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Vor 70 Jahren in der DDR
Als die "Stasi" gegründet wurde

Am 8. Februar 1950 wurde das Ministerium für Staatssicherheit – kurz MfS - von der Provisorischen Volkskammer in Ost-Berlin per Gesetz gegründet. Von der "Stasi", so die landläufige Bezeichnung, ging Angst und Schrecken aus. Das MfS unterstand eindeutig den Weisungen der Partei, der SED.

Von Doris Liebermann | 08.02.2020
    Zu sehen ist das Haus 1 des Stasi-Museums in der Normannenstrasse in Berlin-Lichtenberg
    Haus 1 des Stasi-Museums in der Normannenstrasse in Berlin-Lichtenberg (imago images / Schöning)
    Eine Pressekampagne gegen vermeintliche Spione, Agenten und Saboteure ging der Gründung des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit voraus. Es sollte alle Feinde bekämpfen, denen die Schwierigkeiten der DDR-Volkswirtschaft angelastet wurden. Doch bereits 1948 hatte Moskau den Aufbau eines Geheimdienstes in der Sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR, verfügt: eine politische Polizei innerhalb der Volkspolizei, auf die sich das am 8. Februar 1950 gegründete MfS stützte. Der DDR-Geheimdienst entstand nach stalinistischem Vorbild unter Anleitung sowjetischer Instrukteure: als bewaffnetes, streng militärisch aufgebautes Organ, das innenpolitische Geheimpolizei, Ermittlungsbehörde und Auslandsnachrichtendienst in einem war.
    Zu den Männern der ersten Stunde wie Wilhelm Zaisser, Erich Wollweber, Markus Wolf gehörte auch der gefürchtete Erich Mielke, der 32 Jahre lang – von 1957 bis 1989 - Minister für Staatssicherheit war. "Die zielklare Führung durch die Partei der Arbeiterklasse war und bleibt für uns Tschekisten das entscheidende Unterpfand für die Erfüllung unseres Klassenauftrages."
    Über 90.000 Hauptamtliche
    "Tschekisten" nannten sich die "Stasi"-Leute gerne selbst, abgeleitet von "Tscheka", der ersten sowjetrussischen Geheimpolizei. In seinem Selbstverständnis sah sich das MfS als "Schild und Schwert der Partei". Aus dieser Perspektive galten Menschen, die von der SED-Linie abwichen, schnell als "feindlich-negative Personen", die es gnadenlos zu bekämpfen galt: durch Verhaftungen, Verfolgung, Überwachung, Verrat. Das MfS unterstand dabei der Kontrolle der SED, die ohne den Geheimdienst ihre Macht nicht hätte etablieren können.
    "Das Wichtigste für unseren Kampf ist die führende Rolle, ist die Einheit und Geschlossenheit unserer Partei." Der Kaderstab des DDR-Geheimdienstes wuchs schnell an, in den 1980er-Jahren auf 91.000 hauptamtliche Mitarbeiter. Er verfügte über 17 Untersuchungsgefängnisse, besaß ein eigenes Wachregiment und eine Juristische Hochschule.
    Abtrünnige in den eigenen Reihen wurden schwer bestraft. Mindestens zehn ehemalige Mitarbeiter wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet. In einer internen Sitzung verkündete Erich Mielke 1982 unmissverständlich: "Wir sind nicht gefeit, dass mal ein Schuft unter uns sein kann, leider. Wenn ich das schon jetzt wüsste, der würde ab morgen nicht mehr leben, ganz kurzen Prozess. ... Das Geschwafel von wegen usw., nicht hinrichten und nicht Todesurteil, alles Käse, Genossen."
    Entführungen aus dem Westen, Schauprozesse, Mordanschläge auf Oppositionelle, das Ausspionieren von Willy Brandt durch den DDR-Agenten Guillaume, was zum Rücktritt Brandts als Bundeskanzler führte, oder die geheime Unterbringung von RAF-Terroristen in der DDR gingen unter anderem auf das Konto des MfS, vor allem aber die Einschüchterung, Überwachung und Unterdrückung der eigenen Bevölkerung.
    "Landschaften der Lüge"
    Erich Mielke: "Wir müssen alles erfahren, es darf an uns nichts vorbeigehen. ..." Mehr als 100 Kilometer Akten über missliebige Personen wurden angelegt und ein engmaschiges Spitzel-Netz aus 180 000 inoffiziellen Mitarbeitern - abgekürzt: IM - aufgebaut.
    Jürgen Fuchs: "Psychischer und auch verdeckt physischer Druck wurde angewendet, oft wurden die IMs angehalten, die Dreckarbeit zu machen im Alltag: das schäbige Aushorchen, das Irritieren und Entmutigen, dass Irreführen und Stören der menschlichen Beziehungen, der beruflichen und politischen Zusammenhänge."
    Der Schriftsteller und Psychologe Jürgen Fuchs hat die zerstörerischen Methoden des MfS mehrfach analysiert: "Landschaften der Lüge, der Abhängigkeit und der Gewalt entstehen, vor allem in den menschlichen Beziehungen." Der Niedergang der SED und der Fall der Mauer 1989 zogen auch das Ende des Ministeriums für Staatssicherheit nach sich.
    Mielke wurde 1993 vom Landgericht Berlin wegen eines bereits 1931 verübten Mordes an zwei Polizisten zu sechs Jahren Haft verurteilt. Das MfS, nach dem Mauerfall in "Amt für Nationale Sicherheit" umbenannt, wurde de facto zum 30. Juni 1990 aufgelöst.