine der größten Fachhochschulen Deutschlands. Doch seit einigen Wochen hängt der Haussegen mächtig schief. Im Zentrum des Konfliktes steht die Präsidentin der Hochschule. Ihr wird vom Senat ein autoritärer Führungsstil vorgeworfen, mit großer Mehrheit hat das Gremium deshalb den Rücktritt der Präsidentin nahegelegt. Doch diese will bleiben.

Von Ludger Fittkau | 29.07.2008
    Burhan Kösker ist Senatsmitglied und AstA- Referent an der Darmstädter Fachhochschule. Es ist für ihn nicht ganz einfach, über die verfahrene Lage zu sprechen. Auch deshalb, weil die Präsidentin in einem Rundschreiben darauf aufmerksam gemacht hat, dass ausschließlich sie für die Außendarstellung der Hochschule verantwortlich sei und andere Hochschulangehörige Kontakte mit der Presse tunlichst vermeiden sollten. Burhan Kösker spricht von einem "Maulkorberlass" den er als Demokrat nicht akzeptieren wolle. Er hofft, deswegen keinen Repressionen von Seiten der Hochschulleitung ausgesetzt zu sein:

    " Ich hoffe, ich hoffe sehr. Man weiß ja nie, was wieder aus dem Hut hinausgezaubert wird. Ein bisschen hat man natürlich schon ein mulmiges Gefühl und man sieht einfach, das die Hochschule drunter leidet und irgendwo reicht es auch."

    Dennoch hat Burhan Kösker weiterhin Respekt vor dem, was die Präsidentin
    Maria Overbeck-Larisch in den letzten vier Jahren für die Hochschule geleistet hat: Sie sei eine starke Präsidentin gewesen, sagt er. Doch während sie vor allem auf Außenwirkung setzte, wuchs intern der Kreis der Kritiker ihres als autoritär bezeichneten Führungsstiles. Ein beliebter Vizepräsident warf entnervt das Handtuch, im Senat formierte sich eine schlagkräftige Opposition. In den letzten Wochen eskalierte der Konflikt: Anfang Juli forderte der Senat mit einer Mehrheit von 15 zu 2 Stimmen die Präsidentin zum Rücktritt auf. Doch das Abwahlverfahren, dass der Senat einleiten wollte, wurde vom Hochschulrat gestoppt. Bernd Steffensen vertritt im Senat die "Alternative Liste" der Professoren:

    "Im Moment ist es einfach schwierig. Vom Senat sind die Möglichkeiten, etwas zu tun, letztendlich beschränkt. Wir sind an der Stelle auf den Hochschulrat letztlich angewiesen, der ist die entscheidende Stellschraube."

    Die ehemalige hessische SPD-Landtagsabgeordnete Erika Fellner ist Vorsitzende des Hochschulrates. Dieses Honoratioren-Gremium sieht sich im Konflikt zwischen Präsidentin und Senat in einer Mittlerrolle. Erika Fellner möchte die Abwahl der Präsidentin verhindern und die Gräben zuschütten, die sich aufgetan haben. Sie verteidigt auch das Rechtsanwaltsschreiben, dass die Präsidentin an ein Senatsmitglied schicken ließ, den sie als Rädelsführer ausgemacht hat:

    " Ich kann nur sagen, dass der externe Anwalt, den die Präsidentin bemüht hat, deswegen eingeschaltet wurde, weil sie den Eindruck hatte, den eigenen Justiziaren würde nicht geglaubt, weil man sie in Abhängigkeit zu ihr sieht."

    Doch der Senat ist über diesen Anwaltsbrief empört und verlangt mit wiederum großer Mehrzeit eine Entschuldigung der Präsidentin. Diese schweigt und war auch für den Deutschlandfunk nicht zu sprechen.

    Professor Hermann Meuth von der Senatsliste "Dritte Kraft" glaubt nicht mehr daran, dass die vom Hochschulrat vorgeschlagene Organisationsberatung durch externe Fachleute das zerstörte Vertrauensverhältnis zwischen Präsidentin und der Hochschule noch kitten kann:

    "So eine Beratung, so ein Verfahren ist sicher gut. Unabhängig vom jetzigen Stadt unseres Präsidiums und wäre sicher sehr lehrreich. Es müssen natürlich alle beteiligt sein und alle sich einbringen. Aus dem bisherigen Zick-Zack-Kurs der Präsidentin ist aber zu befürchten, dass das sich nicht lange durchhalten lässt."

    Dennoch sieht auch der Senat: Der Hochschulrat ist nun das Gremium, das am Zuge ist. Professor Heinz-Erich Erbs vertritt im Senat die Liste "Pro F". Er plädiert für einen "Runden Tisch" der Gremien:

    " Der Hochschulrat hat seine Stellung nach dem Hochschulgesetz, insofern kann man nicht über den hinwegsehen. Aber es ist wesentlich, das der Hochschulrat sich aktiv beteiligt in dem Prozess und nicht nur eine Verweigerungshaltung einnimmt. Insofern braucht es genau diesen runden Tisch zwischen Hochschulrat und Senat, um die anstehenden Probleme gemeinsam zu lösen."

    Die Studierenden hoffen, dass der Hochschulrat sich jetzt darüber klar wird, wie tief die Gräben sind, die Senat und Studierendenvertretung inzwischen von der Präsidentin trennen. Am Ende müsse der Hochschulrat sein Veto gegen ein schnelles Abwahlverfahren zurücknehmen, um Schaden von der Hochschule abzuwenden, glaubt Burhan Kösker:

    " Der Hochschulrat wird in den nächsten Tagen auch reagieren müssen. Wir müssen schauen, dass der Hochschulrat letztendlich die ganzer Problematik auch wirklich sieht und sagt: Ne, das Veto ziehen wir zurück."