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Vor 200 Jahren geboren
Das wilde Leben der Lola Montez

Sie verstieß gegen jede Benimmregel für anständige Frauen, lüpfte auf der Bühne schamlos die Röcke und verdrehte dem König von Bayern so sehr den Kopf, dass es ihn die Krone kostete. Lola Montez war eine der berühmtesten Frauen ihrer Zeit – dabei gab es sie eigentlich gar nicht.

Von Ulrike Rückert |
    Lola Montez / Daguerreotypie um 1851 Montez, Lola (eigentl. Marie Dolores Gilbert) Tänzerin, Geliebte König Ludwigs I. v. Bayern Limerick (Irland) 17.2.1821 - New York 17.1.1861. Porträtaufnahme (Daguerreotypie), um 1851 (Albert Sands Southworth/Josiah Sands Southworth). New York, Metropolitan Museum of Art.
    Lola Montez auf einer Daguerreotypie von 1851 (picture-alliance / akg-images | akg-images)
    "Die vielbekannte spanische Tänzerin Lola Montez ist hier angekommen und hat die Bitte gestellt, auf hiesigen Hofbühnen tanzen zu dürfen. Da besagte Tänzerin an mehreren Orten schon derart öffentlichen Anstoß erregte, dass polizeiliche Einschreitung notwendig wurde, so bittet der treugehorsamste und ergebene Diener Euer Königlichen Majestät um eine allergnädigste Entscheidung."
    Diese Nachricht seines Hoftheaterdirektors erhielt König Ludwig I. von Bayern im Oktober 1846. Fünf Wochen später schrieb der 60-Jährige an einen Freund:
    "Ich kann mich mit dem Vesuv vergleichen, der für erloschen galt, bis er plötzlich wieder ausbrach."
    Der König war unsterblich verliebt in die dunkelhaarige Schönheit, die erzählte, sie sei Spanierin, von adliger Geburt und von einem traurigen Schicksal gezwungen, ihr Brot auf der Bühne zu verdienen. Doch diese Lola Montez war eine Kunstfigur.
    Der Königsbau der Residenz München.
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    Ludwig II. von Bayern ist als Märchenkönig in die Geschichtsbücher eingegangen und ist weit über die weiß-blauen Landesgrenzen hinaus bekannt. Seinen Großvater Ludwig I. kennen außerhalb Bayerns dagegen weniger Menschen. Zu Unrecht.

    Verliebt in eine Kunstfigur

    Die Fremde hieß Eliza James und war eine britische Offizierstochter, geboren am 17. Februar 1821 in Irland. Sie hatte ihren Ehemann verlassen und eine sehr öffentliche Affäre gehabt, woraufhin er sich scheiden ließ. Mit 21 stand sie vor dem Nichts, wegen eines Verhaltens, das Männer sich straflos erlauben konnten.
    "Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen", schrieb sie in ihren Memoiren. Künftig wollte sie die Schwächen der Männer zu ihrem Vorteil ausnutzen, und dazu blieb ihr nur die halbseidene Welt der Bühnenkünstlerinnen und Kurtisanen. Aus Eliza James wurde Maria de los Dolores de Porris y Montez, die spanische Tänzerin. Ihr Debüt in London war trotz tosenden Beifalls ein Debakel.

    Die irische Spanierin - berühmt und berüchtigt

    "Die ‚Senorita’ ist eine Person, die vor einiger Zeit unter dem Namen Mrs. James empfangen worden ist, und die über alles andere mehr weiß als über das Tanzen", stand danach in der Presse. Besser lief eine Reise durch Europa. Mit zahlreichen Skandälchen und der Erotik ihres Tanzes war sie bald so berühmt wie berüchtigt. Ein Kritiker formulierte es so: "Sie schreibt mit dem ganzen Körper Casanovas Memoiren."
    Zwei Jahre lang lebte sie in Paris vom Geld reicher Liebhaber, und 1846 reiste sie mit wechselnden Begleitern durch Deutschland, bis sie, allein, in München eintraf. Bald schon prahlte sie in einem Brief:
    "Heute bin ich dabei, den Titel einer Gräfin zu erhalten. Ich besitze ein wunderschönes Haus, Pferde, Diener, kurzum, alles, womit die offizielle Mätresse des Königs von Bayern umgeben sein könnte. Ganz München liegt mir zu Füßen."

    Mätresse des Königs von Bayern

    Das war da noch Fantasterei, doch Ludwig hatte ihr schon ein wahrhaft königliches Unterhaltsgeld gewährt, und sie bekam auch ihr Palais und ihren Adelstitel. Die Münchner allerdings hassten Lola Montez mit Inbrunst, der Adel ignorierte sie und auf der Straße liefen ihr johlende Kinder nach. Plakate tauchten auf:
    "Montez, du große Hur
    Bald schlagen wird dein Uhr
    Pfui Teufel Königshaus
    Mit unserer Treu ist’s aus"
    Doch Ludwig hielt an ihr fest. Zwei Kabinette stürzten über ihren Widerstand gegen Lola Montez. Wütenden Bürgern prostete Lola mit Champagner zu. Aber als im Februar 1848 eine aufgebrachte Menge ihr Haus zu stürmen drohte, flüchtete sie aus der Stadt. Und Ludwig wagte nicht, sie zurückzuholen.

    Ludwig ließ sie fallen - und stürzte selbst

    "Die Bürgerbewegung in München hat vollkommen gesiegt. Sieht man denn nicht, dass das Volk alles erzwingen kann, wenn es will?", notierte ein Beobachter. Tatsächlich gingen die Proteste gegen Lola Montez direkt über in Forderungen nach Reformen und Bürgerrechten. Ludwig musste wieder nachgeben und dankte dann lieber ab, als mit beschnittener Macht zu regieren.
    Lola Montez richtete sich auf seine Kosten in einem Schloss am Genfer See ein. Schließlich heiratete sie einen immens reichen Engländer, und als der sie verließ, ging sie nach Amerika.
    "Seit etlichen Jahren haben wir mit jedem Ozeandampfer von ihr gehört", schrieb eine Zeitung, und Lola profitierte von ihrem Ruf. Mit ihren Tänzen und einem Theaterstück "Lola Montez in Bavaria" tourte sie durchs Land, lebte zwei Jahre lang in einer kalifornischen Goldgräberstadt, ging für eine Weile nach Australien und begann dann eine neue Karriere als Vortragsrednerin. Das alles hätte für zwei Leben gereicht, doch als Lola Montez in New York starb, war sie noch keine 40 Jahre alt.