Die beiden Geschäftspartner hatten wieder einmal gestritten. Der eine wollte expandieren, der andere war ängstlich. Diesmal reichte es dem einen, er schlug vor, ihre Firma, eine bescheidene, aber profitable Ölraffinerie, zu versteigern, nur unter ihnen beiden, jetzt gleich, in einem Hinterzimmer ihres Büros in Cleveland, Ohio. Das erste Gebot: 500 Dollar. Als 72.500 erreicht waren, ging der andere nicht mehr mit. John, sagte er, der Laden ist Deiner. Ein Handschlag besiegelte die Sache an jenem Februartag des Jahres 1865 – und der sagenhafte Aufstieg des John D. Rockefeller konnte beginnen. Das moderne Ölzeitalter auch. Energieexperte und Ökonom Daniel Yergin:
"Er ist der Gründer von Standard Oil, mehr als jeder andere hat er die moderne amerikanische Wirtschaft geprägt. Rockefeller war gleichbedeutend mit Monopol. Und er war einer der meistgehassten Männer des Landes."
Nicht weil er reich wurde, wie kein Amerikaner jemals zuvor. Sondern weil ausgerechnet dieser fromme Baptist das Wirtschaftsleben des Landes kontrollierte, wie keiner zuvor. Wer sich ihm nicht unterwarf, blieb auf der Strecke oder wurde geschluckt, zu Bedingungen, die John D. diktierte.
Rockefeller nutzte die Jahre des Booms
Es sind die Jahre, da sich die USA vom Agrarland zur führenden Industriemacht der Welt entwickeln. Der Amerikanist Volker Depkat:
"Nach 1865 – nach dem Ende des Bürgerkrieges – setzt eine ungeheuer dynamische wirtschaftliche Entwicklung ein, es werden große Fabriken aufgebaut, Stahl- und Eisenindustrie werden wichtig", dazu kommt der Ölboom, 1859 wird Öl in Pennsylvania entdeckt. Bald gibt es hunderte von Raffinerien an der Eisenbahnbahnlinie, die von den Bohrfeldern nach Cleveland führt. Die Glühbirne ist noch nicht erfunden und Petroleum, aus Rohöl gewonnen, heißbegehrt, als Brennstoff für Lampen. Rockefeller erkennt, welch enorme Gewinne der Handel mit dem schwarzen Gold bringen könnte – wenn da nicht die hohen Transportkosten wären."
Skrupellos beginnt er, die Eisenbahnunternehmen gegeneinander auszuspielen und Rabatte zu erzwingen, verbotenerweise. Als Ende der 1860er Jahre die Ölförderung kurzzeitig einbricht, bedient er sich aus der Konkursmasse und organisiert das Ölgeschäft neu, in Trusts, Aktiengesellschaften. Wer sich nicht kaufen lässt, wird niederkonkurriert. Am 10. Januar 1870 gründet John D. Rockefeller schließlich die Standard Oil Company, einen Zusammenschluss von Trusts zu einem Kartell, mit dem Ziel, mittels geballter Masse und Finanzkraft alle Marktbedingungen zu diktieren.
1871 besitzt die Standard Oil zwischen 10 und 20 Prozent der Raffineriekapazitäten der Vereinigten Staaten. 1879 sind es 90 Prozent. Rockefeller ist 31 Jahre alt, steinreich und Amerikas unbestrittener Ölbaron. Sein Beispiel macht Schule. Immer mehr Trusts entstehen durch die horizontale und vertikale Integration von Konkurrenten. Um 1900 ist das Wirtschaftsleben in den USA fest in der Hand von Kartellen.
Der Kampf gegen die Kartelle
"Man denke eben an so berühmte Leute wie Carnegie, der mehr oder weniger die ganze Stahlindustrie monopolisiert", sagt Depkat.
Doch mit den Monopolen wächst auch Widerstand gegen ihre Macht. So genannte "muckrakers", investigative Journalisten, decken die illegalen Seilschaften und Absprachen der Wirtschaftsgiganten auf. Am Ende will sogar Theodore Roosevelt, der Präsident, die Konzerne zu Fall bringen, aus Angst, dass sie den Bestand der amerikanischen Demokratie gefährden.
"Es gibt sehr viele Karikaturen, die dann Roosevelt mit einem großen Knüppel in der Hand zeigen, wie er die Konzerne züchtigt und bändigt, also Roosevelt, der Dompteur", sagt Depkat.
Unter Roosevelts Nachfolger Taft gelingt es schließlich 1911, Standard Oil zu zerschlagen, das damals größte Öl-Raffinerie-Unternehmen der Welt. Ironie der Geschichte: Einige der nun 34 Teilgesellschaften werden im Laufe der Zeit größer, als es der Mutterkonzern Standard Oil jemals war – und sie existieren noch heute: ARCO, seit 1999 Teil von BP, Chevron, seit 2001 mit Texaco unter einem Dach, oder ExxonMobil, die größte der Standard Oil Nachfolgefirmen.
Unter Roosevelts Nachfolger Taft gelingt es schließlich 1911, Standard Oil zu zerschlagen, das damals größte Öl-Raffinerie-Unternehmen der Welt. Ironie der Geschichte: Einige der nun 34 Teilgesellschaften werden im Laufe der Zeit größer, als es der Mutterkonzern Standard Oil jemals war – und sie existieren noch heute: ARCO, seit 1999 Teil von BP, Chevron, seit 2001 mit Texaco unter einem Dach, oder ExxonMobil, die größte der Standard Oil Nachfolgefirmen.