Samstag, 27. April 2024

Archiv

Vor 625 Jahren geboren
Heinrich der Seefahrer - Initiator von Entdeckungsreisen

Henrique de Aviz, besser bekannt als "Heinrich der Seefahrer", begründete Portugals Aufstieg zur europäischen Seemacht. Er organisierte die ersten Entdeckungsfahrten entlang der afrikanischen Westküste, sorgte dafür, dass der Papst den Sklavenhandel sanktionierte und ebnete den Seeweg nach Indien.

Von Irene Meichsner | 04.03.2019
    Denkmal für "Heinrich den Seefahrer", Infante D. Henrique in Lagos in Portugal
    Denkmal für "Heinrich den Seefahrer", Infante D. Henrique in Lagos in Portugal (dpa / Arco Images)
    "Was Du tust, das tue gut!"
    So lautete das Motto von Henrique de Aviz, besser bekannt als "Heinrich der Seefahrer", dem das kleine Portugal seinen Aufstieg zur führenden europäischen Seemacht verdankte. Noch heute gilt er in seiner Heimat als Nationalheld. Isabel Cruz de Almeida, Direktorin des zu Ehren der portugiesischen Seefahrer gebauten Hieronymitenklosters in Lissabon:
    "Er war es auch, der als erster verstand, dass die Lage Portugals, so nah an dem großen Ozean, uns Portugiesen eine Mission mit auf den Weg gab: Wir sollten das Meer erkunden. Heinrich der Seefahrer gründete daraufhin seine berühmte Schule, in der er nach neuen wissenschaftlichen Methoden für eine modernere Schifffahrt forschte."
    Schiffe zu Erkundungsfahrten entsandt
    Am 4. März 1394 als vierter Sohn von König Johann I. in Porto geboren, war Heinrich im höfischen Umfeld groß geworden. Im Alter von 21 Jahren nahm er an der Eroberung der nordafrikanischen Stadt Ceuta teil. 1420 wurde er weltlicher Administrator des Ordens der portugiesischen "Christusritter", was ihm auch finanziellen Rückhalt verschaffte. Der Prinz vertiefte sich in die Werke namhafter Geografen, Kartografen, Astronomen und Kosmologen - während er gleichzeitig Höflinge zu Erkundungsfahrten entlang der afrikanischen Westküste entsandte. Nachdem zwei seiner Gefolgsleute auf Madeira gelandet waren, organisierte Heinrich die Besiedelung der damals noch unbewohnten Insel. Und er rüstete immer wieder neue Schiffe aus, die weiter nach Süden vordringen sollten, was viele Zeitgenossen anfangs noch für reine Geld- und Zeitverschwendung hielten.
    "Und je mehr sich die Sache verzögerte, desto mehr lästerten sie", schrieb der Hof-Chronist Gomes Eanes de Zurara. Doch Heinrich war ein Mann, der seine Ziele mit einer ans Obsessive grenzenden Hartnäckigkeit verfolgte. Mit der Zeit entstand in Portugal ein Zentrum nautischen Wissens, wie man es - in Theorie und Praxis - von keinem anderen Ort der Welt kannte. Zunehmend kreisten die Gedanken des Prinzen um einen möglichen Seeweg nach Indien, der ihm Zugang zu den Schätzen des Orients verschaffen würde. 1434 überwand sein Schildknappe Gil Eanes das Kap Bojador südlich der Kanarischen Inseln, das bis dahin als unpassierbar gegolten hatte. Wenig später brachten die Seefahrer ihre erste Beute heim: Gold, Pfeffer, Elfenbein, vor allem aber auch Männer, Frauen und Kinder, die als Sklaven versteigert wurden.
    Expeditionen nach Afrika zum Menschenraub
    "Notgedrungen mußten die Leute ihren Tadel nun in öffentliches Lob verkehren, und überzeugt sagten sie, daß der Infant nichts anderes sein könne, als ein zweiter Alexander."
    Heinrich hatte sich ein Fünftel aller Einkünfte aus den Entdeckungen ausbedungen. Mit seiner Erlaubnis wurde 1444 die erste, von portugiesischen Kaufleuten finanzierte Afrika-Expedition organisiert, die ausschließlich dem Menschenraub diente. Über 200 Gefangene wurden bald danach an der Algarve entladen.
    "Einige hielten die Köpfe gesenkt, die Gesichter von Tränen überströmt, ... andere warfen sich der Länge nach mitten auf den Weg ... Der Infant erschien auf einem prachtvollen Pferd; und erwies Gnaden wie ein Mann, der seinen Anteil in einen kleinen Schatz verwandeln möchte."
    Vasco da Gama erfüllte die Träume
    In mehreren, von Heinrich erwirkten päpstlichen Bullen wurden Portugal die Eigentumsrechte an allen Gebieten südlich des Kap Bojador zuerkannt. Dabei wurde auch der Sklavenhandel sanktioniert - gegen das Versprechen christlicher Mission. Nach dem Tod des Infanten 1460 fuhren die Portugiesen immer weiter nach Süden. Ulli Kulke, ein Biograf Vasco da Gamas:
    "Immer weiter, immer weiter, bis man schließlich ums Kap der Guten Hoffnung rum war. Und dann war Vasco da Gama dann derjenige, der den letzten - man kann schon fast sagen, kleinen Schritt für ihn, aber den großen Sprung für die Menschheit, also für die Seefahrer, die nach Indien wollten, getan hat."
    1499 kehrte Vasco da Gama mit einer Schiffsladung Edelsteinen und Gewürzen aus Indien zurück. Er hatte den Seeweg nach Asien gefunden und Portugal damit als eine Kolonialmacht etabliert – so wie es sich "Heinrich der Seefahrer" erträumt hatte.