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Vision der Motor-Pioniere

Technik. - Eigentlich sollten sie ihren wohl verdienten Ruhestand genießen, doch ihre Passion lässt sie nicht ruhen: Eine Gruppe pensionierter Ingenieure verfolgt ihre Vision eines idealen Auto-Triebwerks. Denn der so genannte Druckzellenmotor besitzt interessante Vorzüge.

Von Sönke Gäthke | 19.09.2005
    Die Zeit des Hubkolbenmotors – wie er in jedem Auto Dienst tut – ist vorbei. Zumindest wenn es nach dem Willen von Johannes Reitz geht.

    "Wir können uns das nicht mehr leisten, mit diesen Ottomotoren und Diesel weiter zu leben. Dafür sind die Wirkungsgrade zu schlecht und eigentlich für die nachkommende Generation unverantwortlich schlecht. Und zwar, wenn wir global denken. "

    Der Ingenieur hat sein Leben lang Motoren entwickelt. Bei NSU hat er den Wankelmotor zum Laufen gebracht, später für ein anderes Unternehmen Kolben entwickelt und schließlich sein eigenes Büro eröffnet. Heute ist er über 80 und sicher, dass die Maschinen, die er mitentwickelt hat, sich kaum noch verbessern lassen. Die Zukunft gehört vielmehr einem völlig neuen Motor: einem Motor, der sauber ist, einen hohen Wirkungsgrad hat und beinahe mit allem läuft, was brennbar ist. Druckzellenmotor nennt Reitz seine Entwicklung.

    "Ich bin überzeugt, dass wir uns das hier in Deutschland überlegen müssen, und zwar deswegen, weil ich aus meiner eigenen Erfahrung aus den Wankel-Jahren, wo ich dort war, gelernt habe, dass man von Deutschland eigentlich so etwas sogar erwartet. "

    Im Prinzip laufen in diesem Motor genau die gleichen Arbeitsphasen ab wie in einem konventionellen Motor: In der ersten Phase saugt der Motor ein Benzin-Luft Gemisch an. In der zweiten komprimiert und zündet er. In der dritten dehnen sich die Gase schlagartig aus. Diese Ausdehnung wird in eine Drehung umgesetzt. Der Unterschied ist jedoch: Im Hubkolbenmotor laufen alle Vorgänge in einem Raum ab: im Zylinder. Im Druckzellenmotor dagegen gibt es für jeden Arbeitsvorgang eine eigene Kammer: In der Verdichter-Kammer läuft die erste Phase ab: ein turbinenähnliches Schaufelrad komprimiert das Benzin-Gemisch. Über einen kurzen Kanal gelangt es dann für die zweite Phase in die separate Brennkammer: Das Gemisch zündet.

    Über einen weiteren Kanal dehnen sich die heißen Abgase mit hohem Druck in die dritte Kammer aus. In dieser befindet sich wieder ein Schaufelrad. Hier läuft die dritte Phase ab: Die Abgase strömen über das Schaufelrad, die Ausdehnung wird in eine Drehung umgesetzt. Diese Auftrennung der Prozesse im Motor hat drei Vorteile: Zum einen arbeitet der Motor wirtschaftlicher als eine konventionelle Maschine, sagt Stefan Pischinger, Motorenentwickler von der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule Aachen.

    "Beim Hubkolbenmotor verdichten Sie ja genau so stark, wie sie expandieren, das heißt, der Kolben geht den gleichen Weg hoch, wie er wieder runter geht. Wenn ich jetzt den Vorgang trenne auf zwei verschiedene Maschinen, dann kann ich länger expandieren als verdichten, und das ist thermodynamisch günstiger und führt zunächst zu günstigeren Wirkungsgraden."

    Zum Zweiten kann der Druckzellenmotor prinzipiell deutlich schlechtere und damit billigere Kraftstoffe verbrennen als normale Otto- oder Dieselmotoren. Und drittens soll der Druckzellenmotor sauberer sein als ein normaler Motor: Das Benzin verbrennt bei einer konstanten Temperatur von rund 1200 Grad Celsius. Das ist deutlich niedriger als im konventionellen Motor, und dabei entstehen zum Beispiel keine Stickoxide. Allerdings vermutet Pischinger, dass die Konstrukteure dieser Maschine noch große Probleme bei der Umsetzung ihrer Konstruktion lösen müssen. Denn der große Vorteil der Maschine – die kontinuierliche Verbrennung – ist auch gleichzeitig der große Nachteil gegenüber konventionellen Motoren.

    "Diese Brennkammer wird jetzt sehr heiß hier und ist daher thermisch sehr hoch belastet. Schlimmer aber noch, die Expansionskammer muss ständig diese hohen Temperaturen ertragen. Und das ist natürlich ein erheblicher Entwicklungsaufwand, das hinzukriegen. "

    Reitz und ein Unterstützerkreis arbeiten mit Hochdruck daran, den Motor fertig zu konstruieren. Als erstes wollen sie nachweisen, dass die der Verdichter und der baugleiche Expander funktionieren; dann hoffen sie, werde sich auch ein Geldgeber finden, um die Entwicklung eines ganzen Motors zu bezahlen. Der Zeitplan dafür steht. Und nennt als Jahr des ersten Probebetriebes 2008.