Die Frauen seien an allem schuld, singt die Nachtklubsängerin Gilda, selbst beim Erdbeben in San Francisco hätten sie die Hände im Spiel gehabt. Und jeder versteht, wie es gemeint ist. Es knistert, es zittert, es bebt. Ihr Striptease - wenn sie die langen schwarzglänzenden Handschuhe bedeutsam abstreift und ins Publikum schleudert, hat Filmgeschichte geschrieben.
Diese eine Szene genügt, ihre vitale Erscheinung, ihr breites Lachen, Glamour pur, um zu begreifen, warum Rita Hayworth in den vierziger Jahren zur amerikanischen Sexgöttin gekrönt und als schönste Frau der Welt gefeiert wurde.
Kindheit mit hässlichen Schattenseiten
Die Story: Gilda und Johnny verbindet eine Hassliebe, eine Beziehung zwischen Verführung und Vergeltung, die, wie Gilda befürchtet, sie eines Tages umbringen werde:
"Hate is a very exciting emotion. Very exciting. I hate you too, Johnny. I hate you so much, I think I'm gonna die from it."
"Gilda" ist Kult. Ihre Eigenständigkeit macht sie auch zur ersten modernen Frauenfigur des Hollywoodkinos. Rita selbst, die fünfmal verheiratet war, hat lange gebraucht, um der komplexen Wirkung des Starwesens auf die Spur zu kommen.
"Sie vergessen das Menschliche einer Person. Sie denken, Du seist ein Gegenstand. Es ist alles so abgedreht. Ich war eine gut ausgebildete Tänzerin. Ich bin eine gute Schauspielerin. Ich habe Tiefe. Ich habe Gefühl. Das ist denen aber egal. Sie wollen nur eins: das Image."
Die Lebensgeschichte der am 17. Oktober 1918 in Brooklyn/New York als Margarita Carmen Cansino geborenen Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin ist eine Cinderella-Story. Ein amerikanischer Traum mit hässlichen Schattenseiten. Im Licht steht der kometenhafte Aufstieg der stets als schüchtern und unsicher beschriebenen Rita aus den bescheidenen Verhältnissen einer spanischen Einwandererfamilie zum Weltstar; im Schatten ein Kind, das bereits mit vier Jahren täglich im Tanzstudio trainierte und ein junges Mädchen, das mit zwölf als Tanz-Partnerin ihres Vaters durch die mexikanischen Nachtklubs tingelte und sexuell missbraucht wurde.
Von der Mexikanerin zum "American Glamour Girl"
Mit der Entdeckung fürs Kino begann die Metamorphose der Rita Hayworth. Aus der pummeligen dunkelhaarigen "Mexikanerin" wurde eine gertenschlanke "Amerikanerin" mit einer tizianroten Haarpracht, ihrem Markenzeichen. Rita Hayworth absolvierte den steinigen Weg nach oben - vom Pin-up zur Titelbildschönheit - wurde vom Columbia Studio entdeckt und zum Superstar aufgebaut.
Ihre illustren Hochzeiten, mit Orson Welles oder dem steinreichen Prinzen und Playboy Ali Khan, waren auch ein Versuch, dem Filmgeschäft und dem Diktat des Studiochefs Harry Cohn zu entkommen. Der hatte sie auf das Rollenfach femme fatale festgelegt und pochte darauf, dass ihre Singstimme synchronisiert wurde. Ihre Begabung als Tänzerin konnte sie vor allem in "Cover Girl" als Partnerin von Gene Kelly und in zwei Tanzfilmen mit Fred Astaire voll entfalten.
"Es gab niemanden, der so schnell wie sie neue Schritte lernen konnte. Wenn ich ihr eine Schrittfolge vor dem Lunch zeigte, konnte sie das Ganze gleich danach perfekt tanzen. Sie musste die Nummer beim Essen im Kopf geprobt haben."
Ende als Alzheimer-Patientin
Die ältere Rita Hayworth konnte sich nur als "ausgeliehener" Star oder dank ihrer eigenen Produktionsfirma auch anspruchsvollere Rollen aussuchen. Dazu gehörten Filme wie "Separate Tables", "They came to Cordura", "Fire Down Below", letzterer unter der Regie von Robert Parrish, der seinen Hauptdarsteller Robert Mitchum einmal gefragt hat:
"Was ist eigentlich Ritas Geheimnis?
"Ritas Geheimnis ist, dass es kein Geheimnis gibt", sagte Mitchum. "Sie ist eine ganz gewöhnliche, wahnsinnig nette Frau, die viel zu lange von allen möglichen Leuten ausgenutzt worden ist."
Im Alter wurde aus der schönsten Frau der Welt die erste prominente Alzheimer-Patientin. Lange Jahre führte man ihre Ausfallerscheinungen, ihre Vergesslichkeit, ihre enormen Stimmungsschwankungen auf den Alkohol zurück. Aber Rita Hayworth trank gar nicht übermäßig.
1981 übernahm ihre Tochter Yasmin die Vormundschaft der immer noch schönen, aber vereinsamten Frau und betreute sie bis zu ihrem Tode am 14. Mai 1987 in New York.