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Vor 150 Jahren
Bürgerrechtler W. E. B. Du Bois geboren

William E. B. Du Bois gehört bis heute zu den einflussreichsten Afroamerikanern des 20. Jahrhunderts. Als Wissenschaftler und Aktivist kämpfte er in zahlreichen Reportagen und Essays gegen die Rassentrennung in den USA, forderte das Wahlrecht für Schwarze, Menschenrechte und ökonomische Gerechtigkeit.

Von Birgit Morgenrath | 23.02.2018
    Der Bürgerrechtler William Edward Burghardt du Bois
    Der Bürgerrechtler William Edward Burghardt du Bois (imago stock&people)
    "Das Problem des 20. Jahrhunderts ist das Problem der Rassentrennung; die Frage, wie weit die Unterschiede der Rasse [...] zur Grundlage gemacht werden, um mehr als der Hälfte der Weltbevölkerung das Recht zu verweigern, so gut sie nur können an den Chancen und Privilegien der modernen Zivilisation teilzuhaben", sagte der 32-jährige Afroamerikaner William Edward Burghardt Du Bois im Jahr 1900 - zum Abschluss des Ersten Panafrikanischen Kongresses in London. Ein Satz, der bis heute People of Color weltweit bewegt. Weil Rassismus, laut Du Bois "der Dämon des 20. Jahrhunderts", bis heute aktuell ist. So wie die Werke des ersten afroamerikanischen Soziologen und Schriftsteller.
    Du Bois gilt als ein Begründer der modernen Bürgerrechtsbewegung
    William E. B. Du Bois wurde am 23. Februar 1868, kurz nach dem Ende des Sezessionskrieges und der Abschaffung der Sklaverei in den USA geboren. Der Junge wuchs bei seiner Mutter nahe Boston auf, frei und weit ab von Sklaverei, Lynchjustiz und strenger Rassentrennung in den Südstaaten. Er war ein kluger Schüler und exzellenter Student. Ein Auslandsstipendium brachte ihn nach Berlin und Heidelberg:
    "Als ich 1892 nach Deutschland kam, befand ich mich außerhalb der amerikanischen Welt und konnte sie von außen betrachten. Neben mir lebten Weiße. [...] Sie blieben nicht immer wieder stehen, um mich als Kuriosum oder als eine Art 'Untermenschen' zu betrachten", schreibt Du Bois in seinen Lebenserinnerungen. Er bewunderte Bismarcks Sozialversicherung und hörte soziologische Vorlesungen bei Max Weber. Zurück in den USA, erwarb er als erster Afroamerikaner die Doktorwürde an der Elite-Universität Harvard mit einer Dissertation über den transatlantischen Sklavenhandel.
    Wenig später musste Du Bois als Professor an der afroamerikanischen Universität von Atlanta die Verhältnisse in den Südstaaten am eigenen Leibe erfahren. Sein geliebter Sohn Burghardt starb mit 18 Monaten an Diphtherie, weil kein weißer Arzt den Kleinen behandeln wollte. Noch in Atlanta schrieb Du Bois das Buch "The Souls of Black Folk" - "Die Seele der Schwarzen". Es wurde ein Bestseller und gilt heute als Klassiker des Antirassismus:
    "Es ist sonderbar, dieses doppelte Bewusstsein, dieses Gefühl, sich selbst immer nur durch die Augen anderer wahrzunehmen, der eigenen Seele den Maßstab einer Welt anzulegen, die nur Spott und Mitleid für einen übrig hat. Stets fühlt man seine Zweiheit."
    Er wechselte von der reinen Theorie zum aktiven, politischen Widerstand
    "Und dann kam ich zu dem Schluss, dass Wissen allein nicht ausreichte. Dass selbst gut informierte Leute ihr Handeln nicht änderten. Sie sollten nicht nur Bescheid wissen, sie sollten handeln. Und darum wechselte ich vom Studium zur Propaganda. … studying the Negro problem to propaganda."
    Du Bois gab sein Leben als Wissenschaftler auf und wurde Aktivist in der von ihm mit gegründeten National Association for the Advancement of Colored People, N.A.A.C.P., der ältesten und größten Bürgerrechtsorganisation der USA. Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte er sich in der Friedensbewegung gegen die Atombombe und bekannte sich zu sozialistischen Ideen.
    So geriet er im Kalten Krieg Anfang der 1950er-Jahre ins Visier der antikommunistischen Gesinnungspolizei des "Komitees für unamerikanische Umtriebe" und wurde wie kaum ein anderer schikaniert. Ein paar Monate musste er als vermeintlicher ausländischer Agent in Haft verbringen. Sein Pass wurde konfisziert. Als er ihn nach sechs Jahren wieder in Händen hielt, ging er sofort auf Reisen, in die Sowjetunion und nach China.
    "Diese Reise hat mein Denken total verändert. Ich begann, den Sozialismus für eine mögliche Form der Regierung und Wirtschaft zu halten. Er wurde in Osteuropa erfolgreich praktiziert."
    1961 trat William E. B. Du Bois mit 93 Jahren in die amerikanische kommunistische Partei ein, aus Trotz, so sagen manche. Anschließend zog er – schon krank und auch verbittert - mit seiner zweiten Frau nach Ghana, von wo sein Urgroßvater als Sklave verschleppt worden war.
    "Mein Leben wird nun weiter fließen im kräftigen, jungen Strom des ghanaischen Lebens. Und ich werde nicht umsonst gelebt und gearbeitet haben."
    William E. B. Du Bois starb am 27. August 1963, am Vorabend des historischen Washingtoner Marsches von Martin Luther King.