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Volker Beck schlägt Veröffentlichung von Sponsoring-Verträgen vor

"Die Bürgerinnen und Bürger sollten schon wissen, woher die Parteien ihr Geld bekommen", sagt Volker Beck über die NRW-CDU-Sponsoringaffäre, "weil damit auch unter Umständen Zusammenhänge sichtbar werden, die das Handeln der Parteien beeinflussen."

24.02.2010
    Gerwald Herter: Schwarz-Grün, das steht längst nicht mehr für politische Utopie, sondern für gemeinsames Regieren trotz inhaltlicher Gegensätze. In Hamburg ist die schwarz-grüne Koalition seit zwei Jahren an der Regierung. Der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust attestiert den Grünen auch auf Bundesebene Koalitionsfähigkeit.
    Nun bin ich mit Volker Beck verbunden, dem Parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen im Bundestag. Guten Morgen, Herr Beck!

    Volker Beck: Guten Morgen.

    Herter: Herr Beck, nicht nur die Hamburger Grünen, sondern auch Ihre Parteifreundinnen und –Freunde in Nordrhein-Westfalen haben den Charme eines schwarz-grünen Bündnisses entdeckt. Ginge das jetzt noch nach den Problemen der CDU dort, Stichwort Sponsoring?

    Beck: Niemand hat den Charme eines schwarz-grünen Bündnisses in NRW entdeckt, sondern unser Wahlziel ist ganz klar: Wir wollen eine Mehrheit für Rot-Grün. Und wenn das nicht klappt, dann muss man sehen, was geht. Dabei kommt auch infrage, wenn Die Linke sich besinnt und auf eine konstruktive Politik orientiert, genauso gut ein rot-rot-grünes Bündnis, aber natürlich nur, wenn es stabil und belastbar ist. Aber von Schwarz-Grün träumt bei uns niemand und das hat gute Gründe: Einerseits die FDP als Mövenpickpartei, die hohe Spendeneinnahmen geriert, um dann entsprechende Gesetze zu beschließen und durchzusetzen in der Koalition, und was bei der CDU da läuft, ist offensichtlich auch nicht ganz in Übereinstimmung mit dem Parteiengesetz und nicht okay. Das sind nicht gerade Argumente, um mit diesen Partnern womöglich ein Regierungsbündnis zu bilden. Deshalb kämpfen wir auch für eine andere Regierung. Wir wollen die Politik, die in den letzten Jahren in Nordrhein-Westfalen gemacht wird, gerade bei der Bildungspolitik und auch bei den Einsparungen zulasten der Kommunen, definitiv stoppen. Das ist unser Ziel und dafür kämpfen wir.

    Herter: Aber für Rot-Grün würde es derzeit eben nicht reichen. Ist es da schade, dass es Ihnen die CDU in Nordrhein-Westfalen so schwer macht, von einer Koalition zu träumen?

    Beck: Wir träumen grundsätzlich nicht von Koalitionen, sondern wir kämpfen für unsere politischen Ziele und dabei ist Schwarz-Grün sicher nicht die erste Priorität, sondern wir wollen für Rot-Grün kämpfen, weil wir da die meisten politischen Übereinstimmungen haben. Es geht ja nicht um interessante Farbenspiele, sondern es geht am Ende darum, wo kann man die meisten Inhalte, die im Programm stehen, auch tatsächlich in Regierungshandeln umsetzen. Das ist die Hauptaufgabe und an der orientieren wir uns.

    Herter: Aber es geht auch darum, möglichst viele Optionen zu haben, um möglichst viele Forderungen bei verschiedenen Partnern durchzusetzen, oder?

    Beck: Es stärkt einen sicher, wenn man mehrere Möglichkeiten hat. Das stärkt einen auch mit dem Wunschpartner Nr. Eins, den man hat, weil man damit deutlich machen kann, jemand kann mit uns nicht Schlitten fahren. Aber das ist auch das Einzige, was mich an dieser Frage interessiert. Ansonsten sind wir jetzt im Wahlkampf und wollen unsere Wählerinnen und Wähler nicht durcheinanderbringen, indem wir über irgendwelche Farbspiele diskutieren, sondern indem wir darüber reden, wie kommen wir zu längerem gemeinsamen Lernen und einem definitiven Ausstieg aus dem mehrgliedrigen Schulsystem, wie kommen wir hin zu einer Orientierung an erneuerbaren Energien, weg von Kohle und Atom, und wie kommen wir dazu, dass unsere Kommunen finanziell noch handlungsfähig bleiben, angesichts der desolaten Situation des Staatshaushaltes, und deshalb ist eine der Hauptaufgaben auch in der Landtagswahl in NRW, die schwarz-gelbe Politik im Bund zu stoppen und deutlich zu machen, aus den Steuersenkungsplänen, die den Staat zu dramatischen Einsparungen im Sozialbereich zwingen würden und die Kommunen endgültig ausbluten würden, darf nichts werden, genauso wenig wie aus der Kopfpauschale von Herrn Rösler. Diese Politik kann man dadurch beeinflussen, dass man in NRW eine andere Mehrheit wählt und damit die Bundesratsmehrheit von Schwarz-Gelb futsch ist.

    Herter: Bleiben wir mal bei Ihrem Gegner in Nordrhein-Westfalen, der CDU. Wie ernst nehmen Sie das, was über die Sponsoring-Angebote der CDU in Nordrhein-Westfalen bekannt geworden ist?

    Beck: Dieses Sponsoring, so wie es gelaufen ist, war wohl kein reines Sponsoring. Sponsoring ist ja grundsätzlich okay, machen alle Parteien, dass man Stände auf Parteitagen für Geld an Firmen vermietet und für NGOs (Non-Government-Organisations, Anm. d. Onlineredaktion) vielleicht umsonst oder sehr preiswert abgibt. Aber es gab bei der NRW-CDU offensichtlich ein Paket, da konnte man einen Messestand mieten plus einen Ministerpräsidenten, und dann war es teuerer, als wenn man nur den Messestand nahm, und das scheint mir, dieser Teil mit dem Ministerpräsidenten, eine unzulässige Spende zu sein, weil Spenden mit Gegenleistung sind nicht zulässig und die Gegenleistung in dem Fall für die Geldzahlung, die höher ist als bei einem normalen Messestand, war ja, da stand ja kein anderer Wert gegenüber, und damit ist deutlich: Hier ist die CDU in NRW mindestens am Parteiengesetz vorbeigeschrammt. Ich habe den Bundestagspräsidenten Lammert auch gebeten, diese Praxis zu überprüfen. Meines Erachtens sieht vieles so aus, als ob das illegale Parteispenden in dem Fall waren, die entsprechend auch sanktioniert werden müssen nach dem Parteiengesetz.

    Herter: Müssen solche Einkünfte der Parteien – auch die Grünen vermieten ja Stände bei Parteitagen – genauso transparent gemacht werden wie zum Beispiel Großspenden?

    Beck: Wir haben ja als Grüne einen Antrag in den Bundestag eingebracht, unter anderem anlässlich des GRECO-Berichts des Europarates – das ist die Staatengemeinschaft gegen die Korruption -, und wir fordern im Parteiengesetz insgesamt mehr Transparenz. Das soll die Unternehmensspenden einerseits betreffen, das soll aber auch die Frage von Sponsoring noch mal klären. Sponsoring ist zulässig, und wenn es okay läuft, ist daran gar nichts auszusetzen, aber es spräche einiges dafür, auch Sponsoring-Verträge ab einer bestimmten Summe zu veröffentlichen, weil das ist eine Möglichkeit, genauso Geldzufluss für die Parteien zu gerieren, und die Bürgerinnen und Bürger sollten schon wissen, woher die Parteien ihr Geld bekommen, weil damit auch unter Umständen Zusammenhänge sichtbar werden, die das Handeln der Parteien beeinflussen. Die ganze Regelung des Parteiengesetzes ist ja darauf ausgerichtet, dass durch Transparenz verhindert werden kann, dass mit Geld auf die politische Willensbildung der Parteien zunächst und damit auch der Parlamente und der Regierung verhindert werden kann.

    Herter: Der Parlamentarische Geschäftsführer – Herr Beck, aus Zeitgründen müssen wir hier stoppen – der Grünen im Bundestag, Volker Beck, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Herr Beck, vielen Dank.