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Vor 70 Jahren
Beginn der "Berliner Blockade"

Am 23. Juni 1948 eskalierte der Kalte Krieg im geteilten Berlin. Mit der Sperrung der Stromversorgung in den West-Sektoren der Stadt beginnt die Blockade. Um eine militärische Konfrontation zu vermeiden, starteten die West-Alliierten mit kreativer Nothilfe.

Von Otto Langels |
    Pilot Gail S. Halvorsen wirft 1948 auf dem Flughafen Berlin-Tempelhof amerikanische Süßigkeiten aus seinem C-54 Transportflugzeug, die von Kindern auf dem Flugfeld aufgefangen werden. Der heute 85-jährige Halvorsen war 1948 während der Berlin-Blockade in einem so genannten Rosinenbomber im Einsatz.
    Lebensmittel, Medikamente und Süßigkeiten kamen per Flieger nach Westberlin (picture alliance / dpa / edition Grüntal Verlag)
    "Die sowjetischen Behörden haben die Kraftwerke angewiesen, die Versorgung der Westsektoren mit elektrischem Strom aus der Ostzone und dem Ostsektor einzustellen." Mit diesen dürren Worten gab die ostdeutsche Nachrichtenagentur ADN in den Abendstunden des 23. Juni 1948 offiziell den Beginn der Blockade West-Berlins bekannt. Bis dahin hatten die USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion die Viersektorenstadt Berlin gemeinsam verwaltet.
    Weiter hieß es in der Meldung: O-Ton "Die Transportabteilung der Sowjetischen Militäradministration sieht sich gezwungen, auf Grund technischer Schwierigkeiten den Verkehr aller Güter- und Personenzüge von und nach Berlin ab morgen früh 6 Uhr einzustellen. Es ist im Interesse der Eisenbahn unmöglich, den Verkehr umzulegen, da eine solche Maßnahme den gesamten Eisenbahnverkehr in der Sowjetischen Besatzungszone hindern würde. Der Verkehr auf den Wasserstraßen wird unterbrochen."
    Erster Höhepunkt des Kalten Krieges
    Die Berlin-Blockade war der erste Höhepunkt des Kalten Krieges. Die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs hatten sich nach 1945 auf keine gemeinsame Zukunft Deutschlands und Berlins einigen können. Stattdessen wuchsen die ideologischen und politischen Gegensätze. Die USA, Großbritannien und Frankreich strebten daraufhin in ihren drei Zonen die Bildung eines demokratischen Staates an; ein Prozess, der zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland führte. Als sie dazu im Juni 1948 eine neue Währung einführten und diese auch auf die drei Westsektoren Berlins ausdehnen wollten, reagierte die Sowjetunion mit der Blockade der Zufahrts- und Versorgungswege von und nach West-Berlin: eine Antwort Moskaus nicht nur auf das Vorgehen der Westmächte, sondern zugleich ein Erpressungsversuch, den Westteil der Stadt in die eigene Machtsphäre einzugliedern.
    Am Nachmittag des 24. Juni 1948 kamen auf dem Hertha-Sportplatz im Bezirk Wedding 80.000 West-Berliner zu einer Protestkundgebung zusammen. Der Oberbürgermeister der Stadt, der Sozialdemokrat Ernst Reuter, appellierte an den Durchhaltewillen der Bevölkerung: "Wir unterschätzen unseren Gegner nicht, wir wissen, dass eine grausame, brutale, rücksichtslose aggressive imperialistische Macht den Willen hat, uns in die Knie zu zwingen. Wir werden Nein sagen, solange ein Atemzug in uns lebendig ist."
    Nirgendwo sonst standen sich im Sommer 1948 die politischen Gegner so bedrohlich gegenüber wie in Berlin. Die Stadt war zum Schauplatz des Kalten Krieges geworden. O-Ton "This is New York, a special bulletin, Berlin has been cut off from the free world." - "This is London calling, Berlin the former German capital, is cut off from all communications." Um eine militärische Konfrontation zu vermeiden, organisierten die West-Alliierten eine Luftbrücke.
    Bereits wenige Tage nach Beginn der Blockade landeten die ersten Flugzeuge, aus Westdeutschland kommend, mit Lebensmitteln, Medikamenten und Kohle an Bord auf dem Flughafen Tempelhof. Zudem reagierten die Westmächte mit einem Verbot, bestimmte Güter in die Sowjetische Besatzungszone zu liefern.
    "Ihr Völker der Welt, …schaut auf diese Stadt"
    Am 9. September kamen vor der Ruine des Reichstags über 300.000 Berliner zusammen, um die später legendär gewordene Rede Ernst Reuters zu hören. Ernst Reuter: "Ihr Völker der Welt, ihr Völker in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien, schaut auf diese Stadt und erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft." Die Sowjetunion musste zur Kenntnis nehmen, dass die Entschlossenheit der drei Westmächte und der West-Berliner Bevölkerung mit einer Blockade nicht zu brechen war. Die vier Siegermächte führten daher seit Anfang 1949 Verhandlungen über ein Ende der Blockade. Das Ergebnis verkündete ein Rundfunk-Lautsprecherwagen am 4. Mai 1949 auf West-Berlins Straßen: "Achtung, Achtung, hier ist RIAS Berlin, in den Hauptstädten der vier Großmächte wurde um 14 Uhr offiziell bekannt gegeben, dass die Blockade Berlins und die Gegenblockade am 12. Mai aufgehoben werden."