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Vor 350 Jahren entdeckt
Giovanni Domenico Cassini und der Saturnmond Iapetus

Der Italiener Giovanni Domenico Cassini war der berühmteste Astronom seiner Zeit. Im Observatorium von Paris residierte er fast wie ein Sonnenkönig und sorgte mit zahlreichen Entdeckungen für Aufsehen. So fand er beim Ringplaneten Saturn gleich vier neue Monde, darunter den Iapetus - auf den Tag vor 350 Jahren.

Von Dirk Lorenzen |
    Ein Statue von Giovanni Domenico Cassini
    Giovanni Domenico Cassini nutzte in Paris die besten Teleskope seiner Zeit und entdeckte am 25. Oktober 1671 seinen ersten Saturnmond, den Iapetus (imago/Leemage)
    Wann immer es das Wetter zuließ, stand Giovanni Domenico Cassini in seiner Sternwarte in Bologna am Teleskop und beobachtete Sonne, Mond und Planeten. Der junge Astronom bestimmte die Rotationsdauer von Mars und Jupiter und machte mit etlichen weiteren astronomischen Arbeiten auf sich aufmerksam:
    "Seine ersten Entdeckungen veranlassten Ludwig XIV., Cassini nach Paris zu berufen und ihm die Direction der dortigen, eben neuerbauten Sternwarte zu übertragen. Gleichzeitig wurden auf Cassinis Wunsch bei Campani Fernrohre von colossaler Größe bestellt, mittels derer es ihm dank eifriger Beobachtungen gelang, vier Monde des Saturn zu entdecken."
    So schildert ein historisches Lexikon den Karrieresprung in den Dienst des "Sonnenkönigs". Giovanni Domenico Cassini nutzte in Paris die besten Teleskope jener Zeit und entdeckte am 25. Oktober 1671 seinen ersten Saturnmond, den Iapetus. Der zeigte ein sehr merkwürdiges Verhalten, wie der Astronom staunend feststellte:
    "Der Mond ist auf der Westseite des Saturn leicht zu beobachten. Aber einige Zeit später, wenn er auf der anderen Seite steht, ist keine Spur von ihm zu entdecken."

    "Wie die Meere dunkel und die Kontinente hell"

    Erst über 30 Jahre später gelang es Cassini, mit einem erheblich größeren Teleskop Iapetus bei seinem gesamten Umlauf um den Planeten im Blick zu behalten. "Das neue Instrument zeigt den Saturn-Mond endlich auch auf der Ostseite. Der Mond ist dort mehr als fünfmal schwächer als auf der westlichen Seite."
    Cassini vermutete ganz richtig, dass der Mond eine helle und eine dunkle Seite hat, erklärt Tilmann Denk vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin-Adlershof: "Der hat gesagt, das ist so wie bei uns die Meere dunkel erscheinen und die Kontinente hell, wenn man von außen drauf guckt. Das finde ich auch sehr interessant, weil ja damals niemand von außen drauf gucken konnte. Er hat aber auch gesagt, dass es nicht heißen muss, dass es auf Iapetus Kontinente und Meere gibt. Das hat er offengelassen."
    Auch Tilmann Denk hat Iapetus intensiv beobachtet, und zwar mit der NASA-Raumsonde namens "Cassini". Die machte bei einem nahen Vorbeiflug eindrucksvolle Bilder der zwei Gesichter von Iapetus. "Zum einen hat er eine helle und eine dunkle Oberfläche, und zwar wirklich global. Da ist also eine Seite komplett dunkel und die andere ist komplett hell. Und das gibt es nur bei Iapetus. Man kennt so etwas sonst nirgends im Sonnensystem."

    Fast wie ein zweiter Sonnenkönig

    Die dunkle Seite verdankt Iapetus vermutlich Staubteilchen, die sich von kleinen Trümmermonden Saturns lösen. Dieses dunkle Material sammelt sich aufgrund einer Besonderheit in der Bewegung von Iapetus nur auf dessen Vorderseite an. So ist die eine Hälfte dunkel, die andere aber noch hell. Und Iapetus hat eine weitere Eigenheit, wie die Raumsonde Cassini entdeckte.
    "Das zweite ist dann, dass er einen großen Bergrücken hat, der um den halben Mond herumführt. Dieser Bergrücken verläuft exakt am Äquator von Iapetus. Das heißt, es ist nicht nur eine geologische, sondern auch eine geographische Landmarke. Und bis heute weiß niemand so richtig, wie Iapetus zu diesem Oberflächen-Merkmal gekommen ist."
    Vom Bergrücken konnte Giovanni Domenico Cassini nichts wissen – solche Details sind mit Teleskopen von der Erde aus nicht zu sehen. Der Astronom entdeckte drei weitere Monde Saturns, zudem eine Lücke in den Ringen des Planeten. Seine Stellung wurde immer machtvoller, und er herrschte in der Sternwarte fast wie ein zweiter Sonnenkönig. Cassini war ein exzellenter Beobachter, aber von neuen Ideen nur selten begeistert. So lehnte er lange Zeit auch das moderne Weltbild mit der Sonne im Zentrum ab, beklagte später der Historiker Jean Delambre:
    "Cassini hat die französische Astronomie in ein autoritäres und rückwärts gewandtes System verwandelt. Er herrschte wie ein Tyrann, setzte den Studien an seinem Observatorium enge Grenzen und kämpfte gegen die meisten neuen Theorien."
    In einem agierte Cassini tatsächlich wie ein König: Zu seinem Nachfolger als Direktor der Pariser Sternwarte bestimmte er seinen Sohn – später waren auch noch ein Enkel und ein Urenkel auf diesem Posten. Erst die Französische Revolution setzte dem astronomischen Herrscherhaus der Cassinis ein Ende.