Archiv

Vor 50 Jahren: Der Tod von J. Robert Oppenheimer
Vater und Skeptiker der Atombombe

Julius Robert Oppenheimer gilt als einer der Väter der amerikanischen Atombombe. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg warnte er vor der verheerenden Technologie und war ähnlich skeptisch, was den Bau der Wasserstoffbombe betraf. Die Folge: Oppenheimer wurde verdächtigt, für die Sowjetunion spioniert zu haben.

Von Frank Grotelüschen |
    Der amerikanische Atomphysiker J. Robert Oppenheimer (l) mit seinem Kollegen John von Neumann (r) im Jahr 1954.
    Der amerikanische Atomphysiker J. Robert Oppenheimer (l) mit seinem Kollegen John von Neumann (r) im Jahr 1954. (picture alliance / dpa / UPI)
    "Die Physiker haben erfahren, was Sünde ist, und dieses Wissen wird sie nie mehr ganz verlassen."
    Worte, die von einem stammen, der die Sünde der Physiker mit zu verantworten hat: Robert Oppenheimer war der Leiter des Manhattan-Projekts, des US-Atombomben-Programms im Zweiten Weltkrieg. Ein Forscher, der sich eigentlich der Erkenntnissuche verschrieben hatte.
    "Es ist ein relativ ruhiger Raum, den wir als Quantentheorie oder Atomtheorie kennen. All dies war die Arbeit einer Generation, unserer Vorgänger vor mehr als zwei Jahrzehnten. Junge Leute suchen ihn auf, studieren dort und gehen weiter in andere Zimmer."
    Geboren wurde Robert Oppenheimer 1904 in New York, als Spross einer Familie mit deutsch-jüdischen Wurzeln. Zunächst studierte er in Harvard Chemie, später theoretische Physik und promovierte in Göttingen, damals das Mekka der Atomphysik. Bald etablierte sich Oppenheimer als Forscher, schuf Grundlagen für die Kernphysik. Als die USA mit der Entwicklung der Atombombe begannen, beteiligte er sich wie andere US-Physiker auch an den Arbeiten – motiviert von der Angst, Hitlerdeutschland könne die verheerende Waffe bauen.
    Erste Atombombe der Welt
    1942 übernahm Oppenheimer die wissenschaftliche Leitung des Manhattan-Projekts. Am 16. Juli 1945 hatten die Physiker ihr Ziel erreicht: Auf einem Testgelände in New Mexico zündete die erste Atombombe der Welt, Codename Trinity.
    "Dr. Oppenheimer, auf dem eine schwere Bürde lag, wurde mit jeder Sekunde angespannter. Als der Signalmann 'Jetzt' rief und dieses unbeschreibliche Licht aufblitzte, da entspannte sich Oppenheimers Miene in größter Erleichterung", sagte General Thomas Farell, einer der Augenzeugen der Explosion.
    Oppenheimer erinnerte sich 20 Jahre später so:
    "Wir wussten, die Welt würde nicht mehr dieselbe sein. Mir fiel ein Vers aus der Bhagavad Gita ein: Nun bin ich der Tod, der alles raubt, Erschütterer der Welten."
    Nach dem Krieg wurde Oppenheimer Direktor des Institute for Advanced Studies in Princeton und beriet die Regierung in Washington in Atomfragen. Dabei setzte er sich – angesichts der verheerenden Wirkung der Bombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki – für den Aufbau eines internationalen Atomwaffenkontrollprogramms ein.
    "Sie sind die Waffen der Aggression, des Überfalls und des Terrors. Sollten sie jemals wieder eingesetzt werden, könnte dies zu Tausenden oder sogar zu Zehntausenden erfolgen."
    Ähnlich skeptisch war Oppenheimer, was den Bau der Wasserstoffbombe betraf – einer noch mächtigeren Waffe als der Atombombe. Ende 1953 brachte ihn diese Haltung in Schwierigkeiten: Er geriet ins Visier von radikalen Kommunistenhassern. Der US-Politiker Joseph McCarthy wetterte.
    "Warum haben wir die Entwicklung der Wasserstoffbombe um 18 Monate verschoben, obwohl unsere Geheimdienste gemeldet hatten, dass die Russen fieberhaft an einer solchen Bombe arbeiten? Wer ist daran schuld? Waren es loyale Amerikaner oder waren es Verräter in unserer Regierung?"
    "Einer der kompliziertesten Leute"
    Oppenheimer wurde als sowjetischer Spion verdächtigt. Es folgte ein Sicherheitshearing der US-Atomenergiekommission, bei dem der Physiker regelrecht demontiert wurde, auch durch einen einstigen Weggefährten:
    "Oppenheimer ist einer der kompliziertesten Leute, die ich je kannte."
    Der Physiker Edward Teller hatte den Bau der Wasserstoffbombe vorangetrieben – und sich dabei von Oppenheimer behindert gefühlt. Tellers Aussage wog schwer:
    "In vielen Fällen habe ich Dr. Oppenheimer in einer Weise handeln sehen, die für mich außerordentlich schwer zu verstehen war. Seine Handlungen erschienen mir, offen gesagt, konfus und kompliziert. Unter diesen Umständen glaube ich, dass ich die vitalen Lebensinteressen dieses Landes lieber in Händen sehen würde, die ich besser verstehe und denen ich deshalb mehr traue."
    Andere Zeugen bezeichneten Oppenheimer zwar als loyal. Trotzdem wurde er aus allen staatlichen Gremien entlassen. Der Fall bewegte die Öffentlichkeit, Wissenschaftler protestierten. Erst zehn Jahre später, als John F. Kennedy ihn für einen angesehenen Preis vorschlug, durfte sich Oppenheimer rehabilitiert fühlen.
    Kurz vor seinem Tod am 18. Februar 1967 wurde er gefragt, was er davon halte, dass sich die US-Regierung um Abrüstungsgespräche mit den Sowjets bemühe.
    "Es kommt 20 Jahre zu spät. Man hätte es am Tag nach Trinity machen müssen."